Kapitel 9: Vertrauen und Zweifel

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Die Glocke läutete und so beeilten Linn und ich uns den Hörsaal zu verlassen. Wäre ich nur eine Minute länger geblieben hätte ich gesehen wie Griffin herein kam, die zwei Professoren den verbleibenden Studenten den Rücken zudrehten und geheimnisvoll flüsterten.

Ich rutschte in den Fokus vieler Aufmerksamkeit und merkte es noch nicht einmal.

Linn und ich suchten uns also einen ruhigen Platz und ich begann zu erzählen. Nicht aber ohne die anderen Studenten im Auge zu behalten, es sollte uns schließlich keiner hören. Ich war nämlich kein Freund von 'Hab-mich-lieb-Jacke' und Gummizelle.

''Du verarschst mich, Zo!?'' Linn sah mich ungläubig an. ''Der Teufel hat dich besucht? Oh Scheiße...''
''Das heißt du glaubst mir?'' fragte ich vorsichtig, ich war auf alles gefasst, redete ich mir zumindest ein.
''Natürlich! Also ich meine... Sowas kann man sich doch nicht ausdenken! Das ist so absurd.''
''Absurd. Unglaublich. Verrückt. Skurril... Ja, so kann man das wohl nennen.''
''Zo... Du weißt, dass ich immer für dich da bin, oder?''
Linn klang unsicher und vorsichtig. Damals hätte es mich stutziger machen sollen. Aber ich hatte ja nur sie. ''Natürlich Linn, Beste Freundinnen!'' Ich lachte sie an. In diesem Moment hätte ich schwören können mit Linn an meiner Seite alles zu schaffen. Selbst Teufel und Hölle zu bezwingen.

Doch schon am Abend überkamen mich Zweifel. Ich fand beim Nachhause kommen nämlich eine Nachricht. Sie lag im Flur hinter der Tür, so als wurde sie durch den schmalen Spalt unter der Tür geschoben. Ein Briefkasten war dem Teufel wohl zu normal, wobei selbst das nicht wirklich zu einer Teufels Botschaft passte. Vorsichtig faltete ich den Zettel auseinander:

'Pass auf dich auf. Sie beobachten dich.
Vertraue Niemandem! - L.'

Lautete die in verschnörkelter Schrift geschriebene Nachricht. Der Schreibstift wirkte alt und das Papier... War das Pergament?
'L.' Das war Luzifer jede Wette. Doch vor wem warnt der Teufel einen, ist doch er es, vor dem man sich am meisten in acht nehmen sollte. Niemandem Vertrauen? Nicht einmal Linn?! Erst jetzt dachte ich über ihre zugegeben sehr merkwürdige Reaktion nach und kam mir auf einmal schrecklich allein vor.

Ich erzählte Linn am nächsten Morgen nichts von der Nachricht.
Es schien alles wie immer zu sein. 'Pass auf! Sie beobachten dich!' hat er gesagt, mir fiel jedoch nichts auffälliges auf und für ein paar Tage kam wieder etwas Ruhe in mein Leben. Diese Ruhe hielt für etwa dreieinhalb Tage, denn am Freitag, genauergesagt Freitag den 13. welch Ironie, wurde sie bereits wieder unterbrochen.
Ich kam nichts ahnend von der Uni nach Hause, als es zaghaft an mein Fenster im Wohnzimmer klopfte. Vor diesem Fenster stand Luzifer. Ok, er stand nicht, er flog oder viel mehr schwebte davor. Ausnahmsweise kam er nicht einfach rein, was die Sache aber auch nicht wirklich besser machte. Eigentlich wollte ich ihn nicht sehen, aber ich hatte fragen und er würde sie mir beantworten müssen. Langsam öffnete ich das Fenster.
''Was willst du?'' fragte ich, die Antwort bereits vermutend.
''Darf ich rein kommen?'' er klang zögerlich und unsicher.
Ich trat beiseite und bedeutete ihm mit meiner Handbewegung, dass er rein kommen solle.
Da stand er also, der Teufel, mit hängenden Flügeln in meinem Wohnzimmer.
''Lil... Ich meine Zoey...'' setzte er an. 'Oh Gott, er kennt meinen Namen?!'
Ich unterbrach ihn, jetzt war ich an der Reihe. ''Luzifer!'' Sein Blick wurde achtsamer, abschätzender. ''Du hast mir einiges zu erklären!'' ''Habe ich das?'' ''Ja!''.
Er stand ganz ruhig, erwiderte nichts mehr. Er sah mich mit hochgezogener Augen raue an und wartete. Also atmete ich tief ein. ''Bitte erkläre es mir! Was hat das alles zubedeuten?''
''Noch musst du es nicht verstehen, die Zeit wird kommen, aber...'' tastete er sich vorsichtig heran. ''Sei einfach nur vorsichtig. Sie beobachten dich. Du darfst ihnen nicht vertrauen. Sie...'' ''Wer sind 'sie'?'' unterbrach ich ihn. Eine Weile blieb Luzifer ruhig und schien seine Worte abzuwägen. ''Das kann ich dir nicht sagen... Vertrau mir bitte!'' ''Warst nicht du es, der mir sagte, ich solle niemandem vertrauen?'' Er lachte. ''Stimmt, das habe ich. Ich mache mir Sorgen um dich, das ist alles.'' ''Sorgen um mich, wieso?'' Etwas in seinem Blick veränderte sich, verdunkelt sich, entzog sich mir und ich wusste Luzifer würde mir diese Frage nicht beantworten.
''Warum nennst du mich Lilith?''
Der Schatten in seinem Blick verschwand, wurde abgelöst von Verwunderung und Überraschung. Diese Frage hatte er wohl nicht erwartet.
''Wenn die Zeit reif ist, erkläre ich dir alles. Sag niemandem, dass ich hier war. Sie dürfen es nicht erfahren.''
''Warum nicht? Wer sind sie, dass sie dir solche Angst machen, oder bist du gar nicht so mächtig, wie es heißt?''
Augenblicklich spannte er sich an und seine Stimme wurde lauter. ''Darum geht es hier nicht, ich will nicht das dir etwas passiert.'' Und dann fügte er, wieder etwas in sich zusammengesungen hinzu ''Ich kann dich nicht noch einmal verlieren, du magst mich vergessen haben, doch ich habe es nicht... Vertraust du mir?''
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Der ach so große und mächtige Dämon, mit hängenden Schultern und ängstlichem Blick.
''Ich... Also... Du kannst nicht einfach erwarten, dass Ich dir vertraue. Vertrauen muss man sich verdienen und das... Also... Ich kann dir nicht einfach so vertrauen.''
Eine Stimme in mir wollte es, wollte vertrauen, ihm alles glauben, aber die andere Stimme war stärker. Sie zweifelte.

Highway To Hell - Einmal Hölle und  zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt