Alea tigerte unruhig in der Wohnung umher, immer darauf Bedacht nicht zu viel Lärm zu machen, er wollte Luzi schließlich nicht wecken, der friedlich schlief. Seine Schuhe und Socken hatte er achtlos neben das Bett geworfen und Alea hatte darüber Schmunzeln müssen, immerhin war das mal wieder typisch sein Ehemann gewesen. Dieser schlief IMMER ohne Socken, egal wie kalt oder warm es war.
Mit einem Seufzer ließ sich der Sänger auf der Couch nieder und verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Wenn er wenigstens Etwas zu tun hätte. Die Tasche mit den Sachen, die Luzi im Krankenhaus gebraucht hatte, war schon längst hochgebracht und ausgeräumt. Zum Kochen war es noch viel zu früh, außerdem wusste er nicht, worauf sein Liebster Hunger hatte. Fürs Meditieren war er nicht konzentriert genug und zum Zocken oder Lesen hatte er auch gerade keinen Kopf. Nicht, wenn seine Gedanken unablässig um seinen liebsten Menschen und ihre Zukunft miteinander kreisten. Unbewusst griff er nach den zwei Ringen, die sich durch den Hautkontakt zu seiner Brust, aufgewärmt hatten. Es tat weh, dass Luzi seinen Ring nicht tragen wollte. Andererseits konnte er den kleinen Schwarzhaarigen auch verstehen. Er würde auch nicht mit Jemandem verheiratet sein wollen, den er nicht kannte.
Ein weiterer Seufzer entwich ihm und er strich sich mit der Hand durch die blonden Haare und hob den Kopf. Sein Blick blieb an dem Kratzbaum hängen, der in der Ecke stand. Luzi hatte der Tod seiner beiden Katzen vor etwa drei Monaten schwer getroffen. Er hatte aber keine Hinweise darauf gegeben, ob er Neue haben wollte und Alea hatte sich nicht getraut zu fragen.
Seine dunklen Augen wanderten weiter und blieben schließlich an einem Regalbrett hängen, auf dem eine kleine SaMo-Ratte zusammen mit einem Teddybären kuschelte. Luzi hatte es lustig gefunden. Sich hatte er als die Ratte bezeichnet, die mit ihrem Teddy – also mit Alea – knuddelte. Es passte auch insofern, dass der Teddy schließlich Aleas Entschuldigungsgeschenk gewesen war. Seither begleitete sie der Stoffkamerad durch den Alltag. Das Fotoalbum stand auf einem anderen Regalbrett, über dem Fernseher. Das kleine, kompakte Album hatte schon so einige Freunde bekommen. Sie hatten immer mal wieder bestimmte Momente als Fotos festgehalten und sie eingeklebt. So manchen Abend hatte sie damit zugebracht und so manche schöne Minute hatten sie beieinander gelegen und eben jene Bilder angeschaut, sowie die kurzen Sätze und Texte, die sie dazu geschrieben hatten. Es gab sogar ein extra dickes Album von ihrer Hochzeit. Luzi hatte darauf bestanden ein Bild von Alea im Kleid hinein zukleben – um nicht zu sagen Mehrere – und der Sänger hatte dem bettelnden Blick seines Liebsten einfach nicht widerstehen können, obwohl ihm diese Fotos immer noch furchtbar peinlich waren. Aber der Rotschopf hatte ihn nun mal um den kleinen Finger gewickelt und dieser wusste das auch. Andersherum wurde aber auch ein Schuh daraus.
Sie führten eine gute Beziehung, ein ständiges Geben und Nehmen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten und kleineren Auseinandersetzungen zwischendurch, hatten sie endlich ihre Balance gefunden und waren zufrieden gewesen. Bis jetzt jedenfalls.
Fast schon mechanisch stand der Blonde von dem Möbelstück auf und stiefelte zu dem Regal hin. Liebevoll strich er mit den Kuppen seines Zeige- und Mittelfingers über die Buchrücken, bevor er schließlich das Erste hinauszog. „Kleine Liebeserklärung", las er in seiner krakeligen Schrift. Das hier war sein Lieblingsbuch. Nicht etwa, weil er es komplett selber gemacht hatte, oder weil es die schönsten Bilder und Erinnerungen enthielt. Es gab viel schönere Bilder und Erinnerungen, wenn man es genau nahm. Zum Beispiel von ihrer Hochzeit, oder als sie zum ersten Mal gemeinsam in Urlaub gefahren waren, sprich ihre Flitterwochen. Nur sie , die Natur, die Sonne und ganz viel Zeit und Ruhe.
Es gab sogar ein ganz bestimmtes Fotoalbum, das sie verschlossen hielten, wortwörtlich. Ein kleines Schloss hinderte Unbefugte daran, hinein zu schauen. Was daran lag, dass ein paar weniger unschuldige und tugendhafte Bilder darin zu finden waren. Es hielt sich Alles im Rahmen, ganz bestimmte Körperteile waren nicht zu sehen. Nur etwa ein halbnackter Luzi, der sich auf dem Bett räkelte und verführerisch grinste, oder aber Alea selbst, wie er nach dem Duschen und dementsprechend noch klitschnass, ein Selfie von sich gemacht hatte, um seinen Liebsten ein wenig zu ärgern. Bisher waren sie beim Anschauen auch immer nur bis zur Hälfte des Albums gekommen, bevor sie ihrer Lust nachgegeben hatten und übereinander hergefallen waren.
Aber das kleine, rote Album war trotzdem sein Liebstes, weil es seine Gefühle ausdrückte und enthielt. Das konnte er nicht immer so gut mündlich. Auch Luzi liebte dieses Buch. Manchmal ‚erwischte' Alea seinen Ehemann dabei, wie er verträumt darin blätterte. Für gewöhnlich stellte er sich dann dicht hinter Luzi, schlang seine Arme um ihn und schaute ihm dann über die Schultern. Luzi würde sich dann eng an ihn schmiegen und zusammen würden sie darin stöbern.
Die Träne, die seine Wange hinab lief, konnte der Sänger nicht stoppen. Doch er wischte sie schnell weg, bevor er sich von dem Regal wegdrehte. Wenn er Pech hatte, dann würden sie solche Momente nie wieder erleben.
Kräftig schüttelte der Blonde seinen Kopf. Er durfte so nicht denken, er musste weiter darauf hoffen, dass Luzis Zustand sich bald wieder bessern würde. Denn er musste doch auf sein Kleines L aufpassen, da durfte er die Hoffnung nicht aufgeben! Alea nahm einen tiefen, wenn auch zittrigen Atemzug und schlurfte dann geräuschlos durch die Wohnung. An der fast geschlossenen Schlafzimmertür hielt er inne. Es biss sich auf die Lippe, beschloss jedoch dann sie ein kleines bisschen weiter zu öffnen und hineinzusehen.
Luzi lag eingekugelt unter der Decke und dann auch noch auf Aleas Seite. Dieser schlich sich ins Zimmer, auf Zehenspitzen um seinen Liebsten nicht zu wecken, und beugte sich runter um einen hauchzarten Kuss auf dessen Stirn zu drücken. Das hatte er einfach tun müssen, auch wenn er sich jetzt leicht schuldig fühlte. Denn der Luzi der da lag, der wollte das nicht, das hatte er klar gesagt, als er Alea den Ring zurückgegeben hatte.
„Oh Luzi..." Voller Sehnsucht blickte der Blonde auf den Schlafenden hinab. Und schweren Herzens rückte er die Decke zurecht, streichelte mit der Hand zärtlich durch schwarze Haare und verließ das Schlafzimmer dann. Nicht wissend, dass ein gewisser Jemand die Augen aufschlug und dann eine ganze Weile nachdenklich auf die geschlossene Tür starrte.
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Wenn Schicksalsschläge uns ereilen
RomanceFortsetzung zu „Auf Ewig Vereint" (und damit 4. Teil in der Aluzi Reihe... unglaublich, oder?), ich empfehle die anderen FFs zuerst zu lesen. Schicksalsschläge können Jeden zu jeder Zeit treffen. Und sie haben die schreckliche Angewohnheit, dass die...