"Haz!"
Kichernd hüpfte der Wuschelkopf auf und ab, versuchte den Grösseren zu wecken. Er war sehr früh wach, denn er ging auch sehr bald ins Bett.
Deswegen war es auch kein Wunder, dass Louis bereits um halb acht putzmunter ist.
Grummelnd drehte sich der Ältere um, versuchte seinen Schlaf fortzusetzen zu können. Kurz öffnete er seine Augen, erschrak fast, als er die Uhrzeit auf dem Wecker lesen konnte. Es war Wochenende und er durfte nicht ausschlafen?
"Lass' mich noch ein wenig schlafen", murmelte er in das Kissen und zog die Decke höher.
Louis schien das überhaupt nicht zu gefallen, er zog die Decke weg und motzte vor sich hin.
"Nein!", protestierte er. "Aufstehen! Haz aufstehen! Spielen!"
Sein Jammern klang schon fast verzweifelt, als er auf den Lockenkopf kletterte und mit seinen kleinen Händen in sein Gesicht grapschte.
"Lou", brummte Harry mit seiner tiefen Morgenstimme, wobei der Kleinere von einer Gänsehaut überzogen wurde.
"Geh' von mir runter."
Schmollend rollte er sich von seiner Brust, schnappte sich Benno und setzte sich in eine Ecke des Zimmers um zu spielen. Ohne Harry. Denn er wollte jetzt nicht mit Harry spielen, er hatte ihn abgewiesen.
Er brabbelte vor sich hin, erzählte Benno und der Giraffi süsse Geschichten.
Harry hatte sich zu ihm gedreht, beobachtete ihn still und lächelte dabei wie ein Irrer. Es war komisch, doch er fühlte sich wohl und geborgen, wenn er in Louis' Nähe war.
Er konnte sich um jemanden sorgen, sich kümmern. Ihm gefiel das Gefühl, dass ihn jemand brauchte.
"Und dann hat der kleine Hase zum grossen Hasen gesagt, dass er ihn trotzdem gern hat und...", redete der Kleine fröhlich und bekam nicht mit, wie seine Mutter den Raum betrat.
"Guten Morgen ihr süssen!", summte sie, warf einen Blick ins Bett und musste schmunzelnd feststellen, dass ihr Boo schon wieder auf Trapp war. Er konnte aber auch keine Minute still sitzen.
Harry setzte sich sofort auf, fuhr durch seine Locken um sie einigermaßen zu bändigen.
"Guten Morgen Frau Tomlinson", sagte er höflich, verfluchte dabei seine raue Stimme.
"Ach Harry, nenn' mich doch bitte Jay und duze mich, sonst fühle ich mich so alt", lachte sie und strich eine Strähne aus ihrem Gesicht.
Man sah, dass sie länger unterwegs waren und kaum Schlaf abbekommen hatte. Ihr sonst so reines Gesicht, hatte kleine Fältchen und dunkle Augenringe.
"Es tut mir wirklich leid, ich wäre gestern noch gegangen, aber Louis war wieder wach und wollte nicht alleine schlafen und dann bin ich auch irgendwie eingeschlafen...", ratterte er hinunter und blickte dabei zu dem Kleinen, der zufrieden mit seinen Stofftieren spielte.
"Das ist doch kein Problem, Harry. Wirklich nicht. Wie wär's, du isst noch beim Frühstück mit?"
Ohne eine Antwort verliess Jay schon wieder das Zimmer, um ein Frühstück auf den Tisch zu zaubern.
Langsam stand der Lockenkopf auf, zog sich seine Klamotten von gestern an und legte dann ordentlich die Bettdecke zusammen. Er hasste Unordnung.
"Lou, soll ich dich auch anziehen?", murmelte Harry vor sich hin und sah auf den Schlafanzug des Wuschelkopfes.
Langsam durchsuchte er den Kleiderschrank, fand sehr niedliche Teile und musste jedes mal Grinsen.
Schlussendlich zog er eine bunte Jogginghose hervor, ein T-Shirt mit vielen Tieren darauf und seine geliebten Kuschelsocken - ebenfalls mit Tieren. Und ja, wie gesagt, er liebte nunmal seine Tieris.
Krabbelnd kam der Kleine auf Harry zu, liess sich hoch heben, sich anziehen. Ab und zu zog er an den Locken des Älteren, was dem überhaupt nicht gefiel, kicherte dabei und liess erst locker, wenn Harry ihn kitzelte.
