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Pov. Louis

Mit Tränen in den Augen höre ich mir gerade Harrys Song "Sweet Creature" zum 14. Mal an.
Jedes Lied in diesem Ordner ist ein Liebeslied und ich habe das Gefühl, dass er sie nur für mich geschrieben hat, auch wenn das unwahrscheinlich ist.
Die Texte der Stücke gehen mir unter die Haut, die Melodien ebenso.
Ich könnte mir Harrys Stimme für den Rest meines Lebens anhören.
Als ich auf die Uhr gucke, realisiere ich, dass es fast halb zwei ist. Ich entschließe mich dazu schlafen zu gehen, weil ich morgen in die Schule muss.
Als mein Laptop heruntergefahren ist und ich schon im Bett liege, leuchtet das Display meines Handys auf.
Ein Anruf.
Ich erwarte, dass es Phil ist, oder jemand meiner Freunde, aber es leuchtet Harrys Name auf.
Unschlüssig, ob ich ran gehen soll oder ihn ignorieren, starre ich mein Handy an.
Ich habe es drei Wochen lang geschafft ihn vollkommen aus meinem Leben zu verbannen, zwar bin ich währenddessen eingegangen wie eine Blume ohne Wasser, aber das ist nebensächlich.
Trotz meiner Gedanken, drücke ich auf annehmen und halte mir mein Handy ans Ohr.
Lange höre ich nichts und denke schon daran, dass es ein versehen war, bis ich ein Schluchzen höre.
,,L-lou?", fragt Harry heißer, mit gebrochener Stimme.
,,Harry, was ist los? Was hast du? Geht es dir gut?", frage ich ihn panisch.
Als Antwort bekommt ich einen herzzerreißenden Aufschrei, gefolgt von einem weiteren Schluchzen zu hören.
,,Nein, nein mir geht er nicht gut", seine Stimme ist leise, wie ein Flüstern und tränenerstickt.
,,Kannst du bitte her kommen? Ich hab sonst niemanden."
Seine Stimme ist weiterhin so leise, dass ich mir wirklich Mühe geben muss, ihn zu verstehen.
,,Ich bin gleich da", sage ich ohne lange zu überlegen.
Ich suche mir meine Sachen zusammen, die im übrigen nur aus meiner Jacke und meiner Brieftasche bestehen und polterte die Treppen herunter.
Dass es mitlerweile so spät ist, habe ich wieder vergessen.
Mein Vater jedoch nicht. 
Gerade als ich mir pansich meine Schuhe anziehe, sehe ich seine Füße auf dem Boden.
,,Was wird das, wenn es fertig ist?", fragt er streng.
,,Ich muss zu Harry", sage ich schnell und schnappe mir meinen Schlüssel. Ehe ich die Tür aufreisen kann, hält mein Vater mich zurück.
,,Du musst aber auch schlafen und in die Schule."
Sein Ton klingt scharf und autoritär.
,,Dad, ich muss jetzt zu Harry. Es geht ihm nicht gut."
,,Du bist sicher nicht die einzige Bezugsperson die er hat. Du bist sein Schüler", erwidert er.
Er verschrenkt die Arme vor seiner Brust und ich sehe die Möglichkeit zu flüchten.
,,Sorry, Dad", sage ich, bevor ich die Tür aufreiße und hinausstürme. Es schüttet wie aus Eimern und meine ganzen Klamotten sind vollkommen durchnässt, aber das einzige was jetzt zählt ist Harry.

Nach einem zehn Minuten Sprint stehe ich vor seiner Tür. Ich klingel und klopfe panisch dagegen, als ob mein Leben davon abhinge.
Nach ein paar Sekunden geht die Tür auf.
Mir schaut ein verheulter Harry entgegen. Direkt in seinen Augen sehe ich unglaublich viel Schmerz. Er zittert leicht, wie ein verängstigter Hund.
Ehe ich irgendetwas machen kann, lässt er sich in meine Arme fallen und wir stehen beide eng umschlungen im Regen - Klischee...
Sanft drücke ich Harry an mich und streiche ihm über seinen Rücken, in der Hoffnung, dass er sich beruhigt.
Währenddessen schluchzt er wieder an meine Schulter.
,,Hey Harry, komm wir müssen rein. Wir werden krank", flüstere ich ihm sanft ins Ohr und tatsächlich löst er sich von mir und zusammen gehen wir rein.
Während ich meine Schuhe und meine Jacke ausziehe, steht Harry vor mir. Er hat seine Arme um sich selbst geschlungen und ist still.
Als ich fertig bin, drücke ich seinen Kopf hoch, sodass er mir in die Augen gucken muss.
Kurz starren wir uns an, bis er sich nach vorne beugt und seine Stirn an meine legt.
,,Du bist hier", flüstert er leise.
,,Sieht ganz so aus", erwidere ich und ich sehe ihn leicht aber gequält schmunzeln.
,,Wollen wir ein Bad nehmen? Wir sind beide komplett durchnässt und du kannst dich beruhigen und erzählen was passiert ist", sage ich sanft und streiche mit meiner Hand ein paar nasse Locken hinter sein Ohr.
Er seufzt kurz schwer und nickt dann.
Gemeinsam gehen wir in sein pompöses Badezimmer und ich lasse uns Wasser in die riesige Badewanne ein.
Währenddessen hat sich Harry entkleidet und guckt abwesend auf den Boden.
Auch ich ziehe mich aus und nehme Harry an die Hand, um ihn mit mir zu ziehen.
Ich steige zuerst in die Wanne, Harry danach.
Er liegt zwischen meinen Beinen, sein Rücken an meinem Bauch geschmiegt.
Sein Hinterkopf liegt auf meiner Brust.
Sanft drehe ich seinen Kopf so, dass er meinen ruhigen Herzschlag hören kann, in der Hoffnung, dass er sich langsam beruhigt.
Das Wasser ist angenehm warm und riecht nach Orange und Eykalyptus.
Wir liegen bestimmt zehn Minuten still da. Auch wenn Harry größer ist als ich, bin ich sein Beschützer. Ich halte ihn ohne Probleme und wir beide entspannen uns. Ich kann förmlich spüren, wie es Harry besser geht.
Jedoch ist momentan nichts mehr von dem lustigen und selbstbewussten Harry Styles übrig, den ich kennen gelernt hatte.
Vor mir liegt ein verletzter und gebrochener junger Mann, dessen Seele mit unsagbar viel Schmerz gefüllt ist.
Abwesend streiche ich über Harrys Schlüsselbeinknochen, woraufhin er sich noch enger an mich schmiegt und seine Hände um meinen Torso schlingt.
,,Was ist los, mh?", frage ich ihn leise doch er schüttelt nur den Kopf.
,,Komm schon, ich bin mitten in der Nacht zu dir gekommen, weil es dir schlecht geht. Jetzt will ich aber auch wissen warum", sage ich etwas schärfer
Harrys Augen werden wieder wässrig und sofort bereue ich meine Ausdrucksweise.
,,Er ist gestorben", sagt Harry letztendlich nach langen Schweigen.
,,Mein Vater ist die Nacht gestorben und ich konnte nicht bei ihm sein, nicht seine Hand halten. Ich war hier, obwohl ich im Auto auf dem Weg zu ihm sein sollte. Ich bin doch schon so oft hin, weil wir dachten er stirbt. Ich konnte das nicht nochmal mit ansehen, aber nun war ich nicht da. Als er mich wirklich gebraucht hat, war ich nicht da."
Harry weint wieder. Nicht leise, wie man es oft aus Filmen kennt. Nein, Harry schluchzt laut gegen meine Brust. Beinahe schreiend drückt er sich noch fester an mich. Tränen laufen ihm ungehalten über sein Gesicht.
,,Es ist so grausam, er hat immer vor Schmerzen geschrien, als es ihm so ging. Seine mit Angst erfüllten Augen sehe ich immer noch vor mir. Nur heute war der Krebs stärker. Er hat nach mir gefragt Lou, immer und immer wieder. Er wollte das ich bei ihm bin. Aber ich war nicht da. Er starb nicht allein, aber ich habe gefehlt. Ich konnte mich nicht verabschieden, ihn nicht beruhigen. Das zu wissen, tut fast so sehr weh, wie der Verlust an sich."

Ich starre auf den Mann, der auf mir liegt, der einem aufeinmal so viel jünger vorkommt, als er wirklich ist.
Ich ziehe ihn noch fester an mich, sodass sein Kopf in meiner Halsbeuge liegt.
Er kuschelt sich dort hinein. Sein gesamter Körper ist meinem mitlerweile zugewandt. Er weint immer weiter, wird aber auch schläfrig.
,,Oh, mein armer, kleiner Harry", flüstere ich ihm ins Ohr, während ich sehe, wie er sich langsam endgültig beruhigt und einschläft.

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Oh, Mann. Das tat weh :(

Raise up your voice - larry stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt