1.4 ♛ Kate

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»Der Chester's Clan ist ein Zusammenschluss aus Leuten, die Eckstein dienen«, erklärt Liam.

»Und was haben sie davon?«, entfährt es mir mit gerunzelter Stirn.

»Sie erhalten Dienstleistungen, die sie sonst nirgendwo bekämen.« Liam betont seine Aussagen mit passenden Gesten.

»Wie zum Beispiel einen Auftragsmord«, schnauze ich spöttisch.

»Psst, Kate, nicht so laut«, ermahnt Candice mich. »Wir sind noch immer unter Leuten.«

»Ist mir scheißegal, Candice, ich will die Wahrheit hören!« Ich wende mich wieder an Liam und sehe ihn fragend an.

»Dienstleistungen können eine Geschäftsbeziehung, ein Job oder auch gute Noten in der Schule sein, die einem wiederum helfen, an einem guten Collage angenommen zu werden, oder sogar ein Stipendium zu ergattern.«

»Aber der Preis dafür ist hoch.« Ich sehe ihn durchdringend an.

»Wenn man verzweifelt ist, nimmt man alles, was man kriegen kann.« Liam blickt nachdenklich zur Tischplatte und in diesem Moment tut er mir beinahe etwas leid. Ich habe beinahe das Bedürfnis, ihm Trost zu spenden. Aber nur beinahe. »Viel zu hoch.« Er schüttelt den Kopf, als müsse er etwas loswerden.

»Und welche Dienstleistung hast du in Anspruch genommen?«, fragt Candice interessiert an ihn und stützt ihr Kinn an ihren Händen ab.

»Noch keine, erst muss ich im Clan aufgenommen werden. Aber wenn es so weit ist, wollte ich meine Noten aufbessern, um am MIT angenommen zu werden. Es schien mir so verlockend.«

»Und du Mary?« Candice stellt die Frage auch an sie.

»Ich wollte nach Nicoles Tod einfach nur Rache.« Sie lächelt traurig. »Aber es sind so schlimme Dinge geschehen, dass ich das Wort Rache eigentlich nie mehr in den Mund nehmen will. Weil ich so schonungslos vorgegangen bin, hat man mich sogar gleich in den Chester's Clan aufgenommen und...«, sie hebt ihren Pulli an, »mir dieses Tattoo gestochen.«

Kaum zu glauben, aber oberhalb ihrer Hüfte prangt der Adler von der blauen Bonbonschachtel, der sich auf ihrer blassen Haut kraftvoll abhebt.

»Krass«, entfährt es mir. »Es ist genau dasselbe Zeichen.«

Ich will ihnen schon erklären, dass wir die Bonbonschachtel im Moshannon Manor gefunden und wir die Marke auch im Internet Recherchiert haben, doch Candice bedenkt mich mit einem strengen Blick. Sie will Vorsicht walten lassen. Erst müssen wir ihr Vertrauen gewinnen.

Dann kommt mir ein anderer Gedanke, den ich so schnell wie möglich loswerden will. Er muss einfach raus. »Ha..hast du«, beginne ich mit vorsichtiger Stimme, »oder habt ihr Nicole, Louise oder Mrs. Campbell umgebracht?«

»Nein, das haben wir nicht«, antwortet Mary.

»Und andere?«, frage ich nach, um auf Nummer sicher zu gehen.

»Nein.« Liam schüttelt den Kopf. »Gott sei Dank ist es noch nicht so weit gekommen.«

»Aber wir haben Angst, dass es so weit kommt«, ergreift wieder Mary das Wort und in ihren Augen liegt Angst. »Ich will keine Mörderin sein!« Tränen sammeln sich in diesem Moment in ihren Augen.

»Und deshalb wollen wir euch helfen.« Liam blickt mir eindringlich entgegen.

Am liebsten würde ich mich von seinen dunklen Augen losreißen, doch ich kann nicht. Seine Haut ist makellos wie immer und schimmert im Licht der warmen Innenbeleuchtung des Nighthawks.

»Und was ist mit der Drohung an mich, dass das mit uns öffentlich werden sollte?«, frage ich schließlich nach, um mich aus diesen Gedanken für ihn zu befreien.

Greyforks | Staffel 2 || SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt