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Nach dem Vorfall mit Grayson vergingen drei Tage, drei ganze Tage, bis das geschah, was Riven sich seit über einer Woche gewünscht hatte

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Nach dem Vorfall mit Grayson vergingen drei Tage, drei ganze Tage, bis das geschah, was Riven sich seit über einer Woche gewünscht hatte. Acht Tage klangen nach wenig. Ein wenig mehr als eine Woche. Was waren acht Tage denn schon? Die Antwort war: Eine Ewigkeit. Für Riven hatte es sich angefühlt wie eine Ewigkeit, als sie neben ihm gewartet hatte, nicht sicher, ob er denn überhaupt jemals aufwachen würde. 

Doch dann tat er es. 

Es musste passiert sein, als sie geschlafen hatte, denn als sie wach wurde, sich im Bett drehte, gähnte und ihr Gesicht erneut im Kissen vergraben wollte, um noch ein bis zwei Stunden mehr Schlaf zu bekommen, hörte sie ein leises Lächeln. Und verdammt, sie kannte dieses Lächeln. 

Ihre Augen rissen sich augenblicklich auf. Und dort war er. Jaxon. Sitzend auf dem Bett direkt vor ihr. Seine dunklen Haare so unordentlich, wie sie es immer waren und in einem weissen Shirt gekleidet, welches er noch nicht getragen hatte, als sie sich vor ein paar Stunden neben ihn gelegt hatte. Nicht mehr blass, nicht mehr kränklich. Ein Lächeln auf seinen Lippen, auch wenn es nur ein kleines war. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Was, wenn alles bloss ein Traum war? Wenn er bloss ein Hirngespinst war? Es würde sie nicht überraschen, irgendwann musste sie doch verrückt werden, ein Wunder, dass es nicht bereits früher geschehen war.

"Jaxon...", wisperte sie. Hunderte, vielleicht tausende Male hatte sie sich vorgestellt, wie sie reagierte, würde er aufwachen, aber in diesem Moment, als es endlich soweit war, blieb sie einfach bloss sitzen und starrte auf ihn. 

"Naseweis.", schmunzelte er und strich ihr eine ihrer kupferfarbenen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Dann endlich, als sie seine Stimme hörte und seine Berührung spürte, das erste Mal seit Tagen, erlangte sie wieder die Kontrolle über ihren Körper, fuhr nach vorne und warf sich kurzerhand auf ihn. Ihre Arme um seinen Hals gewickelt, atmete sie den Geruch von Zimt ein, den er immer auszuströmen schien und spürte, wie er zögerlich seine Arme ebenfalls um sie legte. Seine Fingerspitzen an ihrem Rücken und sein Kinn auf ihrem Kopf ruhend. So verweilten sie eine Weile und nur so, und das begriff sie erst in diesem Moment, fühlte sie sich tatsächlich zuhause. In diesem Moment schien endlich wieder alles zu stimmen.

"Wie lange...?"

"Acht Tag.", flüsterte sie leise, er nickte leicht. Es hatte bloss acht Tage gebraucht, damit er sein Leben von 26 Jahren vor seinem inneren Augen abgespielt bekommen hatte, all die Erinnerungen zurückerhalten hatte. Acht Tage. Und alles, was er fühlte war... Wut. Kochende, heisse, dampfende Wut, von der er wusste, dass sie, würde er sie vollkommen zulassen, seinen Körper zum Beben bringen, seine Stimme sich überschlagen lassen und das Blut in seinen Ohren rauschen lassen würde.

Er presste für eine Weile seine Augenlieder aufeinander, bevor er tief einatmete und sich langsam von ihr löste. 

Ihre waldgrünen Augen starrten verwirrt in seine und ihre Augenbrauen zuckten kurz zusammen. Sie war verunsichert, er spürte es ganz genau. Das beklemmende Gefühl Und er hasste es. 

"Ich...", gab er von sich, wusste allerdings nicht, was er sagen sollte. Der Anblick ihrer grünen Augen beruhigten ihn zumindest. Wie er diese Augen doch vermisst hatte.

"Du bist wieder wach.", stammelte sie.

"Sieht so aus.", schmunzelte er und fuhr sich durch seine dunklen Locken, "Hätte ich gewusst, dass du dich gleich auf mich stürzt, wäre ich schon früher aufgewacht."

Er küsste sie. Sanft und kurz auf ihre Lippen. Wahrscheinlich zu sanft und um einiges zu kurz. Dann stand er ruckartig auf und lief auf die Terrasse des Baumhauses, wo er die Nachtluft tief ein und ausatmete. Sein Körper war angespannt und seine Finger umklammerten so stark das dunkle Holz des Geländers, dass sie fürchtete, er würde es in kürzester Zeit zerbrechen. 

"Jaxon?"

"Etwas ist anders.", gab er von sich, als er in die Ferne starrte. Sie stellte sich neben ihn und beobachtete ihn sorgenvoll, während sich ihre Hand auf seine legte und ihre Finger sich mit seinen verhakten. Was auch immer er in der Ferne betrachtete, sie erkannte es nicht. Dass sich etwas verändert hatte, wusste sie, aber sie glaubte kaum, dass er die Kluft in der Runde meinte, sondern irgendetwas anderes. 

"Was?"

"Ich weiss es nicht.", flüsterte er, "Aber da ist definitiv etwas und es ist nicht positiv."

Ganz sicher war er sich nicht, ob sich nun die Insel verändert hatte oder ob vielleicht auch einfach er derjenige war, der sich verändert hatte. Irgendetwas stimmte nicht. Er konnte es fühlen, es zu beschreiben war allerdings eine Schwierigkeit. Letztendlich wäre er naive, hätte er geglaubt, dass die Erinnerung an sein früheres Leben nichts verändern würde. Seine Wahrnehmung nicht verändern würde. Und alles hatte sich verändert. Alles, bis auf Riven. So schien es zumindest. Könnte er wieder vergessen... würde er es tun? Eine genaue Antwort konnte er sich selbst nicht geben. So schüttelte er seinen Kopf und setzte ein Lächeln auf. Er hatte Riven weiss Gott bereits zu oft verängstigt. Das verdiente sie nicht.

"Keine Sorge.", wisperte er und führte ihre Hand an seine Lippen, wo er sie leicht drehte und einen Kuss auf ihren Handrücken drückte. Es war der Moment, als seine Augen bloss für ein paar Sekunden auf ihr Handgelenk fielen, in dem er die blauen und violetten Flecken darauf bemerkte. Einen Augenblick strich er mit seinem Daumen sanft über sie und wirkte so, als würde er sie studieren, bevor er schliesslich seinen Blick hob und ihn auf ihre Augen richtete. 

"Wie ist das passiert?", fragte er leise. Eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Keine Zornesfalte, sondern eine Sorgenfalte. Sie antwortete nicht, doch es benötigte nicht mehr, als dass ihre Gedanken kurz abschweiften auf den Abend vor noch drei Tagen, damit er seine Antwort erhielt und als das passierte, liess er ihre Hand los, drehte sich und sprang von der Terrasse.

"Jaxon!", schrie sie ihm nach und machte sich daran, die Leiter hinunter zu klettern, was um einiges mehr Zeit benötigte, als das simple Herunterspringen. Vielleicht hätte sie hinunterspringen sollen, sich beide Beine brechen sollen und ihn somit dazu zwingen sollen, stehen zu bleiben und ihre Verletzung zu heilen. Somit wäre er zumindest nicht auf dem Weg zu Grayson gewesen. Besorgt um Grayson war sie nicht. Oh nein, er interessierte sie kein Bisschen, wenn es nach ihr ginge, könnte er spurlos verschwinden und es würde sie nicht kümmern, so wenig, wie es ihn kümmern würde, würde sie spurlos verschwinden. Hart aber die Wahrheit. Was sie kümmerte, war Jaxons Gesundheit. Kaum aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht und schon lief er in grossen Schritten durch den Wald und hatte weiss Gott was vor?

"Jaxon!", rief sie erneut und rannte ihm hinterher. Ihn zurückhalten würde sie kaum können, doch sie hatte noch die Hoffnung, dass er von alleine stehen bleiben würde. Eine Hoffnung, die schnell erlosch.

"Jaxon!"

"Ich werde ihn töten!"

Und dann erreichte er den Waldrand, sie bloss eine kurze Zeit nach ihm. Vor ihr der Strand. Der Strand, das Lagerfeuer und die Runde. Und Jaxon, der auf die Runde zutrat. Einige bemerkten ihn, überraschende Aufrufe waren zu hören, erfreute Aufrufe genauso, einige Male wurde sein Namen gerufen, einige Male drang sein Namen auch aus Rivens Mund, doch sie blieb am Waldrand stehen und beobachtete von dort mit grossen Augen, wie er Grayson erreichte und ihn ohne zu zögern mit einem Schlag zu Boden schlug. Hören, was er ihm danach sagte, konnte sie nicht. 

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