11.Chapter

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11.Chapter - Wenn wir groß sind können Autos fliegen

Zärtlich ließ der junge Mann mich vor der Tür seiner offensichtlichen Wohnung hinunter:
,,Es sind mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die Standards die du gewohnt bist, aber für eine Nacht wirst du es wohl überleben.“
Abwartend folgte ich ihm in den Raum, nachdem er ihn aufgeschlossen hatte, ich hätte sogar auf einer Holzbank übernachtet, Standards waren im Moment mein kleinstes Problem.
Wir standen in einer Art Vorraum.
Der erste Eingang, der sich danach befand, führte in das Badezimmer, der Zweite, in den Hauptraum.
Der Hauptraum bestand aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer und einer Küche in einem, es war mickrig, doch auch, wenn ich das erste Mal hier verbrachte, fühlte ich mich freier, als in meinen Wohngelegenheiten.
Ich wollte es nicht mein zu Hause nennen.
Erschöpft wirkend kickte der Koreaner seine Schuhe von den Füßen und begab sich gleich danach, zu einem alten, etwas vermoderten Wandschrank, aus welchen er eine dicke Decke und einen Polster herausnahm:
,,Hier. Das ist das Einzige was ich habe, ich bin nicht wirklich Gäste gewohnt.“
Er drückte mir das Bettzeug in die Hand, während er mit seiner Hand auf die leicht zerknautschte Couch deutete, ich nickte dankbar.
Alles erschien mir besser, als zu ihnen zurückzukehren, zumindest für heute.

Ich ließ mich erledigt in das Material sinken und sah mich ein bisschen in dem Raum um, bis Namjoon wieder durch den Durchgang das Zimmer betrat.
Ich stockte, als er sich ungestört von seinem T-Shirt entledigte und es sich, mich ignorierend, ebenfalls in dem Bett, das sich praktisch genau hinter mir befand, bequem machte.
Ich biss mir peinlich berührt auf die Lippe.
Ich hatte gerade wirklich wichtigere Dinge, auf die ich mich konzentrieren sollte und trotzdem war ich immer noch dazu in der Lage, zu starren wie ein verzweifelter Vollidiot.
,,Soll ich mir was anziehen damit aufhörst zu starren?“, er stützte sich mit den Oberarmen ein Stück auf und blickte gereizt zu mir, weshalb ich dezent rot anlief.

,,Nacht“, ein ungewolltes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen.

~*~

Der Mond schien durch das kleine Fenster vor mir und erhellte die dunkle Umgebung, als ich mich auf dem Baumwollstoff hin und her wälzte.
Es brachte nichts, diese Nacht war nicht an schlaf zu denken.

Verwundert wendete ich mich zur Bettseite, als ein Seufzen den Raum erfüllte, er tat es mir unbewusst gleich.
Unsere Blicke trafen sich.
Es war genauso still, wie sonst, nichts rührte sich
Der Schein des Mondes erhellte sein Gesicht und ich flüsterte vorsichtig:
,,Ich weiß du hast mir damals schon nicht geantwortet, aber, warum tust du das für diese Menschen? Ja, es geht mich nichts an und ...“

,,Sie sind meine Familie“, ich verstummte, seine Stimme hallte gedämpft in meine Richtung, ,,Meine Eltern haben mich nach meiner Geburt ausgesetzt. Die Leute aus dem Armenviertel haben mich gefunden. Seit diesem Tag an, waren sie für mich da, haben alles getan, um mir ein normales Leben zu bieten. Haben mich beschützt.
Jetzt bin ich an der Reihe, etwas zurückzugeben.“
Er hatte die Sätze einfach ausgesprochen, keine Emotionen.
Ich blinzelte ungläubig, möglicherweise würde ich auch so handeln, doch um ehrlich zu sein, war bis auf meine Schwester, Liebe ein Fremdwort.
,,Aber du könntest dir doch genau genommen dein ganzes Leben verbauen, nicht?“, ich konnte es beinahe nicht glauben, dass ein ignorant scheinender Jugendlicher, seine Freiheit für andere aufgeben würde, wenn es hart auf hart kommen würde.
Er erwiderte ohne nachzudenken:
,,Für die Menschen, die mir etwas bedeuten“, seine Sprechlautstärke sank mit jedem Wort,
,,würde ich sogar sterben.“

