Pünktlich um einundzwanzig Uhr kamen wir bei Tommy an. Nach einer kleinen Rundführung in seiner neuen Dachgeschosswohnung, setzten wir uns in sein gemütliches Wohnzimmer, das durch Lichterketten und Kerzenschein eine romantische Atmosphäre bietete. Während es sich Tommy in seinem Ohrensessel bequem machte, setzten Jensen und ich uns auf die weiche Couch, die direkt gegenüber von Tommy stand.
Er war verdächtig ruhig, sah mich und Jensen meist nur mit prüfendem Blick an, während er seinen Kopf auf der Hand abstützte. Aber er lächelte und grinste – also alles wie immer. Ich sagte nichts dazu, immerhin wollte ich nicht mit der Tür ins Haus fallen.
„Und die Landschaft ist wirklich großartig geworden.", schwärmte Jensen, als wir auf das Thema Renovierung des Hauses kamen – es musste etwa kurz vor Mitternacht sein. Der Schauspieler griff zu der bereits fast leeren Rotweinflasche. Ich merkte selber, wie ich bereits etwas angetrunken war. Die Welt war farbkräftiger und teilweise ein minimales bisschen verzerrt. Trotzdem nickte ich mit einem Grinsen, als mir Jensen anbot ein weiteres Glas Wein einzuschenken.
Tommy hingegen war noch mit seinem ersten Glas beschäftigt, aber er war nie der große Alkoholvernichter gewesen. Diesen Part hatten immer andere in unserer Clique übernommen.
Jensen goss erst mir, dann sich ein Glas ein. Er stellte die leere Flasche auf den Boden, nahm das Glas und trank einen Schluck.
„Ihr hattet Sex, oder?", fragte Tommy.
Jensen verschluckte sich. Er musste sich scheinbar zusammenreißen den Wein nicht auszuspucken. Hüstelnd hielt er sich die Hand vor den Mund und wartete, bis sein Anfall vorbei war.
„Was?", fragte ich währenddessen etwas entsetzt und streichelte Jensens Rücken. Dieser war etwas rot angelaufen und hustete.
„Na hört mal, Kinder.", meinte Tommy und schmunzelte. „Das merkt man doch sofort.".
„Wie meinst du das?", fragte Jensen nun krächzend. Er hatte sich etwas gefangen und räusperte sich nur.
Tommy deutete auf mich. „Zum Beispiel das, Süße. Du streichelst ihm über den Rücken, er schenkt dir Getränke ein. Oder wie ihr miteinander sprecht. Ihr seid einfach viel zu vertraut.", meinte er und bewirkte, dass ich meine Hand schlagartig von Jensens Rücken nahm. „Außerdem hat er dir die Tür aufgehalten, er hat dir geholfen den Mantel auszuziehen und er-.".
„Okay.", mischte sich Jensen ein. „Wir haben es verstanden.". Er nahm das Weinglas und kippte den Inhalt mit einem Mal hinunter.
„Also habt ihr?", fragte Tommy mit einem triumphierenden Grinsen und nippte an seinem Weinglas, während seine Augen uns prüfend musterten.
Jensen und ich sahen uns gleichzeitig an. Eigentlich hätte dies schon als Antwort gereicht. Jeder Blinde hätte die Anziehung gesehen, die in unseren Blicken lagen. Es brauchte noch nicht einmal eine Antwort von uns. Wissend ließ sich Tommy tiefer in den Sessel sinken und schlug die Beine übereinander. „Wusste ich es doch.", murmelte er. „Auf meinen Riecher ist Verlass.".
Ich schmunzelte, als Jensen seinen Blick senkte. Langsam kam ich mir vor wie eine verliebte Teenagerin, die gerade neben ihrem ersten Schwarm saß. Glücklicherweise rettete mich Tommy, der nach einem flüchtigen Blick auf sein Handy bemerkt hatte, dass es kurz vor Mitternacht war. Flink sprang er auf, stellte drei Sektgläser auf den Tisch und kramte eine gekühlte Flasche aus dem Kühlschrank. In rasender Geschwindigkeit schüttete er die prickelnde Flüssigkeit in die Gläser.
Nur noch wenige Sekunden bis zum neuen Jahr. Wir waren nach draußen, auf Tommys Balkon gegangen, um anzustoßen. In der Ferne hörte man schon Böller und Raketen. Mit den Sektgläsern in den Händen zählten wir laut mit.
„Drei!... Zwei!... Eins!", eine Rakete erleuchtete direkt über uns den Himmel und explodierte in schillernden Farben. „FROHES NEUES JAHR!". Mit einem Klirren stießen wir an und nahmen einen Schluck von dem Sekt, während wir in den bunten Himmel blickten.
Plötzlich platzierte Jensen seine Hand sanft an meiner Wange, trat einen Schritt näher an mich heran und beugte sich hinunter, bis sich unsere Lippen zu einem intensiven Kuss trafen. Seine Lippen schmeckten nach Sekt und noch ein wenig nach dem süßlichen Wein. Ich schmolz dahin, als seine Hand von meiner Wange abließ und er stattdessen etwas Druck auf meinen Rücken ausübte, sodass ich gegen ihn gedrückt wurde und seine Körperwärme spüren konnte.
Ein urplötzlicher Blitz ließ uns beide zusammenfahren. Zeitgleich blickte wir uns zu Tommy um, der grinsend auf seine Polaroid-Kamera blickte, die er in den Händen hielt. Wie immer wunderte ich mich, wie schnell dieser Mann doch sein konnte. Und vorallem, was er alles für Zeug besaß!
„Endlich mal ein guter Grund dieses alte Ding rauszuholen.", kommentierte er und wartete, bis die Kamera das Bild ausspuckte.
Jensen und ich hatten uns währenddessen vollkommen voneinander gelöst und standen nun hinter Tommy. Neugierig schielten wir über seine Schulter. Er hielt das Foto, auf dem man noch nichts sehen konnte, zwischen seinen Händen und schlackerte es etwas in der Luft herum.
„Das wird noch einen Moment dauern.", erklärte er. „Ich gehe aber solange wieder rein, sonst friere ich mir noch meinen kleinen, süßen Hintern ab.".
Natürlich folgten Jensen und ich dem Gastgeber. Immerhin wollten wir dieses Foto sehen! Aber es dauerte wirklich einige Minuten, die wir mit einer Unterhaltung über diesjährige Pläne totschlugen. Tommy war der erste, dem auffiel, dass sich das Foto nun vollständig entwickelt hatte.
„Oh, das ist schön geworden.", hauchte er, als er es in den Händen hielt und reichte es an uns weiter, um sich danach wieder in seinen Sessel fallen zu lassen und mich und Jensen zu beobachten.
Jensen hielt das Foto so, dass ich es auch sehen konnte. Trotzdem rückte er noch ein Stück näher an mich heran, sodass sich unsere Beine berührten. Mit einem Lächeln betrachtete ich das Foto, das von einem professionellen Fotografen hätte sein können.
Jensen und ich standen küssend im Vordergrund. Unsere Körper waren durch den Blitz etwas erhellt und bildeten zu dem schwarzen Hintergrund einen perfekten Kontrast. Eine riesige Rakete war im Hintergrund explodiert und zauberte lila Funken in den dunklen Himmel. Ein wahrlich zauberhafter Moment!
„Das ist wirklich schön geworden.", meinte Jensen und lächelte, sah dann aber Tommy an. „Darf ich das behalten?", fragte er unsicher und hob das Foto etwas hoch.
„Natürlich.", entgegnete Tommy.
„Danke.", hauchte Jensen und blickte wieder auf das Foto. „Das kommt gleich an den Kühlschrank, wenn wir wieder zu Hause sind.".
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Wie Rome und Julia
Fanfiction„Weißt du.", sagte er mit zitternder Stimme, die verriet, dass er jeden Augenblick in Tränen hätte ausbrechen können. „Ich dachte, das mit uns wäre etwas besonderes. Ich dachte wirklich, wir hätten eine Zukunft... Wir zwei, in Dustins Haus... mit ei...