Ich betrete das Schulgebäude und schiebe die Sonnenbrille hoch. Ich öffne mein Schließfach, um die Bücher, die ich heute brauche, rauszunehmen, allerdings wird das Schließfach zugeworfen bevor ich es schließen kann. "Ich habe dich um eine Sache gebeten. Um eine", sagt Adam sauer. Ich schaue ihn an und erblicke ein wütendes Gesicht. Ich presse meine Lippen zusammen, setze ein mitleidendes Gesicht auf und zucke daraufhin mit meinen Schultern. Ich möchte von Adam weggehen, aber er hält mich an meiner Schulter fest.
"Du hast es mir versprochen, Olivia", sagt er in einer tiefen Stimmlage. "Versprechen sind da, um sie zu brechen", sage ich und verschränke meine Arme gelangweilt vor meiner Brust. "Du hast gesagt, du wirst niemanden küssen. Der Rest ist egal, um das Küssen geht es. Weißt du, wie dumm das von dir war? Wir haben eine Fake-Beziehung, die wir glaubhaft machen müssen. Du hast ja gesagt. Du hast gesagt, wir machen das. Du hast gesagt, dass wir das durchziehen. Wir sind da zusammen drinnen. Ich möchte nicht jemand sein, der seiner Freundin nachrennt, und du möchtest bestimmt niemand sein, der laufend den Freund betrügt", zischt er. "Ist doch super! Ich habe dich betrogen und du kannst 'rumheulen", sage ich und zucke mit meinen Schultern. Ich befreie mich aus seinem Griff und gehe zu dem ersten Klassenraum.
Auch, wenn der Unterricht erst in zehn Minuten beginnt, aber ich möchte einfach weg von allen Menschen im Moment. Ich möchte nicht mit Adam reden, immerhin muss ich keine Fake-Beziehung führen, um zu beweisen, dass ich hetero bin. Da soll er sich doch auch andere Mädchen suchen. Außerdem weiß ich, dass mich niemand hier suchen würde.
Bis es klingelt kritzle ich am Tisch herum, um es dann wieder auszuradieren. Es kommen immer mehr Schüler in den Raum hinein und bis jetzt hat sich keiner neben mich gesetzt. Es dauert nicht lange, bis es läutet, was den Schülern signalisieren soll, dass der Unterricht in fünf Minuten beginnt. Meiner Meinung nach ist das einmal zu viel Läuten, aber ich mache hier nicht die Regeln.
Nach wenigen Minuten sehe ich in meinen Augeninnenwinkel eine Person, die sich neben mich setzt. Ich richte meinen Blick zu ihr und sehe sie fragend an. Sie schenkt mir ein Lächeln und stützt ihren Kopf in ihrer Hand ab. Sie lehnt sich zu mir und sagt: "Hey, ich bin Selly" "Liv", stelle ich mich vor. "Bist du neu?", frage ich. Natürlich bin ich selbst nicht jemand, der beurteilen kann, wer neu ist und wer nicht, aber Sarah und meine Brüder haben mir viel über die Menschen hier beigebracht und über jemanden, der aussieht wie Selly, hätten sie mir zu einhundert Prozent erzählt. Sie hat weiß gefärbte, schulterlange Haare und ein Septum in der Nase. Zusätzlich hat sie ein Tattoo, von dem man nur einen Teil unter ihrer Jacke sieht.
Selly nickt und sagt: "Habe gerade erst die Schule gewechselt" "Ach ja? Warum denn?", frage ich ehrlich interessiert. "Von der alten Schule geschmissen worden. Bevor du fragst, ich habe die Wände mit Graffiti vollgesprüht und die Kantine beklaut", gibt sie zu. Ich schmunzle sie an und sage: "Ich muss dir jemanden vorstellen"
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"Leon!", rufe ich und laufe auf meinen jüngsten Brüder zu. "Liv!", sagt er, als er sich umdreht. Er streckt seine Arme von sich und hockt sich etwas hin. Ich springe und klammere mich an seinen Oberkörper. Nachdem ich seine Arme um meinen Körper gespürt hatte, löse ich mich von seiner Umarmung und stelle mich aufrecht neben Selly hin. Ich zeige zu ihrem Gesicht und sage: "Das ist Selly" Sie winkt und sagt ein kurzes Hallo. "Hi", grinst Leon. "Das ist Leon, er ist mein Bruder. Ich habe noch zwei, aber die stehen mit ihrem besten Freund und seiner kleinen Schwester dort hinten", sage ich und zeige in die Richtung der besagten Personen.
"Ich habe gedacht, Sarah ist deine beste Freundin", sagt Sammy verwirrt, der zu der Unterhalten dazu stößt. "Das ist Sammy", stelle ich Selly vor. "Und nein, Sarah ist definitiv nicht meine beste Freundin. Sie ist so unglaublich nervig und so gut, dass ich kotzen könnte. Es ist, als hätte sie statt Engel und Teufel Engel und Engel auf ihrer Schulter sitzen" Ich öffne meinen Mund und deute ein Kotzen an. Leon zuckt mit den Schultern und schmunzelt leicht. "Raus?", frage ich in die Runde, warte aber nicht auf eine Antwort, sondern steuere sofort die Tür zum Hintereingang an.
Ich ziehe die Zigaretten aus meiner Jackentasche und halte sie in die Runde. Selly nimmt sich eine und bedankt sich, während Sammy daneben steht und uns nur zusieht. Ich schaue ihn fragend an und halte ihm die Packung direkt unter die Nase. Er nimmt eine und zündet sie mit seinem Feuerzeug an. Er hält mir das Ende seiner Zigarette hin, an welchem ich meine Anzünde. Leon und Selly teilen sich das Feuerzeug von Leon.
Es ist für eine kurze Zeit still, bis sich ein lockeres Gespräch entwickelt und einer nach dem anderen seine Zigaretten aufraucht. Bevor wir wieder in das Schulgebäude gehen stecke ich mir noch einen Tabak unter die Oberlippe.
Leon und Sammy gehen vor, während ich und Selly über ihr Piercing reden. "Ich möchte auch eines", sage ich. "Was hält dich ab?", fragt sie. "Ich möchte jetzt nicht sagen, dass ich feige bin, denn das bin ich definitiv nicht. Ich habe bis jetzt keine Zeit gefunden", erkläre ich. "Ich kenne jemanden, der das einfach so macht. Du musst nichts zahlen und du brauchst keine Bestätigung deiner Eltern", sagt sie. "Gut, denn ich könnte keine bekommen", gebe ich zu. "Was? Warum? So streng?", fragt sie mitleidig. Ich schüttle lachend den Kopf. "Ich wohne nicht mehr bei ihnen", lächle ich und sie nickt.
"Na? Über was redet ihr?", fragt Sammy, der für uns stehengeblieben ist. Leon ist zu meinen Brüdern gegangen. "Liv will ein Piercing haben!", sagt Selly sofort. "Uh, heißt", grinst Sammy und kassiert deswegen einen leichten Schlag auf seinen Arm.

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LIV
Teen Fiction"Wenn ich so darüber nachdenke, hast du Ähnlichkeit mit ihnen" "Erzähl mir was über sie!", fordere ich ihn auf. "Also da wäre mal Leon. Er sieht ja aus wie Liam, aber das weißt du ja. Sind ja deine Brüder, die Zwillinge sind. Sie sind naja, nicht ge...