Kapitel 9

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Ich ging zur Tür und öffnete diese. Wie erwartet stand Nolan vor mir. Er hatte einen Anzug an, was  leicht  ungewohnt war, stand ihm aber trotzdem.

Können wir?", fragte er mich dann direkt. Ich nickte nur. Dir auch einen guten Abend, Nolan. Hatte dieser Junge überhaupt Manieren?

Nolan ging zu seinem Wagen vor. Ich schloss noch hinter mir die Türe und ging ihm dann nach.

Ich atmete nochmal tief ein, bevor ich die Beifahrertür seines Wagens öffnete. Jetzt heißt es kein Entkommen mehr.

Sobald ich angeschnallt war, fuhr er los. Er fuhr angenehm, also so wie man auch fahren sollte.
Vorsichtig lugte ich zu ihm rüber. Sein Blick war auf die Straße konzentriert, sein Gesichtsausdruck wie immer neutral.

Bist du dir sicher, dass du das heute schaffst?", fragte er dann, ohne seinen Blick von der Straße abzuwenden. Ich fühlte mich ein wenig ertappt. Ich sah auf die Straße.

Ja, aber nochmal möchte ich das bitte nicht machen", antwortete ich und hoffte, dass er mich nicht wieder anschreit.

Bin ich wirklich so schlimm?", fragte er mich dann und ich sah im Augenwinkel, wie er kurz zu mir sah.

Weiß ich nicht", war das einzige was ich raus brachte. Ja, er wirkte schon in mehreren Situationen sehr bedrohlich und einschüchternd auf mich, mal ganz abgesehen davon, dass ich am Dienstag noch von ihm gegen den Spind gedrückt wurde. Das waren aber auch immer Situationen in der Öffentlichkeit. Privat war er ja ganz nett... eigentlich. Hielt sich auch in Grenzen, aber da war er mehr gefühlskalt, als aggressiv, bedrohlich oder einschüchternd.

Komm ich dir so schlimm rüber?", fragte er weiter. Jetzt wollte er es aber wirklich wissen. Wieso interessierte ihn das so? War doch gut für ihn, dass er so wirkte... Oder nicht?

Sonst würden nicht alle so eine Angst haben", antwortete ich leise, aber dennoch so laut, dass er jedes Wort verstanden haben musste.

Die Frage war aber nicht ob ich allen schlimm rüber komme, sondern dir. Hab ich dir etwas getan, dass dich so einschüchtert?", fragte er immer noch mit dem Blick auf die Strasse gerichtet.

Er hat mich doch diese Woche erst gegen den Spind geschleudert oder nicht? Hat er das schon vergessen?
Ich wollte gerade antworten, da klingelte sein Handy.
Da wir im Auto saßen machte er die Freisprechanlage an.
Hallo Nolan, wo seid ihr?", fragte eine Frau und ich erkannte Mrs. Andrews wieder.
Jede Minute da", antwortete Nolan ihr und für mich hieß das emotional vorbereiten. Da werden gleich eine Menge Leute sein, die du überzeugen musst mit Nolan zusammen zu sein. Der Theaterkurs in der sechsten Klasse muss auch einen Sinn gehabt haben. Also Ava, du schaffst das.

Ist Ava bei dir?", fragte Mrs. Andrews dann. Nolan antwortete mit einem ja und auf die Frage ob ich sie hören könne ebenfalls.

Hallo Ava, Liebes! Schön, dass du mitgekommen bist!", brüllte sie halb ins Telefon. Ach ja, Eltern die die Technik nicht ganz verstehen und dann denken sie müssen brüllen, wenn man mit ihnen über Freisprechanlage redet.

Hallo Mrs Andrews", antwortete ich ihr. Ich merkte, wie Nolan kurz zu mir sah, sich dann aber wieder auf die Straße fokussierte. Das zweite mal seitdem wir in seinem Auto sitzen, dass er mich angesehen hatte.

Nenn mich doch bitte Natalija! Du gehörst doch zur Familie!", bat sie mich erfreut, allerdings brüllte sie immer noch. Wäre Nolan mein echter Freund und würde ich etwas für ihn empfinden, würde mich dieser Satz, dass ich zur Familie gehöre unendlich glücklich machen. Gerade hingehen, fühlte ich mich nur schlecht gegenüber Nolans Mutter. Wenn sie wüsste...

Ist gut, mache ich", antworte ich ihr, bevor Nolan sich in unser Gespräch einmischte.

Wir sind jetzt gleich da. Ich lege auf", sagte er und bog in eine Einfahrt ein. Natalija verabschiedete sich noch und dann war der Anruf auch schon beendet.

Weich nicht von meiner Seite", befahl Nolan mir, während er einparkte. Ich nickte. Nolan stieg aus und ich tat es ihm gleich. Er wartete auf mich am Kofferraum und sagte dann: Ab jetzt müssen wir glaubhaft sein."

Wieso tat er das hier überhaupt. Meine Familie würde ich niemals so anlügen wollen, auch wenn ich mit jemand anderem dadurch aus dem Weg gehen konnte.

Everything became complicatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt