Die Regeln des Zusammenlebens

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Der Himmel erhellte sich langsam, als Severus wieder durch die Haustür aus der klammen Nacht in das wohlgewärmte Haus trat. Er war erschöpft, denn heute hatte er es endlich geschafft. Seit einigen Wochen war er nachts immer wieder in die Hochwälder Schottlands appariert um in Hogwarts Schadensbegrenzung vorzunehmen. Heute hatte er endlich die letzten Toten begraben und jetzt zierte etwa drei Kilometer hinter Hogwarts auf den Ländereien ein großer, umrandeter Friedhof die Landschaft. Jedes Grab hatte einen marmornen Grabstein mit ganz spezieller Widmung. Severus war noch nie ein Mann der großen Worte, aber es gab viele unter den verstorbenen Personen, die er näher gekannt hatte und er schaffte es in kurzen, aber präzisen Worten den Charakter und den Mut festzuhalten. Auch bemühte er sich das Schloss etwas aufzuräumen und wiederherzustellen. Eigentlich eine unmögliche Aufgabe, aber er versuchte sein Bestes.

Niemand wusste davon und das sollte auch so bleiben, aber er verspürte einen inneren Drang das zu tun. Seine Schuldgefühle trugen sicher einen Anteil dazu. Niemand war nach Ende der Schlacht dorthin zurückgekehrt und hatte sich um sie alle gekümmert. Auch wenn er wusste, dass sich dadurch nichts änderte, erwies er ihnen allen so die letzte Ehre und bat im Stillen um Verzeihung. Ohne diesen verfluchten Schwur hätte er eingreifen und versuchen können noch irgendetwas zu retten. Doch bevor ihn seine Erinnerungen und Selbstzweifel gänzlich überfielen, schloss er kurz die Augen, lehnte sich an der Tür an und verscheuchte alles aus seinem Kopf.


Er atmete einmal tief durch, öffnete die Augen wieder und ging gerade ein paar Schritte auf seine Treppe zu, als er sich in seinem Erdgeschoss umsah. Zuerst traute er seinen Augen nicht, aber als er näher ins Wohnzimmer trat, sah er sie wirklich. Die wohl immer noch schlauste Hexe aus ganz Hogwarts lag zusammengekauert in der Embryo-Stellung auf dem kleinen Teppich vor dem prasselnden Feuer und schlief. Aber anscheinend sehr unruhig, denn sie zitterte am ganzen Körper und ihre Augen huschten hinter den Lidern nur so hin und her. ‚Kein Wunder. Nach allem was passiert ist.', dachte Severus. Ihm ging es da heute noch nicht besser. Nur durch seinen starken Traumlos-Trank konnte er überhaupt schlafen. Er stand einige Minuten einfach nur so da und betrachtete sie. Was sollte er denn jetzt mit ihr machen?

Er brauchte keine Sklavin, hatte er noch nie gebraucht. Als Lucius ihn mit dieser Idee genervt hatte, entschied er sich schlussendlich nur dafür, um mit dieser Frau vielleicht ein paar gemeinsame Stunden zu verbringen. Nicht wie Lucius es tat, durch erzwingen. Davon hatte er in seinem Leben genug gehabt. Nein, er dachte sich, wenn sie vielleicht nicht ganz von ihm abgeneigt war, dann könnte er ein bisschen Zeit mit ihr verbringen, die ihn ablenkte. Doch jetzt hatte er Hermine Granger gekauft. Ausgerechnet diejenige, die ihn am meisten mit ihrem besserwisserischen Verhalten nervte. Die wohl auch noch glaubte, dass er von Anfang an ein Verräter war. Und die wohl wirklich der Meinung war, das sie sich hier bei ihm halbwegs in Sicherheit befand. Aber das dachte nicht nur sie, sondern auch Severus dachte das. Seine Entscheidungen und Verhaltensweisen würde niemand anzweifeln. Also gab er sich seinem Schicksal geschlagen, wie so oft in seinem Leben, nahm die dünne Wolldecke von seinem Sofa und breitete sie über Hermine aus. Er hatte ihre Gänsehaut bemerkt und da Severus erst einmal selber noch ein bisschen schlafen wollte, weckte er auch Hermine nicht. Noch nicht.


In der Tat schlief Hermine eher unruhig. Es hatte als Alptraum begonnen. Sie lief durch hell erleuchtete Straßen deren Städte nur noch aus Ruinen bestanden. Sie war völlig außer Atmen, aber ihre Frucht trieb sie an. Ihre Verfolger ständig im Nacken spürend, brauchte sie sich nicht umzudrehen. Das gehässige und hämische Lachen in ihrem Ohr bescherte ihr einen kalten Schauer. Und dann stand sie in einer Sackgasse, kam nicht mehr weiter. Sie sah sich um, aber die Mauern waren zu hoch. Keine Zeit mehr um darüber zu klettern. Und in dem Moment, indem die Verfolger dessen Gesichter unkenntlich waren, nach ihr greifen wollten, sprang ein großer Mann in schwarzer Kleidung schützend vor sie. Schlagartig drehte er sich um und sie sah nur noch die Onixfarbenen Augen, die sie anstarrten, ehe er seinen weiten Umhang über sie legte und sie sich schlagartig sicher fühlte. Kein Geräusch drang mehr an ihr Ohr und sie fühlte nur ihren eigenen Herzschlag und den des Mannes, der sie vorsichtig in seinen starken Armen hielt. Ganz automatisch schmiegte sie sich an den Fremden und driftete dann wieder in eine angenehme Schwärze ab, in der sie ruhig weiterschlafen konnte.

The pain I'm used toWo Geschichten leben. Entdecke jetzt