5.Chapter

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5.Chapter - Es gab kein Entkommen

Flüchtig schielte ich seitlich zu dem Koreaner hinüber, nachdem er sich nach einer Minute immer noch nicht bewegt hatte.
Wollte er mich nun die ganze Stunde ignorieren?
„Mir ist klar, dass es dich wohl nicht besonders interessieren wird wer ich bin, aber ich bin (Y/N) wie du höchstwahrscheinlich mitbekommen hast und ich würde jetzt gerne anfangen, ist das für dich auch in Ordnung?“, er rührte sich nicht, weshalb ich nur ächzend vor mich hin murmelte:
,,Ich nehme das mal als ein ja.“
Gereizt zerrte ich mein schwarzes Notizbuch aus dem Rucksack und schlug das Biologiebuch auf der Seite unseres Themas auf, sieht ganz so aus, als würde die Arbeit wohl wieder auf mich abfallen.

Konzentriert schrieb ich eine Zeile nach der anderen auf das altbraungefärbte Blatt und hatte den Blondhaarigen neben mir bereits vergessen, wahrscheinlich weil er während einer Stunde nicht ein Wort zu mir gesagt hatte. Deshalb war ich auch so überrascht, als dieser plötzlich anfing zu kommunizieren:
,,Du kannst aufhören, den Rest fasse ich zusammen, es läutet in einer Minute.“
Verwirrt sah ich den Jungen an, wollte er mich auf den Arm nehmen?
,,Aber das sind noch zehn Seiten, ich hab gerade mal drei zusammengefasst...“, er zuckte mit den Schultern, ich jedoch verweigerte ungläubig, ,,Du wirst das sicher nicht alleine machen, treffen wir uns morgen in der Bibliothek oder im Park, Biologie haben wir so oder so nur Mittwochs, also haben wir noch morgen Zeit.“ Er konnte solch eine große Stoffmenge doch nicht gewissenhaft in so kurzer Zeit zusammenfassen, oder?
,,Die Bibliothek hat Dienstags geschlossen, wie ich es heute morgen von dem Direktor erfahren habe und morgen soll es regnen“, er starrte weiterhin auf die kahle Wand vor uns.
Ich strich mir meine Haare hinter das Ohr, während ich ermüdet stammelte:
,,Gut...dann komm morgen mit mir nach Hause, meine Eltern sind nicht da, also wären wir auch ungestört.“
Schon nur der Gedanke ließ mich unwohl fühlen.
Das erste mal, nach dem Zusammenprall, sah er mich an, seine braunen Augen direkt auf mich gerichtet und ich fühlte mich, als könnte er alles aus mir herauslesen.
Woher auch immer dieses Gefühl kam, es bereitete mir Gänsehaut, erneut nicht im positiven Sinne.
,,Wenn du es so willst“, seine raue Stimme drang tief in mich ein und ich begann fürchterlich zu zittern, nachdem er den Klassenraum bei Läuten verlassen hatte.
Warum um alles in der Welt reagierte mein Körper so?
Er war gleich wie jeder andere - zumindest versuchte ich mir das einzureden.

~*~

Das laute rauschen der Bäume umkreiste mich, während der scharfe Wind sich unter meine Gewänder bohrte und mir ein Gespür von Schutzlosigkeit gab.
Genau genommen entpuppte es sich als einsetzende Angst.
Angst vor dem, was auf mich warten würde, wenn ich nach Hause kommen würde...
Wie ich es verabscheute so schwach zu sein.

,,(Y/N), du wirst den Hass ertragen, du bist stärker als ich
Diese Worte halten durch meinen Kopf, als ich vor dem weiß gestrichenen Villenhaus zum Stehen kam und mit meinen Augen observationsartig die zugeschobenen Gardinen erfasste, sie waren zu Hause.
Es gab kein Entkommen.
Quälend langsam schritt ich die Treppen hinauf und überlegte noch, einfach wieder umzudrehen, doch meine Schwester wollte nicht verschwinden.
,,(Y/N) du wirst es schaffen
Wie sehr ich es liebte und hasste sie zu hören...

Ich drehte das kühle Metall im Schloss lautloser, als wie ich es für möglich gehalten hätte, trotzdem hörte ich schon wenige Sekunden später Schritte.
Hatte er gewartet?
,,Wo warst du gestern Abend?“, mein Blick war leer, ich drehte mich, meinen Kopf anhebend um, wagte es allerdings nicht, meinen Vater ins Gesicht zu sehen.
Ich schwieg.
Sein Kiefer spannte sich an vor Zorn, als ich nur meine Hände um meinen Bauch schlang und immer noch seine Anwesenheit ausblendete oder es zumindest versuchte, reine Provokation nannte man dieses Verhalten:
,,Wo warst du?! Antworte mir!“

Feuchte Flüssigkeit floss aus meinen Augenwinkeln, ich wollte dieses Spiel nicht mehr spielen.
,,Es kümmert dich doch eh nicht! Ihr wollt doch nur sicher gehen, dass ich nicht euren Ruf schädige, ich bin euch vollkommen egal! Also tu nicht so, als wäre ich dir wichtig!“, ich schrie ihn an ohne dabei Luft zu holen und schnaufte tief, nachdem ich aufgehört hatte.

Es war still, doch plötzlich griff er grob nach meinem Arm:
,,Du undankbares Ding! Was fällt dir ein deinen Vater anzuschreien? Wirst du jetzt genauso dumm wie deine Schwester!?“, meine Zähne knirschten, als ich sie zusammenbiss, ,,Du wirst jede geschwiegene Sekunde bereuen du Göre!“

Ab diesem Moment schlug er auf mich ein, ich krümmte mich vor Schmerz, aber er hörte nicht auf und würde auch nicht so schnell aufhörern.

Das wusste ich aus Erfahrung.

Ich werde den Hass ertragen, für dich (S/N).

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