Dreizehn

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„Hey", ich umarme Quinn kurz zu Begrüßung.

Ich freue mich wirklich sie zu sehen. Es fühlt sich fast an, als wäre sie nie weg gewesen, aber nur fast.

„Hi", nuschelt sie und grinst mich an.

Wir haben uns in einem kleinen Café verabredet. Quinn liebt Kuchen und ich würde für Kaffee sterben. Also der perfekte Ort für uns beide.

Ich habe mich heute für einen grauen Kapuzenpullover entschieden und eine stinknormale Jeans. Meine Haare habe ich in einem Pferdeschwanz gebändigt.
Quinn trägt eins ihrer schwarzen T-Shirts und dieselbe Hose, die sie gestern an hatte. Ihren Rucksack scheint sie dort gelassen zu haben, wo sie gerade übernachtet.

„Was hast du in der Zwischenzeit so gemacht, nachdem ich weg war?", frage ich sie neugierig.

Quinn kommt nicht dazu mir zu antworten, da ein Kellner an unserem Tisch auftaucht, um unsere Bestellung aufzunehmen. Ich bestelle einen Milchkaffee und Quinn ein Stück Käsekuchen mit extra viel Sahne.

„Und?"

„Ich war hier und da. Vor kurzem war ich noch in Lissabon und habe dort ein wenig auf einer Farm gejobbt. Vorher war ich in Cambridge bei meiner Tante und habe dort für vier Monate gelebt, wo ich auch eine Therapie gemacht habe. Du weißt ja wieso."

Ich nicke und lächele sie an. So hat sie es geschafft aufzuhören.

„Dann war ich kurz ins Glasgow und für ein paar Tage in Madrid."

Quinn ist ein richtiger Weltenbummler. Sie ist überall zuhause und hat das Talent, dass sie überall schlafen kann. Sie braucht nicht einmal ein Bett. Für sie genügt eine Decke und irgendetwas als Kissen. Ich habe sie schon ihre Pullis als Kissen benutzen sehen oder ihren Rucksack. Ich brauche eine Ewigkeit, bis ich mich an ein neues Bett gewöhnt habe und darin gut schlafen kann. Außer wenn ich neben Quinn geschlafen habe. Dann war es egal. Ich denke wenn man neben jemand schläft bei dem man sich sicher fühlt, dann ist es egal wo man schläft.

„Und was hast du so gemacht?", will sie von mir wissen.

Ihr Stück Kuchen hat sie schon zu Hälfte aufgegessen während sie erzählt hat.

„Ich war eigentlich nur der totale Junkie und es wurde immer schlimmer, bis mir klar geworden ist, dass es so nicht weiter gehen kann und ich mich für einen Entzug entschieden habe", ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee, „Für drei Monate war ich dann in einer Klinik und bin vor kurzem hier her zu meiner Schwester gezogen."

„Ich bin froh, dass du den Entzug gemacht hast", sagt Quinn.

„Ich bin froh, dass du die Therapie gemacht hast. Wie hast du mich überhaupt gefunden?"

Niemand wusste von meinem genauen Aufenthaltsort außer meinen Eltern und die hat Quinn nie kennengelernt. Ich bin einfach im nichts verschwunden und habe keinem gesagt wo ich hin gehen werde. Freunde hätte ich zu dem Zeitpunkt keine mehr und es war mir egal. Da gab es nur noch die Leute von denen ich meinen Stoff bekommen habe und das war's dann auch.

„Ich hab hier und da rum gefragt und bin dann nach einiger Zeit auf deine Eltern gestoßen, die mit erzählt haben, dass du bei deiner Schwester in London wohnst", meint sie.

Meine Eltern wissen also von meinem Entzug und das ich bei Isabell bin und halten es nicht für nötig sich bei mir zu melden? Sie müssen mich total abgeschrieben haben. Bestimmt haben sie mich enterbt und erzählen allen Verwandten, dass ich weg bin. Super.

„Du findest aber auch alles raus, oder?", necke ich Quinn.

„Klar. Ich bin der weibliche Sherlock Holmes", lacht sie.

Ich muss auch lachen und mir wird bewusst, wie sehr ich es vermisst habe aufrichtig zu lachen und mit jemand herumzualbern.

„Wollen wir uns noch ein Stückchen Kuchen teilen?", bietet Quinn an.

„Wieso nicht?"

Ich weiß ohnehin, dass Quinn den größten Teil des Stücks alleine essen wird. Sie will es nur nicht so aussehen lassen, als wäre sie total ausgehungert. Quinn bestellt noch ein Stück und wir reden weiter. Quinn erzählt mir von Lissabon und das sie dort einen Spanischkurs belegt hat. Kaum zu glauben, dass sie fünf Sprachen spricht. Quinn ist aber auch zweisprachig aufgewachsen. Ihr Mutter ist Französin und ihr Vater kommt aus den Niederlande, wo sie in der Nähe von Amsterdam aufgewachsen. Sie hat beide Sprachen von klein auf gelernt. Französisch und niederländisch. Außerdem spricht sie englisch, Italienisch und jetzt auch noch etwas spanisch.

„Wie ist es mit Isabell zusammen zu wohnen?", erkundigt Quinn sich.

Sie kennt meine große Schwester nur aus meinen Erzählungen.

„Es ist anstrengend. Isabell hat einen Ordnungstick und ihr Verlobter hasst mich. Ich versuche den beiden einfach aus dem Weg zu gehen."

„Ich würde auch nicht bei meinem Bruder wohnen wollen", meint Quinn.

„Das glaube ich dir. Geschwister sind nervig und anstrengend."

Quinn muss grinsen und wir teilen uns schweigend das Stück Erdbeertorte.

„Wie lange willst du in London bleiben?"

Die Frage will ich ihr schon seit Beginn unseres Gesprächs stellen. Ich will nicht, dass Quinn wieder geht, wo wir uns doch gerade erst wieder gefunden haben.

„Weiß ich noch nicht", antwortet sie und zuckt mit den Schultern. „Mal sehen."

Ich gebe ein „Mhm" von mir und kann nicht verhindern, dass ich lächeln muss.
Wir bezahlen schnell und gehen dann nach draußen.

„Willst du noch mit zu mir kommen?"

„Gerne", stimmt Quinn zu.

Schweigend laufen wir nebeneinander her, bis Quinn meine Hand nimmt. Ich lasse es geschehen und wir gehen Hand in Hand durch die Straßen Londons. Ich fühle mich gut. Es fühlt sich gut an wieder bei Quinn zu sein.

Wir reden über dieses und jenes bis wir in der Wohnung sind. Außer uns beiden scheint niemand da zu sein. Vielleicht unternehmen Isabell und Elisa etwas zusammen. Holden muss arbeiten, um noch mehr Geld zu verdienen, als er schon hat.

„Gehen wir in mein Zimmer", sage ich und lasse Quinn keine Zeit zum antworten.

Ich nehme einfach ihre Hand und ziehe sie hinter mir her in mein Zimmer. Dort lasse ich sie erst wieder los und schließe die Tür hinter uns. Quinn sieht mich grinsend an.
Wir beide wissen, was gleich passieren wird. Ich mache einen Schritt auf sie zu und streiche ihr mit meiner Hand über die Wange bevor ich sie küsse und an die Tür drücke.

„Ich hab dich vermisst", nuschelt Quinn leise zwischen zwei Küssen.

Ich erwidere nichts, dass was wir gerade tun, wird Quinn verstehen. Ich würde sie nicht einfach so küssen.

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