16.Chapter - Das erste Ende
Meine Augen waren rot angeschwollen, mein Bauch schmerzte von den Tritten und mich überkam ein Würgreiz, als er erneut auf mich eintrat. ,,Denkst du, dass ich dich einfach mit deinem dämlichen Verhalten durchkommen lasse? Gestern war die Schulverwaltung in unserem Haus und ich musste ihr erklären warum meine“, er hielt sich selbst zurück, ,,meine Tochter auf der Dachterrasse der Schule mit einem Jungen rumgemacht hat.“
,,Wir haben doch gar nicht...“, meine Stimme brach, bevor ich den Satz beendet hatte, zumindest hatten wir es nicht zu diesem Zeitpunkt getan.
Ich ächzte, nachdem meinen Vater mich am Arm packte und nach oben zog, sodass ich ihm in die Visage sehen musste, ein vertrautes Gesicht war es längst nicht mehr.
,,Schweig!“, aggressiv lachte er in sich hinein, ,,alles, was du bis jetzt getan hast, hat uns nur Ärger beschert. Warum waren wir damals nur so dermaßen blind...“, er sprach eher mit sich selbst, als er konzentriert an die Wand starrte, um mich nicht ansehen zu müssen. Doch es tat mir nicht ansatzweise weh, ich fühlte bei diesen Leuten keinen psychischen Schmerz mehr.
Würde ich es, wäre ich heute nicht mehr unter uns.
Der Mann seufzte, während er meinen Arm fester umgriff und mich brutal zu Boden schleuderte.
,,Ich hätte wissen müssen, dass du nicht anders sein würdest als (S/N), genauso naiv und zu gutgläubig. Ich muss dich enttäuschen (Y/N), diese Welt ist ungerecht, falsch, eine Lüge“, eine Träne tropfte auf den Paket, mein Blick war verschwommen zur Tür gerichtet, die Welt war nicht falsch, sie waren es.~*~
,,Hör auf mich anzulügen, er hat es erneut gemacht hab ich Recht?!“, Namjoons Zähne knirschten, als sie aufeinander prallten, Wut spiegelte sich in seiner Körpersprache wieder und seine Knochen knackten, als er seine Hände zu Fäusten ballte.
Einerseits wusste ich, dass er sich nur um mich sorgte, doch andererseits hasste ich es, wenn er sich so benahm.
Diese Aggressivität verabscheute ich.
,,Es ist nicht so schlimm, bitte lass es“, er fasste nach meinen Armen, wollte meine Ärmel nach oben ziehen, jedoch stoppte ich ihn bettelnd.
,,Namjoon wirklich bitte“, er küsste mich behutsam, während ein kleines Lächeln seine Lippen zierte, als er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Flüsternd sah er zuerst auf meine Hände, danach wieder zu mir:
,,Weißt du noch damals im Wald, du wusstest, dass ich da war“, ich hielt inne, er war derjenige im Wald gewesen!?
Ich wollte bereits etwas von mir geben, da unterbrach er mich, ohne auch nur kurz zu zu hören, was ich überhaupt sagen wollte.
,,Ja ich war der im Wald. Ich bin jeden Tag diesen Weg gegangen und irgendwann, sah ich dich dort lang wandern. Es war der einzige Ort, wo ich dir unbemerkt Nahe sein konnte, ausgenommen der Schule“, er machte eine Pause, seine Hände in meinen erwärmten sich, ,, Du wusstest, dass ich dir folge, du hast dich jedes Mal umgedreht, wenn ich in Sichtweite war. Du meintest, wir spüren uns wieder und du hattest Recht. Wir spüren es, wenn der jeweils Andere in der Nähe ist, wir wissen, ob es ihm gut oder schlecht geht. Wir sind uns bewusst, wenn der Andere lügt, wir wissen alles voneinander, obwohl wir andererseits keine Ahnung haben, wer der Andere ist.“
Ich griff fester um seine Hand, drückte sie, als wäre es das letzte Mal, sein Fingerkuppen wanderten über meine Haut.
,,Darf ich?“, ich nickte und mein Puls stieg höher, als er mein T-Shirt ein Stück nach oben schob, bis er es schlussendlich ganz ausgezogen hatte. Keine Reaktion, er betrachte nur meinen zierlichen Oberkörper, welcher mit blauen Flecken gezeichnet wurde und fasste mit seiner großen Hand liebevoll um meine Mitte. Er raunte, als er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte:
,,Ich werde ihn das nur durchgehen lassen, weil du es so willst, aber bitte tu mir diesen einen Gefallen, sobald er dich wieder anfasst, komm zu mir“, nicht verstehend drängte ich ihn leicht von mir weg:
,,Das tue ich doch sowieso immer“, der 18-Jährige schüttelte den Kopf.
,,Ich meine damit, dass du bei mir bleibst, für immer...ich kann für nichts mehr garantieren, wenn ich noch mehr dieser Flecken auf deinem Körper sehe.“~*~
Angeblich war der Mensch einer der besondersten Wesen auf dieser Erde.
Er besaß Gefühle.
Doch was, wenn er nicht mehr in der Lage war Liebe zu spüren, was brachten ihm diese Empfindungen dann noch.
Wenn der größte Teil seines Körpers nur durch Hass lebte.
Was hatte das Leben ab diesem Zeitpunkt für einen Sinn?
Genau, gar Keinen.
,,Wohin gehst du“, ich blieb stehen, meine Wimpern zuckten auffällig oft und alles in mir zog sich zusammen, als ich die Schritte hinter mir lauter werden hörte. Ein paar Meter hielt er Abstand, ich wusste es ohne mich umdrehen zu müssen:
,,Lass mich raten, du triffst dich wieder mit diesem Ghettojungen“, ein angeekeltes Geräusch verließ die Kehle meines Vaters, ,,Er ist Abschaum Liebes, außerdem denk an mich und deine Mutter, wir haben einen Status.“
Ghettojungen, schon allein bei diesem Namen stellte es mir jegliche Haare zu Berge.
Streitlustig wendete ich mich dem Schwarzhaarigen zu, trat auf ihn zu, so nah, dass ich fast seine Nasenspitze berührte.
Jedoch nur knapp.
,,Euer scheiß Status geht mir am Arsch vorbei“, giftig fletschte ich meine Zähne, ,,Und dieser Junge, ihr seid mehr Abschaum, als er je sein könnte.“
Und jedes Wort entsprach der Wahrheit.
Diese Menschen, die man von außen hin Familie nannte, waren die Grausamsten, die ich kennengelernt hatte.
Abschaum, purer Abschaum.
Überrumpelt sah der Mann mich an, die Augenbrauen vor Entsetzen angezogen presste er hervor:
,,Was erlaubst du dir, macht er dich jetzt auch noch mutiger? Glaub mir, ich würde das an deiner Stelle lieber sein lassen Schätzchen.“
,,Fahrt zur Hölle.“
Ich wusste, dass ich ihm somit einen Grund gegeben hatte, mir jeden einzelnen Knochen meines Körpers zu brechen.
Doch ich bereute es nicht, kein bisschen.
Wie, als wäre es eine Schockreaktion, schlug er mir harsch gegen die Wange, mein Kopf wendete sich zur Seite:
,,Du hast niemanden, du hast keine Wahl“, ein triumphierendes Grinsen setzte sich imaginär auf meine Lippen, als ich wahrnahm, wie viel kleiner ihn meine neue Übermut gemacht hatte.
Nicht ich hatte niemanden, sie hatten niemanden.
Langsam drehte ich mich wieder zu meinem Vater, ein echtes Lächeln streckte ich ihm entgegen:
,,Ich weiß nicht, was euch zu den Leuten gemacht hat, die ihr heute seid. Doch auch wenn ihr mich mehr als nur gehasst habt, wünsche ich euch, dass ihr genauso Liebe erfahren werdet.“~*~
Es war bereits 0:00 als ich aus dem geöffneten Fenster in die pechschwarze Nacht hinausblickte. Den Rucksack fest im Arm sah ich mich nochmal tief durchatmend in meinem früheren Zimmer um, bevor ich auf Fensterbrett stieg und ins dunkle Nichts hinunterschaute. Ich hatte keine Ahnung, ob es gut gehen würde, doch auch, wenn ich Angst vor den Folgen hatte, sprang ich.
Nicht für (S/N), nicht für Namjoon, für mich.
Ich dachte an alles, an den Tod meiner Schwester, an Namjoon, an meine Eltern, besonders der letzte Gedanke schnürte mir die Luft ab.Es hatte sich zuvor angehört, wie die letzten Worte, die man zu jemanden sagte und obwohl mir selbst noch nicht ganz klar war, wie es nun weiter gehen sollte, wusste ich eines.
Das hier, war das erste Ende.
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Trust
FanfictionIch kannte ihn nicht, er war ein Fremder. Ein vertrauter Unbekannter, an den ich mein Herz bereits verschenkt hatte, noch bevor ich wusste, wer er tatsächlich war. [Kim namjoon & reader/girl] ...