„Granger!" sie ignorierte es.
„GRANGER!" donnerte es noch lauter durch den Flur und sie zuckte unwillkürlich zusammen.
Sie warf einen leicht scheuen Blick über ihre Schulter und sah ängstlich zur Tür. Doch nichts geschah. Keine polternden Schritte, kein wütendes Geschrei, keine gewaltsam aufgerissene Tür. Aber sie wusste auch, dass das nicht lange so bleiben würde. Sollte er ein drittes Mal rufen, würde sie antworten müssen. Also drehte sie ihren Kopf wieder zurück und sah erneut in den Spiegel vor ihr. Hermine sah sich selbst, eine mittlerweile neunzehnjährige, junge Frau und dennoch erkannte sie sich nicht wieder. Ihr Haar war kürzer und stumpf, spröde und noch buschiger. Ihre Haut hatte eine graue Farbe angenommen und ihre Augen waren leer. Nichts war mehr von dem goldenen Glitzern in ihnen zu sehen, der Wissensdurst, die Neugier und das Leben, das sie einmal ausgestrahlt hatten, waren gestorben. Und auch sie selbst war gestorben. Innerlich. Sie war tot, genau wie alle anderen. Sie fühlte nichts mehr, keine Freude, keine Trauer, keinen Schmerz. Nein, Schmerz fühlte sie sehr wohl noch. Erst gestern hatte sie ihn wieder deutlich gespürt. Und es war ihr anzusehen. Ihre Unterlippe war dick angeschwollen und blau. Er hatte sie hart getroffen. Und das nur, weil sie etwas gesagt hatte. Etwas völlig belangloses ohne Bedeutung. Da hatte sie wieder gespürt, das sie alleine war.Alleine auf der Welt, alleine in diesem Haus, alleine mit ihrem Schmerz. Seit zwei geschlagenen Wochen war sie nun hier und heute sollte das alles ein Ende haben. Heute sollte sie den Ort wechseln und sie hatte eine immense Angst davor. Auch wenn sie es hier hasste, hatte sie es doch auch gut. Sie wurde geschont, sah nicht wie die anderen jungen Frauen hier aus, wie Luna oder Parvati. Sie hatte sich maßlos erschrocken bei deren Anblick. Doch Hermine war auch klar, dass sie heute genauso aussehen würde wie die zwei, wenn sie nicht für jemand anderen aufgehoben worden wäre. Sie wusste nicht, wer es war, ob Mann oder Frau oder sogar Halbmensch. Sie wollte auch gar nicht darüber nachdenken. Das verdeutlichte ihr nur ihre eigene Situation.
Alles hatte sich verändert, aber nicht zum Positiven. Voldemort war tot, aber mit ihm auch Harry. Er hatte in der großen Halle eine Sekunde zu lange gewartet und somit hatte ihn das ‚Avada Kedavra' von dem dunklen Lord doch noch getroffen. Und was sie alle nicht wussten, was der Orden und Dumbledores Armee nicht geahnt hatten, war Voldemorts geheimer Plan, denn er in den letzten Tagen vor der Schlacht noch ausgeklügelt hatte. Denn kaum war er getroffen worden, gefallen, da blieb die Zeit stehen. Alles im gesamten Schloss stand still wie eine Momentaufnahme. Ein einziges Stilleben, das nicht merkte, was geschah. Die Welt außerhalb Hogwarts lief nämlich unberührt weiter und als die Menschen drinnen sich wieder bewegten, waren schon längst die Dementoren und die letzten Todesser hereingestürmt, hatten sie auf sie alle gestürzt und mit ihrer Brandschatzung begonnen. Größtenteils wurden die Männer alle umgebracht und die Frauen gefangen genommen. Die Menschen, Freunde, die bereits tot waren, wurden einfach liegen gelassen. Und Hermine war sich sicher, das sie noch heute dort lagen und vor sich hin moderten. Unwürdig und für die Tiere im verbotenen Wald wohl ein gefundenes und reichhaltiges Festessen.Hermine war dieses Schicksal nicht ereilt. Sie war rechtzeitig mit Ron geflohen. Doch fragte sie sich, ob sie nicht besser auch dort, bei all den Menschen, die ihr so am Herz lagen, gestorben wäre. Wäre das nicht das leichtere Los für sie gewesen, als das Leben, das sie jetzt hatte? Wenn man das überhaupt Leben nennen konnte. Sie hatte keine Freiheiten, keine Rechte, nichts gehörte ihr, außer den Kleidern die sie am Leib trug. Mehr stand einer Muggelgeborenen, einem Schlammblut, nicht zu.
Das alles war nun knapp vier Monate her und die dunkle Seite hatte die Macht übernommen. Es stimmte. Manchmal gewinnt man, auch wenn man verliert. Nachdem sie und Ron entdeckt wurden, kam sie in die Gefangenschaft von niemand anderem als Lucius Malfoy persönlich. Die Nummer Zwei in der Rangliste. Der hatte sich über seinen Fang sehr gefreut und Hermine dachte schon, das sie spätestens jetzt sterben würde. Lucius würde sich wohl vorher noch mit ihr vergnügen und sie dann eiskalt töten. Doch da hatte sie sich geirrt. Er hatte sie noch nicht mal angefasst, nur wenn es dringend notwendig war. Er hatte ihr gleich am selben Tag gesagt, dass er mit ihr etwas Besonderes vorhatte. Er würde sie aufheben. Für jemand ganz speziellen. Wenn Hermine an das dreckige Grinsen in Malfoys Gesicht dachte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Plötzlich hörte sie seine Schritte und keine zwei Sekunden später wurde ihre Tür aufgerissen.„Bist du taub, du kleine Göre? Wenn ich nach dir rufe, dann hast du zu erscheinen." Mit schnellen Schritten war Lucius bei Hermine, ergriff unsanft ihr Haar und zog sie mit sich aus dem Raum.
„Dein neuer Herr und Meister ist gerade gekommen. Ich musste hartnäckig bleiben um ihn von der Idee zu überzeugen. Er wollte eigentlich keine Sklavin, aber letztendlich konnte ich ihn überreden."Hermine hatte Mühe und Not mit dem großen, blonden Mann mitzuhalten. Der achtete aber nicht im Geringsten auf sie und zog sie weiterhin mit sich. Sie hatte eine Hand um sein Handgelenkt gepresst und versuchte somit den Druck an ihrem Hinterkopf etwas zu lösen. Leider vergebens. Der Mann war einfach zu stark für sie. Augenblicklich blieb er vor der Tür zum Salon stehen, drehte sich zu ihr um und sah sie eindringlich an.
„Wenn wir jetzt da reingehen wirst du dich benehmen. Du wirst ihm zeigen, dass du eine gute, unterwürfige Sklavin bist. Ich hab ihn bereits darüber informiert das du noch unbenutzt bist. Also wage es ja nicht das Gegenteil zu behaupten. Schließlich gibt es bei mir nur beste Ware."Hermine sah ihn fragend an worauf Lucius ein kleines, kaltes Lachen entwich. Er blitze sie überlegen und gehässig an und spürte die aufkommende Angst und Unsicherheit, die sich in Hermine breit machte.
„Du siehst aus, als wolltest du mich etwas fragen. Nur zu, du darfst sprechen."„Was...was haben sie mit mir vor, Sir?" kam es schwach von Hermine.
„Na was wohl? Ich werde dich verkaufen!"„Und...und an...wen?" Hermine traute sich kaum zu fragen.
„Du kennst ihn sehr gut. Du hattest viel mit ihm zu tun. Ich verkaufe dich an unsere Nummer Eins höchst persönlich." Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein.„Ab heute gehörst du Severus Snape!"
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The pain I'm used to
FanfictionNach Voldemorts Tod sollte doch eigentlich alles gut werden, oder? Aber was ist, wenn sich trotz allem das Gegenteil erweist? Hermine lebt in einem Alptraum und weiß nicht, wie sie aufwachen soll. Dabei gibt es nur einen einzigen Mann, der die Lösun...