Harry Potter und die Goldene Uhr

Der Ausflug zur See

Teil 2; Kapitel 1

Hinter den Wäldern und Wiesen, fern ab von den Auen, den Bächen, den Bergen und Tälern, die die Landschaft um Hogwarts bildeten, da kam die Küste, wo Wellen gegen die Steilen Hänge peitschen und Furchen in den alten Stein zogen. Schon im Inland war man hin und wieder einer Möwe begegnet, die in ihrer Zahl stetig zunahmen, wenn man der Möwenstraße in Richtung Westen folgte. Sie führte von Hogsmeade aus direkt zum Meer. Allerdings war sie kaum  mehr als ein breiter Trampelpfad, der hin und wieder mit Steinen gepflastert wurde, wenn er ein Muggeldorf kreuzte. Denn Zauberer brauchen keine Straßen.

Entweder benutzen sie Besen oder Portschlüssel oder sie apparieren. Die einzigen Zauberer, die die Möwenstraße überhaupt benutzen waren Schüler der größten Zaubereischule Großbrittaniens. Der einzigen Zaubereischule Großbrittaniens, wenn man es genau nimmt. Die Schüler Hogwarts.

An freien Wochenenden zog es den ein oder anderen zum Strand, um dort im Sommer zu baden oder um Leute in den Gasthöfen in Little Sheps zu treffen. Little Sheps bestand aus kaum mehr als einer handvoll alten Fachwerkhäusern, den Restaurants und Kneipen im Ort und der Kirche inmitten des Dorfes. Zwar war es keine reine Zauberergemeinde, aber durch die Möwenstraße trieb genug Hexen und Zauberer dorthin, als das man es meinen könnte.

Dumbledore hatte den Schülern das Wochenende, einschließlich des Freitags freigegeben um sich nach den Ereignissen der letzten Zeit zu beruhigen und am Montag wieder mit dem Unterricht durchstarten zu können. Harry und Hermine, die seit dem Anfang des Schuljahres ein Paar waren, wenn auch Draco Malfoy versucht hatte sie auseinanderzubringen und sie es auch sonst nicht leicht gehabt hatten.
Nun schlenderten sie gemeinsam die Möwenstraße hinunter, um etwas Zeit zu zweit am Meer zu verbringen. Es war ungewöhnlich heiß und die Sonne brannte auf sie hinunter, wie der Lichtstrahl einer riesige Lupe, die zu versuchen schien, sie zu verbrennen. Der Schweiß lief Hermine den Rücken hinunter, während sie ihren Rucksack auf dem Rücken zu halten versuchte. Er wog zwar dank ihrer Magie weniger, aber dennoch scheuerte sein Gewicht an ihrem Rücken. Das machte die Wanderung durch die pralle Sonne nicht leichter.

Harry hatte ihr schon mehrmals angeboten den Rucksack zu tragen, doch ließ sie sich nicht erweichen. "Wie weit noch?", fragte er sie sanft, sie war bei solchen Temperaturen immer sehr gereizt. Seine Freundin zog aus einem Seitenfach des Rucksacks eine Karte hervor, studierte sie kurz und sagte: "In 5 Minuten sollten wir da sein, das wird auch Zeit, so lange wie wir schon gelaufen sind." Und damit hatte sie Recht.

Auf ihrer Wanderung hatten sie sehen können, wie sich die Landschaft um sie herum veränderte. Die strüppigen und dichten Gräser Hogwarts waren dem Wald gewichen. Erst war er licht und offen gewesen, doch mit jedem Schritt in Richtung Westen, erkämpften sich die Nadelbäume ihren Platz, bis ein Lichtstrahl, der durch die Kronen der Bäume auf sie hinunter schien rar geworden war. Der Schatten und die Kühle Nässe, gespendet durch die vielen Bäche, die sich wie Adern durch das Unterholz wanden, hatten sie abgekühlt, was es umso schwieriger gemacht hatte, als der Wald aufhörte.

Die Bäche verliefen sich, die Tannen, Fichten und das dichte, ursprüngliche Unterholz verschwanden und mit ihnen der Schatten. Das Land wurde trockener, gelbliche Wiesen voll verdorrtem Gras tauchten an den Wegesränderen auf, mit Obstbäumen und alten Zäunen um sie herum. Die meiste Zeit waren sie ohne Schutz vor der Sonne gelaufen, jetzt kam der Schatten jedoch langsam zu ihnen zurück. Die Wege wurden steiniger, die Obstbäume wichten Eichen und Buchen und Birken, die Gräser wurden grüner und üppiger. Und nach einem letzten Aufstieg auf eine Holztreppe, deren Planken bereits die ein oder andere Flut mitgemacht  hatten, sahen die beiden verliebten das Meer.

So einen Strand hatten sie nicht erwartet. Er war weiß und Sauber, der Sand fein und die Wellen hoch und aufregend. Das Wasser war klar und freundlich, Sonnenschirme spendeten Schatten und ein Stück entfernt entdeckten sie ein kleines Restaurant, das auch Eis verkaufte.