Greyforks | Staffel 2 || Serie

4.5 ♛ Kate

»Und, wie war ich heute?«, frage ich Mary mit leuchtenden Augen, als wir uns gerade in unserem Salon eine Top-Model Sendung ansehen. Ich beuge mich gespannt zu ihr und sehe sie an.

Mary starrt noch immer fokussiert auf den Bildschirm und nimmt keinen Blickkontakt auf. »Für...für deinen ersten Tag ziemlich gut, würd' ich sagen.«

Eine Welle der Wut fährt augenblicklich durch meinen Körper, doch ich versuche es mir, nicht anmerken zu lassen. »Du...du findest, ich bin nicht gut, hab ich recht?«

Mary sieht mir etwas gequält entgegen. Ich kann förmlich beobachten, wie sich mit sich selbst ringt. »Naja, du solltest dir vielleicht etwas weniger Gedanken darum machen, wie du während der Choreo aussiehst und stattdessen einfach tanzen.«

»Woher willst du wissen, dass ich mir Gedanken darum mache?«, kommt es etwas schroffer als geplant aus meinem Mund. Es ärgert mich, dass ich so leicht zu durchschauen bin.

»Man sieht es einfach, Kate.« Mary konzentriert sich wieder auf den Bildschirm vor uns, auf dem gerade ein bockdürres Model entlangläuft. »Du wirkst eben mehr wie ein...«, sie deutet auf den Fernseher, »...Model. Eine Cheerleaderin braucht eben auch Rhythmusgefühl.«

Jetzt wende ich meinen Blick auch ab. Die bewegenden Bilder auf dem großen Flachbildschirm interessieren mich dabei aber kaum. »Dann habt ihr mich damals einfach nicht genommen, weil ich schlecht war«, murmle ich zu mir selbst. »Ihr hattet rein gar nichts gegen mich.«

»Natürlich nicht, Kate.« Marys Stimme klingt plötzlich ganz weich.

Ich lache verbittert auf. »Dann bin ich anscheinend echt die Bitch in der Geschichte gewesen.« Dann sehe ich wieder zu Mary und in diesem Augenblick treffen sich unsere Blicke. »Es tut mir leid wegen Nicole. Ich wünschte, ich hätte sie nicht so gehasst.«

»Sie hat dich immer bewundert, weißt du.« Mary lächelt und schaut mir mit ihren dunklen Augen tief in meine. Unsere Nasen berühren sich jetzt beinahe und ich kann ihren Atem auf meiner Nasolabialfalte fühlen. »Und ich...ich wollte, dass du weißt, dass ich dich das auch habe.«

Im nächsten Moment finden unsere Lippen zueinander. Ihre sind warm und weich wie ein samtenes Kissen. Ich habe in diesem Moment keine Ahnung, was ich da überhaupt mache und was hier geschieht. Ich weiß nur, dass es sich auf seltsame Art und Weise gut anfühlt.

Plötzlich gibt mein Handy einen Ton von sich und wir stoben wie zwei verschreckte Rehe auseinander.

Ich blicke auf den erhellten Bildschirm und sehe, dass es eine Benachrichtigung von der App »Freunde« ist. Ich habe eingestellt, dass die App mich benachrichtigen soll, sobald sich eine von uns in die Nähe des Moshannon Manor begibt. Und das ist jetzt anscheinend bei Candice der Fall.

»Kate, was ist?«, fragt mich Mary, die anscheinend mein besorgtes Gesicht erkannt hat.

»Komisch«, murmle ich und sehe dann zu Mary auf, »Candice hat sich in die Nähe des Moshannon Manor begeben.«

»Was?«, entgegnet sie perplex. »Warum macht sie das denn allein?«

»Nein, ich denke nicht, dass sie allein ist«, überlege ich. »Ich glaube, Brandon ist mit ihr wieder zu dem See gefahren.« Als ich die App öffne, bestätigt sich meine Annahme. »Ja, sie ist gerade am See mit Brandon.«

Dann sehen wir uns wieder in die Augen. Ich habe keine Ahnung, ob ich sie noch einmal küssen soll. Unsere Köpfe kommen sich wieder näher, während im Hintergrund noch immer diese Modelsendung läuft.

Ich kann wieder ihren Atem fühlen und schließe meine Augen. Als ich schon meine, ihre wunderbaren Lippen zu fühlen, geschieht einfach nichts.

Ich schlage meine Augen auf und Mary blickt mir mit einem verschreckten Ausdruck entgegen. »Ich...ich sollte jetzt vielleicht besser gehen«, faselt sie unruhig und greift nach ihrer Jacke auf dem Sofa. »Ich bin ganz durcheinander und muss nachdenken...«