chapter 4

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„Also?", frage ich und schaue ihn erwartungsvoll an.

„Okay, gut. Das könnte jetzt unangenehm werden", sagt er leise und schnauft durch, bevor er mir seine Situation erklärt. „Ich bin schwul und brauche ein Alibi. Es ist nicht so, dass ich nicht zu meiner Sexualität stehe, sondern, dass es die High School ist. Ich möchte nicht von homophoben Bastarden gemobbt werden und gleichzeitig meine Sexualität ausleben. Ich möchte für die Schule eine Beziehung führen und in Clubs mit anderen Jungs rummachen", sagt er schnell.

„Und du willst, dass ich dir eine Freundin suche?", frage ich verwirrt. Er schüttelt den Kopf. „Ich möchte, dass du meine Freundin wirst, Liv. Liv war es doch, oder?" Etwas überwältigt von der Situation nicke ich und murmle: „Ja, Liv."

Ich schüttle meinen Kopf. „Ich soll deine Fake-Freundin sein? Was bekomme ich dafür?", frage ich. „Du könntest deinen Crush damit eifersüchtig machen" „Ich habe aber keinen Crush", stelle ich fest. „Denke nicht, dass euch heute niemand gesehen hat. Dieser Blonde, heißt er Cody? Jeder kann das sehen Liv. Du erscheinst mir nicht nach jemanden, der sich leicht jemanden hingibt. Du willst erobert werden, richtig? Das wäre deine Chance", überzeugt er.

Ich beiße mir verlegen auf die Unterlippe, bis ich schließlich einknicke. „Gut. Ich mache es. Aber, wir gehen Shoppen!", setze ich die Bedingung. „Ist es, weil ich schwul bin?", fragt er verzweifelt. Ich nicke heftig und er seufzt.

--

Mein Handy gibt einen Ton von sich. Instagram. Also nicht wichtig. Nur ein neuer Beitrag von jemanden. "Sag mal", fängt Sarah an zu reden "haben deine Brüder deine Nummer?" "Ähm, ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung", gebe ich zu. "So so", sagt Sarah und widmet sich wieder ihrem Handy zu.

Plötzlich klopft es an der Tür. "Eure Pizzen sind da", sagt Levi, der (warum auch immer er hier ist und Pizzen hat) seinen Kopf durch die Tür streckt. Mit einem breiten Grinsen läuft er in den Raum, hinter ihm die volle Truppe: Cole, Leon und Liam.

„Wann haben wir Pizza bestellt?", fragt Sarah, die verwirrt unsere Brüder ansieht. „Nie, Sarah", sage ich genervt und schlage mit der flachen Hand auf meine Stirn. Levi stellt die Pizza Wortlos am Bett ab und setzt sich so knapp wie möglich, ohne dabei aufdringlich wirken zu wollen, zu Sarah. Diese greift nach der Schachtel und nimmt das erste Stück der Pizza raus.

Cole fängt an leise zu lachen. Ich sehe Leon fragend an, doch er schüttelt nur den Kopf.

Ich nehme mir mein erstes Stück und lehne mich an die Wand. Cole lässt sich auf dem Schreibtischstuhl nieder und Leon setzt sich neben mich auf mein Bett. Liam setzt sich auf den Stuhl meines Schminktisches.

„Also", fange ich an zu reden, „warum seid ihr da?" Liam schaut Levi an, welcher zögert, bevor er sagt: „Wir haben euch Pizza gebraucht" Ich überdrehe meine Augen. „Die Pizza ist die Ausrede. Warum seid ihr gekommen?"

„Um Zeit mit unserer Schwester zu verbringen", sagt Liam. „Wir haben dich vermisst" „Mir ging es auch gut, ohne, dass ihr in meinem Leben wart. Aber danke für die Pizza", sage ich und nehme das nächste Stück.

„Liv! Sei nicht so gemein", zischt Sarah. Ich überdrehe erneut meine Augen.

Cole sieht mich druch dringlich an. „Ich habe dich heute mit Adam gesehen", sagt er leise. Man kann ihn trotzdem klar und deutlich hören, denn eine unangenehme Stille machte sich in dem Raum breit, nachdem Sarah ihren Kommentar abgegeben hatte.

Ich zucke mit den Schultern. „Adam? Dieser braunhaarige Schnösel?", fragt Levi schockiert. „Wirklich?"

Ich überdrehe erneut meine Augen. „Er ist kein Schnösel, Levi.", sage ich knapp und widme mich wieder meinem Handy.

„Ist er nett? Wenn er dich verletzt, töte ich ihn", sage Liam, aber ich entscheide mich, ihn zu ignorieren.

Liam war schon immer derjenige, der eher handgreiflich wurde. Vor zehn Jahren hat mir ein Mädchen aus der Blume aus der Hand gerissen. Liam hat es zufällig gesehen und sie daraufhin geschlagen. Es war nicht fest, aber trotzdem hat das Mädchen daraufhin geheult.

Ich spüre erwartende Blicke auf mir. „Was hat er zu dir gesagt?", fragt Levi neugierig. Wieder ignoriere ich das Gesagte.

„Liv! Wir reden mit dir!", sagt Liam genervt. Ich ignoriere ihn weiterhin.

„Verdammt!", sagt Levi und beugt sich über Sarah, damit er mir mein Handy aus der Hand reisen kann. „Ey!", schreie ich und versuche mein Handy zurück zu erlangen.

„Du redest zuerst mit uns!", sagt er streng und hält mit einer Hand mich zurück, mit der anderen das Handy in die Höhe.

Ich setze mich zurück und verschränke meine Arme. „Vielleicht möchte ich nicht mit euch reden? Ich habe nie gesagt, ihr sollt zu mir kommen", sage ich genervt.

„Liv, du bist unmöglich", sagt Liam kopfschüttelnd und steht auf. Er geht zur Tür und sagt: „Kommt, wir gehen" Cole sieht ihn verwirrt an, steht aber trotzdem auf. Auch Levi und Sarah folgen ihm.

„Leon? Kommst du auch?", fragt Levi verwirrt, als er seinen jüngeren Brüder, der sich kein Stück bewegt hat, sieht. Sarah schüttelt den Kopf und schiebt meinen ältesten Bruder durch die Türe.

„Pizza?", frage ich Leon und halte ihm die Schachtel hin. Er lacht und nimmt dankend ein Stück an.

„Weißt du, Liv, du riechst auffällig stark nach Rauch", sagt Leon und sieht mich streng an.

Ich seufze und zeigt auf das Beistelltisch. „Zweite Lade", sage ich. Leon öffnet das Kästchen und nimmt aus der Zigaretten Packung eine heraus, er greift zu dem Feuerzeug, das daneben liegt und geht auf das Fenster zu.

Ich sehe ihn verwirrt an. Ich dachte, ich würde eine Standpauke erhalten, aber dem war anscheinend nicht so.

„Neben den anderen kann man nicht rauchen", sagt er grinsend.

Vielleicht habe ich mehr mit meinem Bruder gemeinsam, als ich ursprünglich dachte.

--

Leon war vor zehn Minuten gegangen. Wir hatten Spaß, wir haben Gemeinsamkeiten gefunden.

Nun liege ich auf dem Bett und langweile mich. Also, nach längerem Überlegen, denke ich mir, ich könnte Adam anschreiben.

An Adam: Shoppen??

Keine fünf Minuten später erhalte ich seine Antwort.

Von Adam: Schick mir deine Adresse

An Adam: *Standort

Von Adam: Gib mir 15 Minuten ;)

Ich springe auf und zeihe meine Jogginghose aus, um mir die erste Jeans, die in meine Finger kommt, anzuziehen. Ich nehme einen Kaugummi aus dem kleinen Glasgefäß und werfe mir diesen in den Mund.

"Weißt du nicht, dass man eigentlich immer fünf Minuten zu spät kommt, wenn man '16 Uhr' sagt?", lache ich, während ich die Haustüre aufmache. "Ich kann mich nochmal ins Auto setzen und warten", sagt er belustigt. Ich schnappe mir den Haustürschlüssel und sperre die Tür hinter mir ab.

Oma ist beim Bingo, also kann ich mich nicht von ihre verabschieden.

Adam leitet mich zu dem schwarzen Range Rover. „Hat dein Vater den gekauft?", frage ich neugierig. Adam nickt mit dem Kopf und schaltet den Radio auf. Die Melodie von Uptown Funkschallt durch das Auto. Adam tippt seine Finger im Takt und singt leise den Text.

„Wohin fahren wir eigentlich?", frage ich. „Das Einkaufszentrum ist vielleicht drei Minuten von dir zu Hause entfernt.", sagt Adam. Ich nicke und schaue die vorbeiziehenden Häuserfronten an.

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