25. Konfliktlösung unter Brüdern

105 7 3
                                    

Hey Leute,
Einen schönen 2. Advent wünsch ich euch :)
LG, FUlia

÷÷÷÷÷÷÷÷÷÷÷÷

Wie lange hatte ich mich auf diese Tour gefreut. Und der Kerl schaffte es, alles in nur zehn Minuten zu ruinieren. Mein ganzes Leben war ruiniert! Ich hielt das einfach nicht mehr aus! Was hatte ich denen angetan, dass ich so behandelt wurde?

Ich musste zur Polizei! Ja, ich musste jetzt, auf der Stelle, sofort zur Polizei! Schließlich hatte ich jetzt einen Namen und ein Gesicht und keine unbekannten, vermummten Gestalten mehr vor mir.

Ich konnte den Typen festnehmen lassen!

Und dann?

Dann würde der nächste hier eingeschleust werden und ich war noch schlimmer dran, als jetzt sowieso schon...

Ich konnte nichts tun, so sah's aus.

Wenn ich meine Freunde und das ganze Team schützen wollte, durfte ich jetzt keine voreiligen Entscheidungen treffen. Ich musste es erst mal für mich behalten. Denn ich wusste, dass diese Leute vor einem Mord nicht zurückschrecken würden. Auf Konzerten konnte vieles passieren... Tote durch Stromschläge an den Instrumenten, Lichttechniker, die beim Aufbau von der Decke fallen... Ich wollte nicht für einen Tod verantwortlich sein, deshalb hielt ich den Mund. Besser nur ich litt, als ein anderer, unschuldiger.

Eine Sache gab es aber, die ich tun konnte!

Ich rappelte mich, immer noch keuchend, auf und stürmte zur Bustür. Diese war mittlerweile wieder offen und Brock war nicht mehr zu sehen.

Geladen mit den verschiedensten Emotionen rannte ich hinaus und rüber zum Club.

Die Jungs waren schon auf der Bühne und stimmten ihre Instrumente.

Ich rannte immer noch, als ich bei ihnen ankam.

„Felix! Wo warst du so lange? Wir hatten doch gesagt um sechs!", rief mir irgendjemand aus der Band oder der Crew zu, aber ich hörte kaum hin.

Ich hatte nur Augen für Till.

„Du mieses Arschloch!" Wutentbrannt stürmte ich auf ihn zu und riss ihm seinen Bass, den er sich gerade umhängen wollte, aus den Händen und schmetterte ihn zu Boden.

„Ey, was...?" Mehr brachte er nicht raus, denn schon hatte ich ihn mit beiden Händen gepackt und stieß ihn vor mich her in den Backstagebereich.

Normalerweise hätte er sich locker befreien können, doch er schien so überrascht zu sein, dass er es einfach mit sich machen ließ.

„Felix, was ist denn los?", rief mir jemand hinterher.

Im nächsten Moment war auch schon Karl bei mir, der mich mit einer Hand festzuhalten versuchte, doch ich schüttelte ihn ab und schubste Till in den nächstgelegenen Raum.

„Was hast du nur?", fragte Karl. Auch Steffen und Max kamen uns jetzt hinterher gerannt, doch ich knallte ihnen die Tür vor der Nase zu und drehte den Schlüssel, der zum Glück im Schloss steckte, um.

„Hey, Felix! Was hast du denn? Mach die Tür auf!" Irgendjemand hämmerte von außen dagegen, doch ich kümmerte mich nicht weiter darum.

Ich drehte mich zu meinem Bruder um, der immer noch völlig überrumpelt vor mir stand und so verwirrt dreinschaute, als wüsste er nicht einmal wer ich überhaupt bin.

„Du unglaublich dämlicher Idiot!" Ich sprach jetzt extra leiser, damit unsere Freunde vor der Tür nicht unbedingt alles mithören konnten.

„Felix, was ist los mit dir?" Till hob besänftigend die Hände und sprach zu mir, wie zu einem Kleinkind. „Hast du irgendwas genommen? Und das, vor der Show?"

„Du hast wirklich keine Ahnung, in was für eine Scheiße du uns schon wieder geritten hast, nicht wahr?"

Ich trat ein paar Schritte näher an ihn ran. Es tat irgendwie gut, diesen Machtwechsel zu spüren. Vor wenigen Minuten war ich es noch, der vor Brock zitterte. Jetzt war ich es, vor dem Till zurückwich.

„Nein, Mann. Ich hab echt keine Ahnung, was du hast." Till lief rückwärts, bis er gegen einen kleinen Tisch stieß, der mitten im Raum stand.

Von draußen drangen immer noch laute Stimmen und heftiges Klopfen zu uns herein. „Felix, lass Till in Ruhe! Und mach endlich die verdammte Tür auf!" „Felix, unser Konzert fängt gleich an! Was auch immer zwischen euch los ist: Das könnt ihr auch später noch klären!"

Das Konzert war mir in diesem Moment, ehrlich gesagt, ziemlich egal. Wenn ich mich erst mal um meinen Bruder gekümmert hatte, konnte ich mich hinterher darum kümmern.

„Wie kann es sein, dass unser eigener Kollege von der Security mich vorhin im Bus einsperrt und mir sagt, dass bei unserer Geldübergabe vor zwei Wochen Geld fehlte?" Ich stand mit verschränkten Armen vor Till, welcher mich mit großen Augen anstarrte. „Zweihundert Euro, um genau zu sein!"

Irgendwas an Tills Blick veränderte sich, und verriet, dass er genau wusste, wovon ich redete.

„Weißt du irgendwas davon?"

„Felix, was soll der Scheiß? Die Sache ist zwei Wochen her. Das ist erledigt", sagte Till. Er wirkte zwar nervös, hatte sich aber gut im Griff.

„Hast du mir nicht zugehört? Ich wurde gerade fast umgebracht, weil du Idiot Geld aus dem Koffer geklaut hast!"

Till sah mich immer noch ziemlich unbeteiligt an.

„Dabei hab ich dir gesagt, tu's nicht! Till, du baust immer nur Scheiße! Du denkst nie über die Konsequenzen nach!" Meine Stimme wurde lauter, und sofort sprach ich wieder eine Spur leiser. Doch unsere Zuhörer vor der Tür bekamen davon bestimmt eh nichts mit, da sie es immer noch nicht aufgegeben hatten, ihre Fäuste gegen die Tür zu hämmern.

Jetzt konnte ich sehen, wie sich Tills Gesichtsausdruck langsam veränderte. Er schaute mich ärgerlich an. „Es waren nur zweihundert! Ich brauchte das Geld! Woher sollte ich denn wissen, dass die so penibel sind!"

„Das ist dein Problem! Du weißt einfach nichts! Du denkst nie nach! Dein versifftes Drogenhirn ist völlig hinüber!"

Ich wusste, dass ich ihn damit eigentlich nur provozieren wollte, trotzdem schnappte ich überrascht nach Luft, als er plötzlich auf mich zu sprang.

Mein Plan war es gewesen, zuerst zuzuschlagen, doch nun hatte mein Bruder den Moment zu seinem Vorteil genutzt und stieß mich zu Boden.

Ich spürte das drückende Gewicht seines Körpers auf meinem Bauch und kurz darauf seine Faust in meinem Gesicht.

„Ohne mich hättest du das verfickte Geld doch gar nicht zusammen bekommen!", rief er wütend und erneut landete seine Faust unter meinem Auge.

Nun schlug auch ich blindlings auf Till ein. Ich trat wild um mich und versuchte so, ihn von mir runter zu schubsen.

„Ohne dich hätte ich das Geld auch gar nicht zahlen müssen!", brüllte ich.

Wir rangen miteinander, drehten uns, sodass nun ich über ihm war und schlugen wie die Tiere auf uns ein. Als wir noch ganz klein waren, hatten wir uns öfters mal geprügelt, meist wegen irgendwelchen Kleinigkeiten. Wer das Fernsehprogramm aussuchen durfte oder wer zuerst in die Badewanne musste. Aber als wir dann älter wurden, haben wir gelernt, unsere Konflikte ohne Gewalt auszuführen.

Das letzte Mal, dass wir so miteinander kämpften wie jetzt, war vor sieben Jahren auf der Brücke gewesen.

Immer stürmischer wurde unsere Schlägerei. Ich war längst blind vor Wut und drosch mit meinen Fäusten auf alles ein, was in meine Nähe kam, ob es nun Tills Gesicht war oder sein Magen.

Mein Bruder tat es mir gleich. Mit all seiner Kraft schlug er mir abwechselnd ins Gesicht und in die Rippen, bis ich kaum noch Luft bekam.

„Ich bring dich um!", schrie ich und er erwiderte: „Ich bring dich zuerst um!"

Sein Atem wurde schwerer und er schnappte keuchend nach Luft, was wohl an seiner schlechten Kondition aufgrund der vielen Zigaretten lag. Aber auch an mir selbst konnte ich spüren, dass ich bis vor drei Tagen noch Dauerqualmer gewesen war.

Trotzdem gaben wir beide nicht auf. Dieser Kampf war erst beendet, wenn einer am Ende war!

Das geht vorbei - Doch was ist, wenn nicht? (Eine Kraftklub-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt