Kapitel 30

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„Der Bibliothekar ist eingespeist." sagte Nael.

„Gut, dass wir das Schiff noch nicht vernichtet haben, wie es eigentlich der Plan war. Wir könnten uns auch seine Zelle nochmal ansehen. Der Bibliothekar wird sich melden, wenn er etwas gefunden hat." bemerkte Halo.

Halo und Nael marschierten zur Zelle, in der einst der Gefangene Raiden saß, und benutzen verschiedenes technisches Gerät um die Zelle zu analysieren.

„Interessant. Adamantium, Obsidian und reflektierende lila Kristalle, die ich noch nie gesehen habe. Ganz ehrlich ich glaube, die haben hier mehr als einen Draconian gefangen gehalten."

„Ganz Recht, Nael." antwortete der Bibliothekar und erschien in der Zelle. „Ich habe da etwas in den Datenbanken gefunden. Viele Dateien mit ähnlichem Inhalt wurden vor kurzem gelöscht und sind für mich nicht mehr zugänglich. Aber diese hat derjenige übersehen. Aus ihr geht hervor, dass die Tir'ach bei einer ihrer Reisen auf der Jagd nach den Draconian ein Wesen aufgegabelt haben, das sich Black Knight nennt. Ein sehr düsteres Wesen. Ein sehr einsames Wesen. Irgendwie scheint etwas von der Energie oder DNA auf den Draconian übergegangen und mit ihm verschmolzen zu sein. Vielleicht haben sie auch mit den beiden Wesen experimentiert. Das, was heraus kam, hat den Tir'ach sehr große Angst gemacht und so sperrten sie den Draconian in diese besondere Zelle. Ich frage mich nur, wie sie ihn dort hineinbekommen haben... Aber egal, sie ließen ihn nicht wieder hinaus. Das scheint erst vor ein paar Wochen gewesen zu sein. Es ist also eigentlich nicht seine Zelle. Es gibt da noch eine ähnliche, dort wird wohl der Draconian unterbracht gewesen sein."

Nael und Halo fielen beinahe die Kinnladen herunter. Sie kämpften gar nicht gegen einen Draconian, sondern gegen einen Hybriden. Einer Art, die sie nicht kannten.

Der Bibliothekar bat darum wieder in seine Bibliothek zu dürfen, um nach Informationen über Black Knight zu forschen. Sämtliches Datenmaterial hatte er sich einverleibt. So geschah es.

Raiden hatte mich mit zu Sky und Regina genommen um ihnen genau seine Wünsche für die Hochzeit zu diktieren. Genauer gesagt, ließ er mich nicht von der Hand. Die große Halle, in der Naels und meine Trauung hätte vollendet werden können, wurde jetzt zum Schauplatz der Hochzeit von Raiden und mir. Er gab Anweisungen schwarze und rote Rosen sowie goldene Lüster mit schwarzen Kerzen als Dekoration zu verwenden. Transparente Stoffbahnen und schwarzer Samt wurden auch für die Dekoration benötigt.

Den Replikator für Klamotten fütterte er mit den Daten der Beschaffenheit von lebendigem Leder um sich daraus einen Hochzeitsanzug zu schaffen und mir mein Brautkleid. Beides schwarz mit sehr dezenten goldenen Intarsien. Sein Hochzeitsanzug bestand aus einer hautengen Hose und einem an der Brust offenen aber auch hautengen Hemd. Ein goldenes Medaillon baumelte an einem langen Band auf seiner Brust. Mir verordnete er einen bodenlangen schwarzen Mantel. Bis zur Taille sehr eng, tiefer gerader Ausschnitt, Stehkragen im Nackenbereich, ab der Taille weitschwingend, ein Schlitz vorne bis knapp über Kniehöhe, hinten geschnürt. Er entdeckte im Replikator halterlose Strümpfe und Lack-High-Heels, die ihm sehr zusagten. Dann ließ er mich in den Replikator steigen und gab meinem Haar mehr Feuer. Auch das konnte ein Replikator offensichtlich.

(Raiden) Ich hatte Freude daran sie so auszustatten. Ein neues Gefühl für mich. Ebenso interessant fand ich diese ganze Hochzeitssache. Dieses Spiel gefiel mir! Die Macht gefiel mir. Ich würde das noch eine Weile auskosten, bevor ich schon bald meine Nachkommen in den Händen halten würde. Oder vielleicht auch nicht.

„So meine Königin. Zeit für das Bett. Du musst an unserem großen Tag ausgeruht sein. Geh in dein Zimmer. Verschließ die Tür von innen und erwache morgen rechtzeitig zum Ankleiden. Sprich mit niemandem außer mit mir. Versprichst du mir das?" flötete er und nahm dabei meine Hände in seine.

„Ja, ich verspreche es." Und genau so tat ich es.

„Dann ist ja alles gut." Wiederum küsste er mich innig und ich versank stärker als je zuvor im Nebel.

Raiden beanspruchte nichts anderes als das Schlafzimmer des Königs für sich und bettete sich ebenfalls zur Ruhe. Sky und Regina delegierten die Dekoration und anderen Aufgaben für die Hochzeit an andere Mooner und begaben sich wieder in die Bibliothek, wo schon der König, Halo und Nael auf sie warteten.

„Und? Was gibt es neues?" fragte Sky.

„Am besten lassen wir unseren Bibliothekar berichten." gab der König zur Antwort.

Der Bibliothekar räusperte sich und schob seine Brille zurecht.

„Also. Draconians sind von Natur aus gute Lebewesen. Bei diesem Raiden haben wir es jedoch nicht mit einem Draconian im ursprünglichen Sinne zu tun. Wir haben herausgefunden, dass es im Raumschiff der Tir'ach noch eine andere Lebensform gab. Einen Black Knight. Dieser hat sich mit dem Draconian verbunden und somit entstand ein Hybrid. Über Black Knights ist nicht sehr viel bekannt. Sie sind hauptsächlich männlich, düstere Kreaturen, die sich mit anderen Lebensformen verbinden um männliche Nachkommen zu erschaffen, die dann auch zu Black Knights werden. Dabei werden wohl in den Erbinformationen alle Fähigkeiten und Talente übertragen und zwar aller vorangegangenen beteiligten und assimilierten Rassen. Sie sind also einem ständigen Optimierungsprozess unterworfen und gewinnen an Fähigkeiten und Macht. Allerdings scheint die Ausprägung der in den Erbinformationen vorhandenen Fähigkeiten bei der Brut unterschiedlich zu sein. Deswegen ist dieses Wesen wohl auch so interessiert an Ribanna. Es will die Draconian-Fähigkeiten für die Nachkommen verstärken. Die Tir'ach hatten also ein solches Wesen an Bord, dass sie den Aufzeichnungen nach auch gefoltert und getötet haben. Raiden hat, während seiner Folterung irgendetwas von dem Black Knight abbekommen, das sich in ihm eingenistet hat um so zu überleben. Wahrscheinlich nährt es sich von ihm und es wird bald nicht mehr viel von dem Charakter des Draconian übrig bleiben. Wohl aber von seinem Körper und seinen Fähigkeiten. Er ist eine tickende Zeitbombe."

„Wie werden wir es los? Wenn die Tir'ach es konnten, können wir es bestimmt auch." fragte Nael ungeduldig.

„Ich habe darüber bislang keine Informationen gefunden. Viele Aufzeichnungen sind unwiederbringlich zerstört." Der Bibliothekar senkte den Kopf.

„Ich muss mit Raiden reden. Ich werde ihn beknien sie frei zu geben." platzte Nael heraus.

„Nichts wirst du. Ich werde versuchen heute Nacht in seine Träume zu gehen. Vielleicht ist noch etwas vom Draconian übrig. Gebt mir die Kräuter." Sky machte sich am späten Abend bereit und bezog Stellung vor dem Schlafzimmer Raidens. Dort war schon Ruhe eingekehrt. Jede Lebensform musste regenerieren. Sky zündete die Kräuter an und begab sich in den Schlaf.

Raiden zuckte zusammen, als er in seinem Traum von Sky angesprochen wurde.

„Raiden? Spreche ich gerade mit dem Draconian oder dem Black Knight?" erkundigte Sky sich.

„Du sprichst mit dem Rest vom Draconian, der noch übrig ist. Ich habe herausgefunden, dass Black Knights nicht träumen können. Sky, er frisst mich auf. Ich meine, meine Persönlichkeit. Sein einziger Gedanke ist Black-Night-Nachwuchs, mehr Fähigkeiten von anderen Rassen zu assimilieren und Macht. Und er ist besessen von ihr, von Ribanna. Ich versuche ihn zu bremsen. Die Idee von der Hochzeit hat ihm gefallen. Er scheint ein wenig romantisch veranlagt zu sein. Es hat uns und ihr Zeit verschafft, bevor sie zu seiner Gebärmaschine wird." schluchzte Raiden.

„Wie können wir helfen?" Väterlich blickte Sky Raiden an.

„Ich werde helfen. Ich werde mich opfern. Doch dafür brauche ich deinen Sohn."

Nael legte sich ebenfalls mit einem vor sich hin kokelnden Kräutertopf vor meine verschlossene Schlafzimmertür. Er bemühte sich redlich in meine Träume zu gelangen. Das einzige, was er sah, war ein Gefängnis aus Glas, in dem ich gefangen war und durch das nichts hindurch dringen konnte. Ich konnte ihn sehen, aber mehr auch nicht.

Nael schied aus meinem Traum, er hatte bemerkt, dass es keinen Sinn machte. Vielleicht fand er einen anderen Weg. Die Nacht war noch nicht zu Ende.

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