Fünfzehn

833 44 0
                                    

In Gedanken versunken sitze ich am Küchentisch und rühre mit einem Löffel in meiner halb vollen Kaffeetasse herum.

Ich muss ständig an Quinn denken und dann ist da noch Elisa. Ich kann nicht beide haben. Ich habe Quinn schon immer geliebt, aber für Elisa habe ich auch Gefühle. Elisa ist ein Neuanfang.

Seufzend lasse ich den Löffel sinken und trinke einen Schluck Kaffee. Es ist Samstag und ich habe Quinn gesagt, dass ich keine Zeit habe, weil ich mit meiner Schwester nach Brautkleidern schauen muss. Was Elisa heute macht, weiß ich nicht. Ich habe sie heute noch nicht gesehen. Verdammte Gefühle. Manchmal wünsche ich mir wirklich, dass ich sie wieder mit einem süßen Rausch vergessen könnte.

„Erde an Riley?"

Vor Schreck lasse ich beinahe die Tasse fallen.

„Heilige Scheiße, Isabell!", zicke ich sie an.

Wie kann sie mich nur so erschrecken. Was will sie überhaupt von  mir? Isa setzt sich zu mir an den Tisch.

„Ist alles okay bei dir?", will sie wissen.

Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. Bisher hat sie das doch auch nicht interessiert. Seitdem ich hier bin, hat sie mich nicht gefragt, wie es mir geht. Andererseits habe ich alles daran gesetzt, um einem Gespräch mit ihr aus dem Weg zu gehen.

„Geht so", antworte ich und trinke den Kaffee in einem letzten großen Schluck leer.

„Willst du darüber reden?"

Wieso ist sie heute so fürsorglich und interessiert an meinem Leben. Vielleicht hat sie nachgedacht und ist zu dem Entschluss gekommen, dass wir wieder öfter miteinander reden sollten. Schließlich sind wir Schwestern und ich wohne bei ihr.

„Wie hast du gemerkt, dass Holden der richtige für dich ist? Gab es da keinen anderen, den du auch mochtest?"

Isabell sieht mich verwundert an. Mit dieser Frage hat sie nicht gerechnet. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich meine große Schwester mal so etwas frage.

„Ich wusste es einfach. Ich habe mich schon immer sicher bei ihm gefühlt. Man sollte ich für jemand entscheiden, der ein Zuhause und ein Abenteuer zur selben Zeit ist. Jemand der einem zu einem besseren Menschen macht. Eine Person von der man weiß, dass sie da sein wird, wenn es einem schlecht geht und nicht nur, wenn es einem gut geht", meint sie.

„Und das ist Holden für dich?"

„Ja. Das ist er", antwortet sie mit einem Lächeln.

Das verstehe ich beim besten Willen nicht. Für mich ist Holden ein totaler Idiot, aber das sieht anscheinend jeder anders. Isabell scheint in ihm ihren Partner fürs Leben gefunden zu haben, auch wenn ich ihn nicht ausstehen kann.

„Wieso fragst du das?", erkundigt sich Isabell neugierig.

„Nur so", murmele ich.

Ich kann Isa ja schlecht erzählen, dass ich ihre beste Freundin geküsst habe. Quinn kennt Isabell nicht. Wieso sollte ich ihr das alles erzählen? Sie würde es nicht verstehen. Ihr Leben ist perfekt. Sie hat es immer leicht und alles fliegt ihr zu.

„Mhm", macht Isa und gibt sich damit zufrieden.

Sie weiß, dass es nichts bringt Dinge aus mit heraus bekommen zu wollen, über die ich nicht reden will.

„Was machst du heute?", frage ich sie, um das Thema zu wechseln.

„Ich bin eigentlich gekommen, um dich zu fragen, ob du schon ein Kleid für meine Hochzeit hast?"

„Du müsstest eigentlich wissen, dass ich keine Kleider besitze", sage ich sarkastisch.

„Stimmt, aber man weiß ja nie. Wollen wir dann heute shoppen gehen und nach dem richtigen Kleid für dich sehen?", schlägt sie vor.

„Von mir aus", stimme ich zu.

Ich habe ohnehin nichts vor und etwas Ablenkung kann nicht schaden. Es ist schon Jahre her, dass Isabell und ich etwas zusammen unternommen haben. Das letzte Mal war ich fünfzehn und wir sind zusammen in einen Freizeitpark gegangen.

„Super. Ich gehe mich noch schnell umziehen."

Isabell springt auf und ist in Windeseile in ihrem Zimmer. Was an ihrem vorherigen Outfit so falsch war, weiß ich nicht. Wenig später taucht sie in komplett anderen Sachen auf. Einer normalen Jeans, dunkelbraunen Stiefeln, einem weißen Wollpullover und einer schwarzen Lederjacke.

„Können wir?", will ich von ihr wissen.

„Klar", sagt sie.

Wir fahren mit dem Auto ins Shoppingcenter, wo Isabell mich sofort in zig Läden schleppt und mich die unterschiedlichsten Kleidern anprobieren lässt. Die meisten hat sie ausgesucht. Die Farben sind querbeet. Alles ist dabei, aber bisher habe ich keins gefunden, dass mir gefallen hat.

„Vielleicht finden wir hier eins. Das ist mein Lieblingsladen", meint sie.

Ich will schon sagen, dass ich das bezweifele, aber ich halte die Klappe. Isabell hat es nicht verdient, dass ich jetzt fies zu ihr bin, wo sie sich so viel Mühe gibt.

„Na dann auf in den Kampf", versuche ich einen Witz zu machen, der bei Isabell nicht so ankommt, wie ich es erwartet habe.

Ich schlendere durch den überschaubaren Laden und sehe mich um. Bisher habe ich nichts entdeckt, dass mir gefällt. Ich laufe weiter und entdecke in einer Ecke ein hellblaues Kleid. Es ist schlicht und unauffällig. Ohne viel Schnickschnack oder Glitzer. Es dürfte mir bis an die Knie reichen. Ich suche eins in meiner Größe heraus und gehe damit zu Isabell.

„Ich probiere das hier mal an", sage ich zu ihr.

Isa folgt mir zu den Umkleidekabinen und wartet davor. Ich ziehe mich schnell um und betrachte mich im Spiegel. Das Kleid gefällt mir. Es ist perfekt.
Langsam trete ich aus dem Umkleide und bleibe vor meiner Schwester stehen.

„Das ist der hammer", schwärmt sie vor sich hin.

„Ich nehme es", entscheide ich.

„Okay. Ich gehe bezahlen und du kannst dich wieder umziehen", meint Isabell und verschwindet in Richtung der Kasse.

Mit dem perfekten Kleid verlassen wir das Geschäft und beschließen noch etwas essen zu gehen. Isabell bohrt immer weiter nach, bis ich ihr von Quinn erzähle.

„Du scheinst diese Quinn wirklich gerne zu haben", stellt Isa das offensichtliche fest. „Aber wer ist die andere?"

„Nur ein Mädchen, dass du nicht kennst", lüge ich. „Sie kenne ich noch nicht so lange, wie Quinn."

„Denk einfach mal darüber nach, dann wird es dir klar werden", rät sie mir.

„Mache ich", sage ich nachdenklich.

Addicted Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt