Kapitel 24: Schuld

688 29 4
                                    

„Das darf doch alles nicht wahr sein!"

Entnervt schleudere ich den grauen Controller von mir, nur ein paar Meter entfernt macht er Bekanntschaft mit der Wand. Ich sitze im Schneidersitz vor dem Fernseher, an den Embry's Spielekonsole angeschlossen ist.
Er hat sie mir mitgebracht, nachdem ich Sam und den Rest des Rudels fast zur Weißglut gebracht habe. Aber ich würde sie schon noch dazu bekommen, sich die Haare zu färben. Paul hätte mich beinahe angefallen, als er von meiner Farbwahl für ihn erfahren hat, aber der macht mir keine Angst.

Meine Mom und Sam haben beschlossen, dass es, bis sie den Vampir gefunden haben, am besten ist, wenn Mom ich das Gästezimmer in Sam's und Emily's Haus beziehen. Zusätzlich soll ich, wenn möglich, nicht nach draußen gehen. Ich glaube, jeder kann sich vorstellen, wie unglaublich langweilig das auf Dauer ist.

Schon mehrmals stand ich kurz davor, Kelly zu kontaktieren, die ich seit meiner Flucht nicht mehr gesehen habe. Jedoch hielt mich jedes Mal die Vorstellung, sie könnte dadurch in Gefahr geraten, davon ab.
Seit nun bereits drei Tagen zocke ich beinahe durchgängig, schaffe es aber einfach nicht, dieses eine Monster zu besiegen.

Graaaah! Ist das nervig!
Schnaubend lasse ich mich auf den Rücken fallen.

„Würdest du bitte nicht meinen Controller schrotten?", murmelt Embry verschlafen von der Couch aus, auf der er sich zusammengerollt hat.
Durch die verstärkten Patrouillen bekommt er zu wenig Schlaf, was mir zunehmend Sorgen bereitet.
Noch bevor ich ihm antworten kann, vernehme ich bereits wieder ein leises Schnarchen, was mir ein kleines Lächeln auf's Gesicht zaubert.

Seufzend richte ich mich auf. Außer uns Beiden sind alle unterwegs, meine Mom ist mit Emily einkaufen, Sam und die Anderen auf Streife an den Grenzen unseres Reviers. Selbst die Cullens helfen uns, Alice beobachtet die Zukunft und ob ein Vampir Anstalten macht, unser Gebiet zu betreten, während die anderen Vampire ihre eigenen Grenzen bewachen, stetig im Austausch mit den Wölfen.

Nur ich sitze hier rum und langsam, aber sicher fällt mir die Decke auf den Kopf, der ohnehin schon von dem vielen Zocken dröhnt.
Ich beschließe, einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Was soll schon passieren?
Der Vampir kann unser Revier ja noch nicht mal ungesehen betreten. Lächelnd betrachte ich den tief schlafenden Embry bevor ich das Haus verlasse und sich sofort ein Schleier aus Feuchtigkeit auf meine Haut legt.

Der Himmel ist wolkenverhangen und die Sonne versteckt sich. Besäße ich nicht die natürliche Wärme eines Wolfes, würde ich sicher frieren.

Gemütlich mache ich mich auf in den Wald. Der Wind lässt die Bäume unheilvoll knarzen, der Boden ist von dem letzten Regen durchweicht und wann immer ich einen Schritt mache, gibt der Schlamm ein platschendes Geräusch von sich und umschließt meinen Schuh wie einen Gefangenen. Die wenigen Vögel, die sich bei diesem Wetter aus ihren Nestern trauen, singen ein glockenhelles Lied.

Ruckartig bleibe ich stehen. Obwohl der Wald für mich ein alter Freund ist, stellen sich meine Nackenhaare unheilvoll auf und ein Schauer läuft über meinen Rücken.
Doch obwohl ich mich unauffällig umsehe, entdecke ich nichts, dass eine Gefahr darstellen könnte. Ich zwinge mich selbst zur Entspannung und setze stur meinen Weg vor, das Gefühl, beobachtet zu werden, ignorierend.
Sicher reagiere ich über, nun, da meine Sinne durch den Wolf sehr viel schärfer als früher sind und nehme einfach mehr wahr als vorher.

Der Wald lichtet sich und ich betrete einen, mir noch allzu bekannten Ort.
Die Lichtung hat sich kaum verändert, doch wirkt sie trotzdem anders, irgendwie trostloser. Der Wind hat die Blumen zur Seite geknickt und die Schmetterlinge haben sich verzogen.

Plötzlich umfasst eine eiskalte Hand meinen Hals und ich werde mit dem Rücken ruckartig gegen einen Baum in der Nähe geschleudert.
Die Rinde bohrt sich in meinen Rücken, der Schmerz lässt mich aufstöhnen und mein Herz droht, stehen zu bleiben, als meine Augen auf die blutroten Augen des Vampirs treffen und sein warmer Atem mein Gesicht streift, so nah ist mir das seine.

Free Wolf - A Twilight FanFiction #TheIndividuals2019 #HolidayAwardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt