Charlie verschluckte sich an seinem Eintopf und hustete stark.
„Warte. Du- Du weißt es?", keuchte er. Rose nickte nur und schlenderte zur Tür, als wäre es nichts Aufregendes. Sie schnappte sich eine kleine Tasche von einem der Tischchen. Er rappelte sich ein wenig hoch und schüttelte schnell die Überraschung ab.
„Dann bist du eine Hexe?", hakte Charlie hastig nach. Er wusste, dass sie nicht warten würde, bis er alle seine Fragen gestellt hatte. Ihre Miene verhärtete sich und aus ihren grünen Augen wich sämtliche Wärme.
„Nein.", spuckte sie angewidert aus und dann zog sie die Tür hinter sich zu.Er lief Gefahr, verrückt zu werden, dachte er, während er in dem kleinen Zimmer auf und ab lief. Natürlich hatte er sich nicht daran gehalten, was sie ihm gesagt hatte. Er hatte jeden Winkel des Häuschens abgesucht und jeden Raum unter die Lupe genommen. Ehrlicherweise musste er sich eingestehen, dass dies nicht viel Arbeit brauchte. Neben dem großen Zimmer, in dem er sich befand, da sowohl als Küche, Wohn- und Schlafzimmer diente gab es nur noch ein kleines separates Bad mit einer Toilette. Es war eher eine Toilette mit Dusche, wenn er sich recht besann. Aber auch das war über und über mit Pflanzen jeglicher Art bestückt. Selbst in der Dusche hatte sie vier Töpfe stehen.
Charlie hatte sich einen Stein aus einem der Blumentöpfe neben der Couch gegriffen und warf ihn immer wieder in die Luft um ihn dann zu fangen. Er war nervös. Nichts in diesem Haus schien auf Magie hinzudeuten, zum Teufel, sie hatte Gerätschaften, die er noch nie zuvor gesehen hatte aber er wusste, es konnte sich dabei nur um Muggel Alltagshelfer handeln. Selbst mit den gängigsten Aufspürzaubern hatte er nichts Verdächtiges finden können. In seiner Verzweiflung hatte er sogar versucht mit accio etwas Magisches in ihrem Haus zu finden. Aber seine Versuche waren erfolglos. Sie war keine Hexe, das hatte sie selbst gesagt. Charlie versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, dass sie vermutlich nur eine Squib war. Doch er wusste, dass sie es nicht war. Als er sie fragte, ob sie eine Hexe war, hatte er das Gefühl, sie würde ihn mit ihren grünen Augen zerfleischen. Eiseskälte war von ihr ausgegangen und ihm lief erneut ein Schauer über den Rücken, wenn er daran dachte.Das einzige, was ihn davon abhielt, das Haus wieder und wieder auf einen Hinweis abzusuchen war sein Magen. Er knurrte ständig und irgendwann hatte er sich eine zweite, eine dritte und schlussendlich eine vierte Portion des Eintopfes gegönnt. Sie konnte unverschämt gut kochen. Er hatte zuerst abgewogen, seine Finger davon zu lassen, doch wenn sie ihn vergiften hätte wollen, dann hätte sie es bereits getan. Mit einem Gedanken an Madeye hatte er jedoch einige Zauber angewandt um sicher zu gehen, dass sie ihm nichts ins Essen gemischt hatte. Natürlich schlug keiner der Zauber aus und er aß genüsslich, während er sich immer noch skeptisch im Zimmer umsah. Die einzige Uhr um Raum hing zwischen Küche und Badezimmertür und es schien ihm, als würde die Zeit rückwärts laufen.
Genervt warf er den Stein zurück in den Blumentopf, schnappte sich sein Kleiderbündel und ging ins Bad. Er wusch sich die eingetrocknete Paste vom Körper und betrachtete sich dann ausgiebig. Seine Haut schien vollkommen verheilt zu sein. Zu seiner Überraschung waren auch ältere Narben besser und die hässliche Brandnarbe die seinen ganzen Unterarm geziert hatte, war nur mehr eine helle Linie auf seiner Haut. Nein, wer auch immer Rose war, sie war keine einfache Muggel.
Charlie schlüpfte in seine Klamotten, verärgert schüttelte er den Kopf. Sie hatte sogar seine Socken gestopft. Wut stieg in ihm auf und er wusste nicht recht, warum. Rose schien ihm ständig auszuweichen. Sie hatte ihn gefunden und ihn geheilt, aber sie schien um keinen Preis etwas von sich verraten zu wollten. Warum hatte sie sich dann die Mühe gemacht? Sie wollte nicht einmal seinen Namen wissen. Je länger er darüber nachdachte, desto suspekter wurde sie ihm. Und wie dämlich er war, ihr einfach zu vertrauen! Einfach hier zu bleiben. Nein, er würde sie zur Rede stellen und wenn sie ihm keine Antworten gab, würde er sich für ihre Hilfe bedanken und sofort abhauen. Er würde keine Sekunde länger bleiben als nötig, wer weiß, was die Verrückte mit ihm vorhatte.Mit dem Zauberstab in der Hand, nun völlig bekleidet und in unerwartet gesundem Zustand, wanderte Charlie im Zimmer umher wie ein unruhiges Opalauge. Sie war bereits mehr als sieben Stunden fort. Sein Magen knurrte und er dachte an den wunderbaren Eintopf. Doch er hatte ihn bis aufs Letzte gegessen und er vermied es, etwas Weiteres hier zu verspeisen, bevor er nicht ein paar Antworten hatte.
Immer wieder blickte er aus dem kleinen Küchenfenster nach draußen, doch er konnte nur erahnen, dass sie im Wald waren. Wer wohnte vollkommen allein mitten im Wald? Und trug solche Schuhe? Er schüttelte erneut den Kopf und jonglierte nervös mit seinem Zauberstab.
Als er das Klack ihrer Absätze hörte, wandte sich Charlie der Tür zu und hatte seinen Zauberstab lässig in der Hand. Er wollte nicht zu aggressiv wirken.
Rose sah ein wenig zerzauster aus, als vor acht Stunden, als sie das Haus verließ. Doch als sie eintrat fühlte Charlie sich für einen Augenblick vollkommen gelähmt. Sie schloss die Tür hinter sich, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Ihre Augen huschten zu seinem Zauberstab und verengten sich beinahe unmerklich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn auffordernd an.
„Wie komme ich hierher?" Er begann sein Verhör sofort. Seine Stimme noch immer rau und heißer. Er hatte einen seltsam verruchten Klang, den er nicht beabsichtigte.
„Ich habe dich hergebracht.", Roses Stimme war kühl, berechnend. Er hatte keinen Zweifel daran, dass sie genau wusste, was er in den letzten Stunden getan hatte. Sie hatte seinen Zauberstab mit den Augen fixiert, scheinbar auf alles vorbereitet. Er zog die Augenbrauen verächtlich hoch. Auch wenn er nicht sehr groß war, er wusste, dass sie es niemals geschafft hatte, ihn irgendwohin zu tragen. Rose seufzte und machte einen unbehaglichen Schritt nach hinten, doch sie stieß an die Tür.
„Ich war joggen, als ich den Drachen gesehen habe. Sie kommen normalerweise nie so weit runter. Ich dachte, es wäre besser ins Haus zu gehen und ein paar Schritte vor meiner Tür hab ich dich zwischen den Bäumen gesehen. Ich dachte, der Drache hätte dich als Snack gegrillt. Du warst ziemlich stark verbrannt. Also hab ich dich ins Haus geschleift und mein Möglichstes getan, dir zu helfen. Ich kenne mich mit Brandwunden aus, musst du wissen...", erklärte sie ruhig, doch als Charlie sich nicht rührte, fuhr sie sich nervös übers Gesicht.
„Ich wollte dir nur helfen und nun steck das Ding weg!" rief sie panisch. Charlie stutzte, packte dann den Zauberstab jedoch weg. Sie schien richtig Angst davor zu haben.
„Du bist keine Hexe?", fragte er erneut, nun war seine Stimme sanft. Auch von Rose schien die Anspannung abzufallen und sie schüttelte nur den Kopf.
Gedankenverloren strich sich über ein fleischiges Blatt einer Pflanze unweit der Tür und schlüpfte aus den Schuhen.
„Bist du eine Squib?", hakte er nach obwohl er die Antwort bereits wusste.
„Was macht es für einen Unterschied, was ich bin? Glaub es oder nicht, ich will dir nichts Böses.", erwiderte sie schnippisch. Charlie beobachtete, wie sie sich aus ihrer Jacke schälte und zur Küche rüberging. Sie nahm sich ein frisches Glas und trank einige Züge, um sich zu beruhigen.
„Wie heißt du wirklich?", fragte er schließlich. Noch immer schien diese Frau mehr Fragen aufzuwerfen als zu beantworten.
„Rose.", seufzte sie und lehnte sich gegen die Küchenzeile. Auf seinen zweifelnden Blick hin meinte sie: „Rose, ich heiße Rose Graham und komme aus Wiltshire."
Charlie atmete innerlich auf. Etwas an ihr hatte sich verändert. Es lag eine Wärme in ihrer Stimme, die er bisher vermisst hatte. Er lächelte nun und beruhigte sich.
„Charlie. Charlie Weasley.", stellte er sich vor. Ihre Augen weiteten sich entsetzt und ihr Glas fiel klirrend zu Boden. Wasser und Scherben spritzten zu allen Seiten aber sie schien es gar nicht zu realisieren. Charlie machte einige Schritte auf sie zu, um ihr zu helfen, doch sie wich panisch zurück, die Augen noch immer angsterfüllt auf ihn gerichtet. Sie presste sich gegen die Anrichte in ihrem Rücken und hob die Arme abwehrend vor die Brust.
„Raus.", keuchte sie.
„Was?" Er hatte noch nie erlebt, dass jemand ihn oder seiner Familie fürchtete. Rose jedoch schien Todesangst zu haben. Ihre Hände zitterten ein wenig und sie stand geduckt vor ihm.
„Raus!", presste sie hervor und ihre panische Stimme schrillte in Charlies Ohren. Entsetzt über ihre Reaktion griff er nach seiner Jacke auf der Armlehne und tat wie ihm befohlen. Er wollte sie nicht so ängstigen. Kurz vor der Tür wandte er sich noch einmal um.
„Danke für...alles.", er bemühte sich, so ruhig wie möglich zu klingen. Rose nickte nur steif, sie hatte sich keinen Millimeter bewegt und eine Träne rann ihre Wange hinunter. Charlie seufzte, öffnete die Tür und trat hinaus in den anbrechenden Tag.
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Drachenherz & Kräuterblut
Hayran KurguCharlie Weasley kehrt nach dem Begräbnis seines Bruders nach Rumänien zurück und vergräbt sich in seine Arbeit mit den gefährlichsten Echsen der Welt. Bei einem seiner Abenteuer als Drachentrainer lernt er eine mysteriöse Frau kennen, die ein schrec...