Kapitel 9: Endorphinfabrik

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Die Zeit bleibt stehen, alles um uns herum verschwindet, als er mich küsst. Es fühlt sich unglaublicher an als in meinen wildesten Träumen. Ich schließe die Augen und gebe mich ihm hin, fühle seine Hand an meiner Hüfte. Fühle, wie er mich enger zu sich zieht. Es gibt nicht einen Millimeter Luft zwischen uns und unser Kuss wird inniger. Wir hören auf, als es am schönsten ist und schauen uns gegenseitig in die Augen. Er lächelt verlegen und küsst mich wieder, dieses Mal jedoch spüre ich, wie er noch einen Schritt weiter geht. Er leckt über meine Lippen und schiebt seine Zunge zwischen meinen Zähnen hindurch. Langsam wandert er mit seinen Händen zu meinem Po und ich lasse es zu. Dieser Moment, der mich auf den Wolken schweben lässt, wird jäh unterbrochen, als es an der Türe klopft. Innerhalb einer Sekunde lassen wir uns los und stehen nebeneinander, als wäre nie etwas passiert. "Herein!"

Mr. Verlierer-Arschloch tritt ein und schaut uns fassungslos an. "Hatte ich etwa recht? Oder bist du zu blöd um dich alleine umzuziehen?"

"Was willst du hier?" Seine Wangen sind sehr rot und er verschränkt seine Arme vor der Brust.

"Ach gar nichts. Ich werde mir den Titel zurückholen, verlass dich drauf. Du bist so ein -" Ich kann diese elende Stimme nicht weiter hören und mische mich ein. So viel Mut hatte ich mir nicht zugetraut! "Kannst du nicht einfach verschwinden?" Richtig genervt klinge ich. Super! Der Verlierer wird sauer und kommt mit schweren Schritten auf mich zu, im letzten Moment hält er an. Angst steigt in mir auf, doch ich weiche nicht mehr zurück. Solange mein Mr.Tennisstar bei mir ist, fühle ich mich stark. Doch unerwartet macht der Arsch einen großen Schritt auf mich zu und schlägt mir ins Gesicht. Ehe ich mich versehe, schlägt mein Freund ihm in die Magengrube, dann mit dem Knie ins Gesicht. Er geht zu Boden, doch mehrere harte Tritte muss er noch einstecken können. "Wie kannst du es wagen, mein Mädchen zu schlagen?!" Wieder tritt er zu, mitten in sein hässliches Gesicht. Auch wenn es ihm recht geschieht, bin ich doch schockiert, wozu mein eigentlich friedlicher Freund fähig ist. Erst als sich eine kleine Blutlache auf dem weißen Boden bildet, weicht er zurück. Er zittert vor Wut und hat seine Hände zu Fäusten geballt. Ich komme von hinten auf ihn zu und streiche über seinen Rücken, um ihn zu beruhigen. Er atmet schwer, doch er scheint langsam wieder zu sich zu kommen. Besorgt dreht er sich zu mir, streichelt meine Wange. "Gehts? Tut es sehr weh? Brauchst du einen Arzt?" Seine Stimme ist irgendwie höher als sonst, es ist süß, wie er sich Sorgen um mich macht. "Geht schon. Ich glaube, wir sollten lieber einen Arzt für das da holen." Bei diesen Worten zeige ich auf den am Boden zusammengekauerten Mann. "Nein, der kann im Dreck verrecken, ist mir egal." Damit ist die Sache für ihn erledigt und er geht zu seiner Tasche, um etwas zu trinken. "Wir sehen uns dann, okay? Ich geh jetzt." Flüsternd erreichen ihn die Worte und er nickt mir mit einem hauchzarten Lächeln auf den Lippen zu. Ich ziehe eine Kussschnute und verlasse den Raum. Draußen suche ich einen Sanitäter, von denen es nicht sehr viele hier gibt, und schicke ihn zu dem Verlierer. Der Sanitäter aber sorgt sich mehr um mich. "Was ist ihnen passiert? Ihr Gesicht ..." Sollte ich es ihm sagen?

"Jaah, also ... er hat mich geschlagen, aber es geht schon. Kümmern sie sich lieber um ihn. Glauben Sie mir, der braucht die Hilfe dringender." Damit wende ich mich ab und verlasse den Platz. Weil ich mich so munter und fröhlich, so lebendig fühle, laufe ich den Weg zum Heim. Es dauert fast zwei Stunden bis ich dort ankomme, doch die Zeit vergeht wie im Flug. Es kommt mir so vor, als bestände ich aus Glücksgefühlen, als sei ich eine Endorphinfabrik! Das soll niemals aufhören. Nie! Ich will, dass er für immer bei mir bleibt. Immerhin habe ich ihm meinen ersten Kuss geschenkt, das ist etwas besonderes. Zugegeben, die meisten Leute, die ich kenne, hatten schon lange ihren ersten Kuss. Aber egal, ich habe auf meinen Prinzen gewartet und ihn endlich gefunden. Er ist mein Romeo und ich seine Juliet. Nichts und niemand kann mich jetzt noch unglücklich machen. Meine Fresse, wieso bin ich denn so aufgeregt?! Vor mich hin summend laufe ich zu meinem Zimmer, doch es steht jemand davor, auf den ich gewartet habe. Mein Tag kann nicht mehr besser werden!

"Dad!" Ich renne auf ihn zu und wir drücken uns, weil wir es schon ewig nicht mehr gemacht haben. Als ich aber in sein Gesicht, seine Augen blicke, sehe ich nichts weiter als Traurigkeit, mag sein Lächeln noch so breit sein. "Dad? Was ist denn los?"

"Madeline, ich hätte es dir schon viel früher sagen sollen..."

Mr. TennisstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt