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Ich wechselte die Schule; kam von der sechsten Klasse in die Mittelstufe und bemerkte schnell, dass dort vieles anders war.
Ich war zum ersten Mal beliebt, ohne etwas dafür tun zu müssen.
Es lag wohl an meinem Aussehen, denn ich ging nicht einmal zwei Wochen in meine neue Klasse und erfuhr schon von dem ersten Mädchen, das auf mich stehen sollte.

Zudem machte ich mir mein Leben; sowie am Anfang der Grundschule, nicht unnötig schwer, indem ich alle Menschen sofort von mir wegstieß.
Ich versuchte freundlich zu sein und fand so direkt Menschen, die glaubten, sich mit mir zu verstehen.

Doch sie täuschten sich.
Denn es war nicht ich, der mit ihnen befreundet war, sondern eine Figur, die ich mir ausgedacht hatte.
Eine Figur, die ich spielte, als Maske trug, damit andere nicht in mich hineinsehen konnten.
Damit sie nicht sahen, wie sehr ich von ihnen gelangweilt war und wie wenig wir uns doch in Wirklichkeit verstanden.

Sie würden mich nicht verstehen.
Sie würden nur sehen, dass ich anders als sie war und das würde mir nur schaden.
In dieser Gesellschaft kam man schneller und einfacher voran, wenn man wie alle anderen war.
Wenn man nur das sagte, was alle sagten, tat, was alle taten und dachte, was alle dachten.
Es gab keinen Platz für Menschen wie mich.

Der einzige Ort an dem ich sein durfte, war in der kleinen Wohnung, bei meiner Mutter und Jungkook.
Doch die Maske, die ich draußen trug, verfolgte mich selbst dort hin.

Es war anstrengend jemand anderes zu sein, die Fassade aufrecht zu erhalten und dabei sich selbst zu belügen, damit man das ganze ertragen konnte.
Doch die Wahrheit war, dass es zu viel war.
Indem ich mein fremdes Ich lebte, tötete ich mein Selbst.

Die Maske war nach außen hin Makellos, doch nach innen splitterte sie.
Die Splitter bohrten sich in mich, doch ich war nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun.
Es war eine Tatsache, mit der ich lernen musste zu leben.

Zuhause wurde ich immer kälter. Grade Jungkook gegenüber wurde ich abweisender, während ich unter Fremden (und das waren alle außer Jungkook und meiner Mutter) immer freundlicher wurde.

Ich verbrachte meine Zeit immer mehr mit Menschen, die ich nicht mochte, kam mit Mädchen zusammen, die mich nicht interessierten und entfernte mich von den beiden Menschen, die ich über alles liebte.

Als ich in die neunte Klasse kam, wechselte Jungkook ebenfalls auf meine Schule.
Es war extrem komisch für mich, ihn dort zu sehen.
Es passte für mich nicht zusammen.
In der Schule war ich jemand anderes, eine Person, die Jungkook nicht kannte und das machte es schwierig.

Ich mied ihn, ging ihm aus dem Weg, obwohl ich eigentlich das Bedürfnis hatte, genau das Gegenteil davon zu tun.
Jedesmal wenn ich ihn in den Fluren sah, zog sich meine Brust zusammen.
Ich wollte das nicht.
Ich wollte es nicht so.
Ich wollte nicht mit meinen ganzen verhassten und fremden Freunden zusammen sein, während einer der Personen, die ich liebte, direkt neben mir stand und mit jedem etwas machte außer mit mir.

Ich wünschte mir, meine Maske einfach abreißen zu können, wieder die Person zu sein, die niemandem etwas vorspielte, die an Jungkooks Seite sein konnte, während sie alle anderen Menschen einfach ausblendete.
Doch wie so oft, waren Wünsche grade Wünsche, weil sie sich nicht erfüllen konnten.

Ich beobachtete Jungkook in der Schule.
Zu Hause waren wir wie Geschwister.
Wir waren nicht mehr so vertraut wie früher, doch wir mussten uns vor dem Anderen nicht verstellen.
Wir konnten immer noch über alles reden, uns alles sagen und miteinander machen, doch wir taten es einfach nicht mehr so häufig.
Fast gar nicht.

In der Schule erkannte ich, dass Jungkook genau wie ich, sich verändert hatte.
Zwei Jahre lang hatten wir uns nur zu Hause gesehen.
Dort war er wie immer der liebevolle, fröhliche Junge, der immer sein Bestes gab, doch in der Schule war er anders.
Früher war er schüchtern und zurückgezogen.
Jetzt befreundete er sich gefühlt mit jedem an, der ihn über den Weg lief.

Er hatte Charisma und war aufgeschlossen.
Er trat ebenfalls unzähligen Sportclubs bei und es dauerte nicht lange, bis er diesen zum Sieg bei Wettkämpfen verhalf.
Man feierte ihn als Sternchen unter den Sportlern und jeder mochte ihn.

Ich selbst fand es jedoch einfach nur verwirrend, ihn so zu sehen.

Wir hatten unterschiedliche Freundeskreise.
Niemand ahnte wohl, dass wir uns kannten, geschweige denn dass wir zusammen lebten.

Wenn ich zur Schule ging, war es wie in einer anderen Welt.
Ich war anders.
Jungkook war anders.
Alles war so fremd.

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Danke fürs Lesen!💫

CATCH ME | VKOOKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt