Sechzehn

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Ich habe keine Ahnung, wie ich hier zusammen mit Isabell, Holden und Elisa an Frühstückstisch gelandet bin. Es ist einfach passiert. Es ist halb elf und ich bin davon ausgegangen, dass die anderen schon gegessen haben. Pech gehabt. Es ist Samstag, woran ich hätte denken müssen. Keiner der Anwesenden muss heute arbeiten. Ich schmiere reichlich Marmelade auf mein Brötchen und beschäftige mich damit mich aufs Kauen zu konzentrieren, um mit niemand reden zu müssen. Elisas Blicke meide ich so gut es geht. Seitdem Nachmittag als wir zusammen im Kino waren und uns geküsst haben, habe ich sie immer nur flüchtig in der Wohnung angetroffen. Isabell hat viel Zeit mit Elisa verbracht, was mir ganz lieb war. Mit Quinn habe ich mich noch einige Male getroffen. Meist haben wir nur geredet und einmal waren wir Schlittschuh laufen.
Holden referiert über seinen Job und Elisa tut so, als würde sie es total spannend finden, obwohl es eher einschläfernd ist. Isabell beobachtet mich hin und wieder. Wahrscheinlich um sicherzustellen, dass ich ihrem Schatz nicht gleich mein Buttermesser ins Auge ramme. Ich habe wirklich schon darüber nachgedacht, aber eine gute Idee ist es nicht wirklich. Es würde mir nur lauter Ärger bereiten.

Plötzlich klingelt es an der Tür.

„Ich gehe", sage ich schnell.

Das ist meine Moment, um diesem miesen Frühstück zu entkommen. So langsam würde es wirklich unheimlich am Tisch. Holden hat mich mit seinen Blicken durchbohrt und Isabell hat angefangen mir Fragen zu stellen. Außerdem ist es Quinn. Wir haben uns für heute verabredet und sie wollte mich unbedingt zuhause abholen. Ich habe es nicht geschafft ihr das ganze auszureden.

„Hey Quinn", begrüße ich sie sobald ich die Tür aufgemacht habe.

„Hi", murmelt sie und küsst mich auf die Wange. „Kann ich bei Euch auf die Toilette gehen?"

„Klar", erwidere ich.

Leider kommen wir nicht weit. Wir müssen an der Küche vorbei, wo Isabell uns sofort entdeckt. Sie sieht mich fragend an und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihr Quinn vorzustellen.

„Freut mich dich kennenzulernen. Ich hab schon so einiges von dir gehört. Meine Schwester muss dich echt mögen", plappert Isabell darauf los.

„Ach tatsächlich?", will Quinn wissen und sieht mich grinsend an.

Ich nicke und werde etwas rot. Es kommt mir vor, als wolle Isabell mich absichtlich in Verlegenheit bringen. Ich nehme Quinn's Hand und ziehe sie weiter in Richtung Flur.

„Tut mir leid, dass meine Schwester dich genervt hat", entschuldige ich mich bei ihr.

„Schwachsinn. Du hast ihr also von mir erzählt?"

„Ja habe ich. Sie hat so viele Fragen gestellt", antworte ich.

Den genauen Grund wieso ich mit Isabell über Quinn gesprochen habe, kann ich ihr natürlich nicht sagen. Quinn würde sofort abhauen, wenn sie erfahren würde, dass Elisa mich geküsst hat und ich sie nicht aufgehalten habe.

„Das ist echt süß. Kenne ich gar nicht von dir", murmelt sie bevor sie mich küsst.

Seufzend erwidere ich ihren Kuss und schlinge meine Arme um ihre Taille, um sie näher an mich heranzuziehen. Unsere Zungen fechten einen Kampf miteinander aus und ich kann nicht von Quinn ablassen.

In dem Moment wird mir bewusst, dass es schon immer Quinn war. Wie konnte ich nur an meinen Gefühlen für sie zweifeln und darüber nachdenken ob ich Elisa mehr mag. Quinn war immer für mich da. Mit ihr kann ich lachen und weinen. Sie versteht mich und ich kann ihr alles erzählen ohne Angst haben zu müssen, dass sie mich verurteilt. Bei ihr fühle ich mich sicher. Quinn bringt mich dazu Dinge zu tun, die ich von mir aus niemals machen würde. Wenn ich mit ihr zusammen bin, dann ist es egal wo wir sind.

Quinn löst sich von mir und grinst mich an.
„Ich muss wirklich mal dringend aufs Klo", bringt sie hervor.

Ich muss lachen und zeige es ihr. Quinn verschwindet im Badezimmer und ich lehne mich an die Wand gegenüber und kann nicht aufhören zu grinsen. Isabell hatte tatsächlich recht mit dem was sie gesagt hat. Ich hätte von Anfang an auf mein Herz hören sollen.

„Hey", höre ich Elisas Stimme.

Sie sieht verletzt aus und beißt sich nervös aus die Lippe.

„Du hast es gesehen, oder?", frage ich sie schuldbewusst.

Elisa nickt stumm.

Ich gehe zu ihr hin und bleibe vor ihr stehen. So ein Mist. Sie sollte es nicht so erfahren.

„Tut mir leid. Ich schätze ich liebe Quinn", sage ich leise.

„Schon okay. Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich verstehe das. Ich war auch schon verliebt", meint sie etwas betrübt.

„Es ist mir wirklich erst jetzt klar geworden. Ich wollte dich nicht verletzen, Elisa."

„Du musst mir nichts erklären. Ich bin dir nicht böse. Ich hätte es wissen müssen. Außerdem werde ich ohnehin in ein paar Tagen wieder in Paris sein. Es ist besser so für uns beide", sagt sie leise.

Ich nicke, da ich nicht weiß was ich darauf antworten soll.

„Danke trotzdem. Durch dich habe ich gelernt, dass ich mich nicht nur zu Männern hingezogen fühle", flüstert sie leise.

„Okay."

„Wir sehen uns", verabschiedet Elisa sich von mir und geht zurück in die Küche.

Ich bleibe einen Moment lang stehen und sehe ihr hinter her. Schon komisch, wie das Leben manchmal spielt. Das mit Elisa sollte nicht sein und sie hat es trotzdem gewagt, obwohl sie wusste, dass es niemals etwas werden wird. Elisa ist mutiger als ich dachte.

„Alles okay?", höre ich Quinn's Stimme und drehe mich um.

„Klar", erwidere ich und lächele sie an.

Es ist wirklich alles okay. Quinn ist hier und ich habe endlich eingesehen, dass ich mit niemand anderem zusammen sein möchte außer ihr. Die Sache mit Elisa ist vorbei und sie hat für sich herausgefunden, dass sie nicht bloß heterosexuell ist. Mit Isabell läuft es allmählich besser und mir geht es gut.

„Sag mal, hast du Lust mich auf die Hochzeit meiner Schwester zu begleiten?", schlage ich Quinn vor.

„Meinst du das ernst?", will sie wissen.

„Ja das tue ich", sage ich und nehme ihre Hände in meine. „Ich will dich dabei haben, weil du mir wichtig bist."

„Dann werde ich da sein", nuschelt sie.

„Danke", wispere ich und küsse sie.

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