Ich schwieg erneut, alles was er sagte klang so aufrichtig.
Alles schien echt, ohne Lügen, ohne Falschheit.
Keine leeren Worte.
Wahrheit.
,,Wirst du mir nun auch ehrlich antworten, wenn ich dich etwas frage“, das war das erste Mal, dass er sich für mich interessierte...
,,Ich denke mir bleibt nichts anderes übrig“, ich zeigte ihm ein angedeutetes Lächeln, zu mehr war ich nicht im Stande.
,,Wer tut dir sowas an?“
Sein Gesichtsausdruck wurde ernster.
Meinte er... nein, er konnte sie nicht gesehen haben.
„(Y/N) ich hab die Flecken gesehen, versuch es nicht zu leugnen.“
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.
Ich hatte mir geschworen niemanden davon zu erzählen, ich wollte mir den gespielten Mitleid ersparen.
,,Ich...ich brauch kein Mitleid“, meine Stimme zitterte, während ich bereits die feuchte Flüssigkeit meine Augen füllen spürte.
Nein ich durfte nicht weinen, niemand sollte sehen wie gebrochen ich doch eigentlich war, besonders er sollte es nicht sehen, nicht nochmal...

Der Blondhaarige stand langsam von der Matratze auf und kam mit lautlosen Schritten auf mich zu, als nun ein kleines Schluchzen meine Kehle verließ.
Ich war so schwach, zu schwach.

Einige Stunden zuvor
Namjoon POV

Ich sah auf das Mädchen hinunter, ihre Augen waren geschlossen, ihre Brust hebte und senkte sich, sie sah friedlich aus.
Ungewohnt friedlich.
Mein Herz schlug gegen ihren zierlichen Körper und bei jeder Berührung, zuckte sie ruckartig zusammen, weshalb ich etwas verwirrt ihre Erscheinung musterte.
Mein Blick landete auf ihrer Haut, welche unter dem Ärmel des langärmlichen T-Shirts freigelegt wurde, da er etwas hochgegangen war, als ich sie aufgehoben hatte.

Flecken, dunkle Flecken.

~*~

Ich stand im Badezimmer, als (Y/N) dieses gerade ebenfalls zu betreten versuchte, jedoch stoppte sie, als sie mich erkannte.
Kurz fiel der Lichtschein der Lampe auf die junge Frau, ich hatte ihr zu der Bettwäsche einer meiner T-Shirts gegeben, weshalb man nun einen großflächigen Ausblick auf ihre Beine hatte.

Die dunklen Flecken, es waren blaue Flecken.

Bevor ich sie noch länger ansehen konnte, hatte sie den Raum bereits wieder in Sekunden verlassen.
Woher auch immer diese Flecken kamen
...
sie waren ihr nicht freiwillig zugefügt worden.

~*~

Er kniete sich vor mich:
,,Ich habe kein Mitleid, ich habe genug eigene Probleme.
Also, du hast versprochen zu antworten.
Dein ganzer Körper ist überseht mit blauen Flecken und Wunden, du weißt, dass ich sie zuvor nicht übersehen habe.“

,,Wozu sollte ich es dir erzählen?“

,,Damit“, er sah mit sich selbst ringend zu Boden,
,,Damit ich dich beschützen kann.“

Für einen kurzen Moment schienen meine Tränen zu stocken, was redete er da? Er kannte mich verdammt nochmal nicht, wir standen in keiner Beziehung zueinander.
Ich verstand es nicht.
,,Namjoon warum? Bis vor ein paar Stunden hast du bei Nahe kein Wort mit mir gesprochen und auf einmal nimmst du mich mit zu dir. Auch ein Mensch mit gutem Herz tut sowas nicht. Wir kennen uns nicht, du hast keinen Grund dich um mein Wohl zu sorgen und erst recht nicht mich zu...beschützen“, er stoppte mich mit seiner Erwiderung, ,,Stimmt nicht...“
Mein Atem stoppte bei seinem Gemurmel:
,,Was stimmt nicht?“
,,Wir kennen uns“, seine Brust hob und senkte sich, ,,ich kenne dich besser als jeden anderen Menschen auf dieser Erde.
'Wenn wir groß sind können Autos fliegen'.“
Ich keuchte, da meine Kehle sich zusammen schnürte, während ich versuchte die Tränen erneut zu unterdrücken















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