Kapitel 10: California

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"Was meinst du?" Wir stehen noch vor meinem Zimmer, mein Dad will die Sache wohl nicht im Flur besprechen, darum schließe ich meine Tür auf und wir treten ein.

"Also, Maddie. Es ist so, dass ich umziehen werde."

"Na und? Ist doch schön für dich! Dann können wir uns zusammen ein neues Haus oder eine Wohnung suchen und ich kann bestimmt bald zu dir ziehen! Das ist großartig, Dad." Freudig klatsche ich in meine Hände und sehe uns schon vor mir. Ein neues Haus! Was für eine Überraschung, dann kann ich endlich hier weg.

"Du verstehst nicht ganz. Ich ziehe weit weg, nach Kalifornien. Du kannst natürlich gerne mitkommen -"

"Kalifornien?!" Meine Träume zerplatzen augenblicklich und ich finde mich in der harten Realität wieder. "Was willst du denn da?"

"Ich wollte schon immer mal dort leben, das weißt du doch! Und außerdem kannst du mitkommen, das ist kein Problem. Wir suchen dir eine neue Schule und bauen uns ein neues Leben auf. Alles wird wieder gut." Langsam kommt er zu mir und drückt meinen Kopf an seine Brust, sein Herz schlägt aufgeregt, jedoch nicht so schnell wie meines. Ich stoße ihn weg von mir. Das will ich doch gar nicht! "Dad, ich will nicht nach Kalifornien ziehen. Mir gefällt es hier und hier sind meine Freunde. Bleib doch hier!"

"Nein Maddie, nein. Jetzt denk nochmal über alles nach, es wird uns nicht schlecht gehen."

"Hau ab!" Sauer wie ich bin, halte ich ihm die Türe auf und warte ungeduldig, bis er verschwunden ist. Er versucht noch etwas zu sagen, doch lässt es sein. Mein eigener Vater wird mich verlassen. Ganz sicher werde ich nicht umziehen nach Amerika. Wie kommt er nur auf solch einen Schwachsinn? Als ob ich mich über dieses Angebot freuen könnte. Verwirrt werfe ich mich in mein Bett, doch bleibe nicht lange dort. Ich gehe, noch immer wütend, in die Lobby hinunter und kaufe mir einen Schokoriegel aus dem Automaten, der in der hintersten Ecke steht. Ein Mädchen, etwas älter als ich selbst, kommt in den Raum. Sie ist schwanger. Und noch so jung! Kurz überlege ich, was ich wohl an ihrer Stelle tun würde. Wenn ich schwanger werden würde ... nein, nein, nein. So weit bin ich noch lange nicht! Andererseits ist mein Freund ja auch viel älter als ich und wie man doch immer sagt, haben die nur eines im Kopf. Um diese Gedanken los zu bekommen, stecke ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und schalte die Musik auf volle Lautstärke. Jene gefühlvolle Stimme rauscht durch meinen Kopf und bringt mich wieder zur Vernunft. Doch nach wenigen Liedern macht mein MP3-Player schlapp. Klar doch, der Akku geht immer im falschen Moment leer. Also stehe ich auf, kaufe mir noch eine Tafel Schokolade und schlendere zurück in mein Zimmer. Noch in der selben Sekunde, in der ich die Türe hinter mir schließe, klingelt mein Handy. Es ist mein Retter! Ich gehe ran.

"Hallo?"

"Madeline, was machst du gerade? Kann ich zu dir kommen?"

Ich bejahe und wir legen auf. Nach etwa einer halben Stunde klopft es und er ist da. Zur Begrüßung gibt er mir einen leidenschaftlichen Kuss und meine Sorgen verblassen nun endgültig. "Wie geht es meiner süßen Madeline denn heute?" Ich erzähle ihm von der Sache mit Kalifornien und er hört mir angespannt zu. "Du wist mich doch nicht verlassen, oder?" Ich schüttle den Kopf und kuschle mich fester an ihn. Wir sitzen in meinem Bett, die Beine weit vorgestreckt, unsere Hände ineinander verhakt. Seine Schulter an meinem Kopf fühlt sich tatsächlich wie eine Stütze an. "Das hört sich echt beschissen an. Aber vielleicht braucht dein Vater das jetzt einfach? Ihm ging es ja auch nicht so besonders gut mit deiner Mutter, oder? Lass ihn wieder leben. Du wirst ihn wiedersehen, glaub mir."

"Aber es wird nicht mehr sein wie vorher!" Seine Worte verletzten mich irgendwie. Dass er meinem Vater zustimmt. Dann hätte ich keine Familie mehr hier.

"Willst du denn, dass es wird wie früher? Geschlagen zu werden war doch nicht sehr berauschend, oder?" Ich schaue ihm in die Augen. Er hat ja schon Recht. Aber es tut weh, so verdammt weh in meinem Herzen! Er bemerkt, wie schlecht ich mich fühle und legt seine Arme um mich, doch dabei falle ich nach hinten. er gleich mit dazu. Also liegen wir in meinem Bett, er beginnt mich zu küssen. Es lässt mich für diesen Moment meine Sorgen vergessen und ich gebe mich ihm hin. Zart streichelt er mich an meinem Hals, meinen Armen. Er zieht mich näher zu sich und legt seine Hand auf mein Bein, welches ich um seines geschlungen habe. Mittlerweile liegt er fast auf mir drauf und seine Küsse werden wilder, leidenschaftlicher. Mir ist heiß und ich will mehr. Ich will, dass er niemehr aufhört, mich zu küssen. Ich will, dass er bei mir bleibt für immer. Die Sonne geht schon unter und wir liegen noch immer da, knutschend, in der Stille. "Kannst du nicht hier bleiben?" Flüstere ich durch die aufgekommene Dunkelheit.

"Ich darf nicht." Er beginnt, meinen Hals zu küssen und ich kann mir ein leises Stöhnen nicht unterdrücken. "Ach komm schon!" Er legt seinen Finger auf meine Lippen, schaut provozierend von oben auf mich herab. "Nö." Er setzt sich auf und ich lege meinen Kopf nun in seinen Schoß, so dass er mein Haar streicheln kann. "Was hälts du davon, wenn wir zusammenziehen würden? Immerhin bist du schon 16. Mit irgendeiner Erlaubnis oder so könnten wir das bestimmt regeln."

"Meinst du das ernst? Soll ich etwa zu dir ziehen?" Hoffnung auf eine schönere Zukunft steigen in mir auf. "Ähm, nein, nicht direkt zu mir. Ich wohne noch bei meinen Eltern."

"Was?" Was?! Er wohnt noch bei seinen Eltern!

Mr. TennisstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt