Why?

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„Letzte Nacht kam es in Midtown in einer alten Lagerhalle zu einer Schießerei zwischen Polizisten des GCPDs und ein paar Männern des Jokers, als die Polizisten durch eine Botschaft des Jokers über Telefon ihren Standort mitgeteilt bekamen. Später kam Batman hinzu und holte schlussendlich die Leiche des entführten Lorenz Ray aus der Halle. Der Joker, der sich in der Halle wohl um die Leiche Lorenz Rays gekümmert hatte, floh mit seinen Männern. Erneut sind sie der Polizei entkommen. Lorenz Rays Beerdigung wird noch diesen Samstag stattfinden, im Kreis seiner Verwandten und Freunde. Weiter zum Wetter..." Ich saß verschlafen auf dem Sofa und wurde hellhörig, als der Name „Lorenz Ray" fiel. Der Freund von Bruce war scheinbar tot. Ich schaltete den Fernseher aus und lehnte mich nach hinten. Mein armer Onkel, er war in letzter Zeit nicht in Bestform und jetzt auch noch das... Im nächsten Moment kam er auch schon um die Ecke geschlurft und man konnte an seinem Gesicht bereits sehen, dass er die Nachricht schon mitbekommen hatte. Seine Augenringe waren immer noch da und dazu kamen nun seine roten Augen und das kleine Lächeln, das ihn merklich anstrengte. „Guten Morgen Kelsey, warum bist du schon wach?", fragte er, während er auf mich zukam. Erst jetzt merkte ich, dass er humpelte. „Guten Morgen. Ich hab gestern den halben Tag geschlafen und konnte deswegen letzte Nacht nicht lange schlafen... warum humpelst du?" „Ach... ich hab mir nur das Bein am Tisch angehauen, alles in Ordnung", antwortete er mir und ich gab mich damit zufrieden. „Übrigens...", ich wusste nicht, wie ich das Thema anders ansprechen sollte: „...es tut mir Leid wegen der Sache mit Lorenz... er war sicher ein guter Freund..." „Ja, das war er...", das lächeln hatte er bereits aufgegeben. Mit den Worten ließ er sich auf die Couch neben mich fallen und starrte einfach nur auf den ausgeschalteten Fernseher. Ich schaute ihn von der Seite an und umarmte ihn einfach, was er auch erwiderte. Ich konnte spüren wie er wieder ein wenig lächelte und als wir uns wieder voneinander lösten, war seine Stimmung schon ein kleines bisschen besser. „Du solltest langsam mal zur Schule, oder?", fragte er schließlich und ich bejahte, ehe wir aufstanden und losgingen.

Wir hatten gerade Mathe und Mr. White, unser Lehrer, stand sehr unmotiviert vorne an der Tafel. Er versuchte uns vergeblich irgendeinen Rechenweg zu erklären. „Also, wenn man den Winkel Alpha jetzt...", weiter kam er nicht, denn er wurde von einer Durchsage unterbrochen. Für ein paar Sekunden was anderes als Mathe, man konnte die Freude der Klasse förmlich spüren. „Es folgt eine Durchsage der Schulleitung. Letzte Nacht ist der Leiter der Firma „Ray-Wood-Ways" Lorenz Ray verstorben. Wir wertschätzen seine Arbeit sehr, wir bitten euch hiermit dies durch eine Schweigeminute ebenfalls zu tun und durch Stille, ohne Blickkontakt, um ihn zu trauern. Danke." Ein Bild von Bruce' rotunterlaufenden Augen erschien in meinem Kopf und ich bekam es nicht mehr hinaus. Warum hatte der Joker ihn nur getötet? Er war ein Mörder Kelsey! Ein Mörder tötete Menschen. „Ähm... ok, natürlich machen wir das, bitte seid alle so freundlich und macht das", sagte Mr. White schließlich. Ich fand die Aktion gut, vor allem, dass die Schule ihn wertschätzt, Lorenz hatte sie mal unterstützt, als sie zu wenig Geld hatten. Auch wenn immer irgendwo jemand starb und man eigentlich sein Leben lang schweigen müsste, um das Bedauern über all die Tode und das Leid der Menschen auszudrücken. Das hätte nicht einmal gereicht. Aber die Geste war nett. Und so starrten alle auf ihre Tische, in kompletter Stille. Auch ich. Und ich dachte an Lorenz, bis ich aus dem Augenwinkel sah, wie sich ein paar sich umdrehten. Als ich schließlich langsam zu ihnen schaute, sah ich wie sie sich ansahen und über diejenigen lustig machten, die es ernst nahmen. Schnell wand ich mich wieder ab. Nicht eine Minute konnten sie Respekt einer Person zeigen, ohne die sie nicht mehr hier auf die Schule gehen könnten. Auch Mr. White schien es nur mehr oder weniger ernst zu nehmen, denn nach kurzer Zeit meinte er scheinheilig: „Ok... das müsste jetzt ungefähr eine Minute gewesen sein." Danach verlief der Unterricht wie zuvor, als wäre nichts geschehen und ließ mich mit meinen Gefühlen alleine. War ich die einzige hier, die begriff was passiert war, in diesen paar Sekunden? Ein Haufen an Respektlosigkeit gegenüber eines Toten. Nicht einmal der Lehrer, unsere Bezugsperson, unser „Vorbild", dass uns das „Leben" lehren wollte, interessierte sich dafür. Meine Gedanken weiften viel zu weit ab und schon bald hatte ich jeden Zusammenhang der Matheaufgaben verloren. Auch, wenn ich nun versuchte wieder mitzukommen, das Thema hing noch später schwer an mir.

Zum Glück hatte ich auch heute die Schule schnell überstanden und ich konnte schnell nach Hause. Mein Handy vibrierte, Alfred hatte mir geschrieben: „Miss Wayne, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass ich einige Käufe für Bruce erledigen muss und daher keine Zeit habe, Ihnen etwas zu kochen. Es tut mir sehr leid, auch Bruce muss heute lange arbeiten. Ich habe Ihnen in Bruce' Auftrag 50 Dollar auf den Esszimmertisch gelegt, falls Sie sich etwas kaufen oder bestellen wollen, ansonsten steht Ihnen die Küche selbstverständlich zur freien Verfügung." 50 Dollar, was glaubte Bruce sollte ich mit dem ganzen Geld anfangen? Ich entschied mich also in den nächsten Subway zu gehen, ohne vorher das Geld zu holen und bezahlte mit meinem eigenen. Danach fuhr ich mit der Bahn nach Hause. Ich bekam Taschengeld, mehr als genug. 50 Dollar zum Essen waren eine reine Verschwendung, in meinen Augen. Zuhause angekommen hatte ich mein Brötchen längst aufgegessen. Ich ging gleich in mein Zimmer, um ein paar Schulaufgaben zu erledigen. In den letzten Tagen war mein Kopf so voll gewesen, dass ich mich beim besten Willen nicht darauf hätte konzentrieren können. Umso wichtiger war es jetzt. Zwar hatte ich immer noch tausend Gedanken und Fragen, doch es gelang mir diese kurz in den Hintergrund zu schieben. Irgendwann hatte ich jedoch jegliche Konzentration verloren, es war 18 Uhr. Ich legte das Buch wieder weg und ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen, der schließlich an meinem Schreibtisch hängen blieb. Beziehungsweise an dem Zettel von –J, der noch immer zerknüllt darauf lag. In dem Moment strömten wieder all die Gedanken in mein Gehirn zurück, all die Fragen über den Joker. Wollte er, dass ich komme? Meinte er es ernst? Ich lief mit dem Schulbuch zu meinem Tisch und sank langsam auf den Stuhl, ohne den Blick von dem Brief abzuwenden. Ich schaute wieder weg, zurück zu meinem Buch, um meine Gedanken umzulenken, nicht im Traum hätte ich daran gedacht, dass ich der Einladung des Jokers folgen wollte. Doch schon griff ich danach und las den Text erneut. „Ecke Sunstreet...", flüsterte ich vor mich hin, bevor ich den Kopf schüttelte, den Brief wieder zerknüllte und anschließend wieder weglegte. Ich begann die Seite, auf der ich gestoppt hatte, zu suchen und las den nächsten Satz, ließ das Buch wieder sinken und schaute wieder auf den Zettel. Ehe ich mich versah und ich es hätte ändern können, schnappte ich ihn mir mit samt meinen Schlüsseln und meinem Handy und lief Richtung Haustür. Zehn Minuten später stand ich in der Bahn und krallte mich an die kalte Eisenstange. Was tat ich hier? Die Leute um mich herum mussten denken ich war betrunken oder unter irgendwelchen anderen Drogen, denn die ganze Zeit starrte ich nur vor mich hin. In Gedanken, warum. Warum? Erneut, zum wahrscheinlich zehnten Mal las ich den Zettel und strich mit dem Finger über die Worte, die ER geschrieben hatte. „Ecke Sunstreet, ausstieg in Fahrtrichtung rechts." Ich stieg aus. Es war stockdunkel, nur die Straßenlaternen erleuchteten den Gehweg vor mir. Die Straße war menschenleer und ich zog mir vorsichtshalber die Kapuze meines Hoodies in Gesicht. Ich schaute mich um, nicht ein Mensch. Und jetzt? Jetzt war ich schon hier, wo war er nun? Vielleicht war es ja gar nicht der Joker? Oder er hatte es nicht ernst gemeint. Oder er hatte erwartet, dass ich wie ein normaler Mensch handelte und gar nicht erst kam, weswegen er auch nicht kam. Oder ich war zu spät oder zu früh... ich bekam Panik zu bekommen, hinterfragte alles was ich tat und wollte gerade umdrehen, doch in dem Moment kam eine dunkle Gestalt auf mich zu. Natürlich war es der Joker. Auch er hatte sich die Kapuze ins Gesicht gezogen und schaute mich nun an. „Hätte nicht gedacht das du kommst", grinste er mir entgegen, worauf ich nur „Ich auch nicht" stammeln konnte. Ich war überfordert mit allem. Natürlich, jeder normale Mensch wäre nicht gekommen, warum also ich? Warum war ich hier? Ich befand mich in Gefahr. In Lebensgefahr, um es genau zu sagen, doch ich war freiwillig gekommen. „Komm", sagte mein Gegenüber nur und lief voraus in eine kleine Seitenstraße. Weglaufen oder hinterher? Egal für was ich mich entschieden hätte, meine Beine waren bereits hinter ihm her. Es war nicht richtig, aber es war das was ich in dem Moment wollte, als ich seine Augen in der Dunkelheit glühen sah während er sich umdrehte, um zu sehen, ob ich ihm folgte.

Driving into madness (Gotham ff - german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt