Wisst ihr, wie man als kleines Kind noch an Märchen geglaubt hat? An eine ganz bestimmte Vorstellung davon, wie das eigene Leben aussehen wird? Ein weißes Kleid, der Märchenprinz, der einen in sein Schloss auf dem Berg entführt? Man hat nachts im Bett gelegen, die Augen geschlossen und glaubte ohne jeden Zweifel, dass es so werden würde. Der Weihnachtsmann, die Zahnfee, der Märchenprinz, sie alle waren einem so vertraut, dass man sie fast anfassen konnte. Doch irgendwann wird man erwachsen. Eines Tages macht man die Augen auf und das Märchen ist verschwunden. Und dann halten sich die meisten an die Dinge und Menschen, denen sie vertrauen können. Aber die Sache ist die: Es ist schwer, dieses Märchen ganz aufzugeben, denn fast jeder hat noch diese winzige Hoffnung, einen letzten Rest Vertrauen, dass man eines Tages die Augen aufmacht und es ist alles wahr geworden.
Riku legte auf und sah mich lächelnd an. Wir waren grade wieder in Helsinki angekommen. „Der Prozess ist beendet. Die kommen ihr Lebtag nicht mehr aus dem Gefängnis frei.", auch ich musste Lächeln. „Das sind wirklich gute Nachrichten", sagte ich und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Es war ein wirklich heißer Tag.
Das Taxi hielt vor uns und Riku half mir meine Koffer rein zu hiefen. „Wir sehen uns die Tage im Studio kleines.", sagte er und gab mir zum Abschied einen Kuss auf die Stirn. „Ja mach's gut Riku", ich freute mich wie wahnsinnig auf zuhause. Ich sprang ins Taxi und dieses fuhr los. Ich kurbelte die Scheibe runter und der Fahrtwind wirbelte meine Haare durcheinander. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen, ich war grade einfach nur glücklich wieder zu Hause zu sein. Zurück in meinem Finnland.
Es dauerte gut eine Stunde bis das Taxi vor unserem Haus hielt. Ich bezahlte den Fahrer und zog meine Koffer aus dem Kofferraum. Das Taxi fuhr davon und ich stand wie bestellt und nicht abgeholt am Straßenrand. Ich hatte damit gerechnet, das meine Mutter aus dem Haus gestürmt kam um mich zu begrüßen, mein Bruder hinter ihr um mir wenigstens einen Koffer abzunehmen. Er war extra aus dem Einsatz nach Hause gekommen. Aber die Haustür blieb zu und niemand kam um mich zu begrüßen.
Also schnappte ich mir meine Koffer und zog sie den gepflasterten Weg bis zu Veranda hinauf. Ich wühlte in der Handtasche nach dem Haustürschlüssel. Schloß auf und wuchtete einen Koffer nach dem anderen in den Flur. Der Schweiß stand mir auf der Stirn.
Vorsichtig linste ich an der Treppe vorbei ins Wohnzimmer. Eljas lehnte an der Wand und sah wütend und stur in eine Richtung und Mum saß auf der Couch total versteinert und am weinen. „Mum? Eljas? Alles ok bei euch?", vorsichtig machte ich einige Schritte Richtung Wohnzimmer. Ich versuchte zu sehen auf was, sie beide so gebannt starrten.
Ich stand nun fast im Türrahmen und dann entdecke ich eine Person die auch schweigend an Wand gegenüber stand. Als sie mich entdeckte funkelten mich die blauen Augen an und ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
Glaube ist, wenn man es so betrachtet, schon eine komische Geschichte. Er begegnet einem manchmal, wenn man ihn gar nicht erwartet. Es ist so: Eines Tages wird einem klar, dass das Märchen vielleicht ein bisschen anders ist, als man es sich erträumt hat. Und das Märchenschloss, tja, das ist vielleicht gar kein Schloss. Und das "Glücklich bis an ihr Lebensende" ist nicht so wichtig, solange man in diesem Augenblick glücklich ist. Es kommt durchaus vor, ganz ganz selten, dass Menschen einen überraschen.
„Hallo meine Tochter", diese Worte klangen nur wie Watte zu mir durch, den in eben diesem Moment hatte auch ich verstanden wer hier vor mir stand und allen die Sprache verschlug. Mein Hirn arbeitete und dann wurde es zu viel und alles um mich würde schwarz.
Und ab und zu gibt es dann Menschen, die hauen einen einfach um.
DU LIEST GERADE
There's no Fairytale anymore
FanfictionEs ist jetzt bereits 17 Jahre her das Samu auf tragische Weise ums Leben kam. Das Leben ging für Melanie nach der Gerichtsverhandlung mit 2 Kindern weiter. Soweit es ging hat sie immer versucht die beiden von ihrem Vater fern zu halten. Doch grade L...