Als diese Hürde überstanden war, gingen beide nach unten. Es roch köstlich nach Pfannkuchen und frischem Kaffee, weswegen Louis die Nase kräuselte. Er mag diesen Geruch ganz und gar nicht.
Er umklammerte die Hand des Grösseren, der genüsslich seine Augen für eine Sekunde schloss. Er brauchte jetzt unbedingt seinen Kaffee, sonst würde dieser Tag kaum mit ihm auszuhalten sein.
"Na, da seit ihr ja", lächelte Jay, als die zwei Jungs die Küche betraten. Sofort liess Louis die Hand los, kletterte auf seinen Stuhl und schnappte sich seinen geliebten Kakao.
Sie musterte ihren Sohn und musste über die süsse Klamottenkombi schmunzeln. Sie würde dem Kleinen diese Zusammenstellung nicht anziehen, doch sie vermutete, dass Louis bei der Wahl der Kleidung mit gesprochen hatte.
"Könnte ich einen Kaffee haben?", fragte Harry zögernd, der sich neben den schmatzenden Louis gesetzt hatte.
"Sonst überstehe ich diesen Tag nicht", lachte er dann."Sicher doch", schmunzelte Jay und gab dem Lockenkopf eine Tasse.
"Habt ihr gut geschlafen?"
Sie wuschelte ihrem Sohn durch die Haare und setzte sich dann ebenfalls an den runden Tisch.Sofort hob der Kleinere seinen Kopf, hatte einen leichten Milchschaum auf den Lippen und grinste fröhlich.
"Jaaaa! Haz mich geknuddelt!", sagte er mit einer süssen Kinderstimme. Leicht lachte Harry und bekam etwas rosige Wangen.
Jay lächelte sanft.
"Danke Harry. Louis hat noch nie jemanden so schnell vertraut und er scheint dich wirklich sehr gerne zu haben."Harry nickte, sah dabei zu dem Wuschelkopf, der verträumt an seiner Flasche nuckelte.
"Ich hab' ihn auch sehr gerne."~•~
"Also sehen wir uns öfters?"
Jay stand im Türrahmen und verabschiedete ihren Babysitter. Sie würde nun mehrmals die Woche den Abend geniessen können, denn sie wusste, dass ihr kleiner Boo in guten Händen war.
Solange ihr Sohn glücklich war, war sie es auch. Und das war er, denn als Harry gehen sollte, wollte Louis ihn gar nicht gehen lassen. Er umarmte sein Bein und krallte sich mit seinen kleinen Händen an seine Hose. Dabei fing er bitterlich an zu weinen und hörte erst auf, als er vor Müdigkeit in seinen Mittagsschlaf fiel.
Somit brachte der Lockenkopf den Kleinen nach oben und schmunzelte nur darüber, wie sehr er an ihm zu hängen schien.
"Aber natürlich. Meine Mum wollte eh nochmal mit dir ins Kino", meinte Harry und band seine Schnürsenkel zu.
"Hier dein Geld. Ich hoffe das ist okay so."
"Geld?"
Augenblicklich stand der 18-jährige und runzelte seine Stirn."Ich möchte kein Geld. Wirklich nicht."
Er lächelte und fuhr sich durch die Locken.Jay bewunderte diesen Jungen. Viele Teenager taten doch gerade diesen Job um an Geld zu kommen. Doch Harry nicht. Er wollte helfen, Leute glücklich machen, aber dafür doch kein Geld verlangen.
"Okay", murmelte sie dann und packte die Geldscheine zurück in ihre Tasche.
"Kann ich sonst noch etwas gutes für dich tun? Etwas anderes?"Harry überlegte kurz.
"Ich möchte Louis jeden Morgen abholen und mit ihm zur Schule gehen. Ist das möglich?"Die junge Mutter nickte eifrig.
"Oh ja! Es ist wichtig, dass er endlich lernt das alleine zu bewältigen.""Gut. Dann bis Montag."
Grinsend drehte sich Harry um und ging geradewegs auf das Nachbarshaus zu.Und Jay lächelte breit. Wie so oft in den vergangenen Tagen.
Sie hatte das Gefühl, dass ihr Sohn endlich jemanden gefunden hatte, bei dem er er selbst sein konnte. Und das machte sie glücklich.
~•~
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show me your right side | larry ✔️
Short StoryDie, in der ich nie ich selbst sein konnte. Mich immer verstecken und zurückziehen musste. Dabei wusste ich selbst nicht einmal, wer ich war. •*• cover by @fluegellosee