16. Es geht los

118 12 1
                                    

Hi Leute,
Sorry, dass so lange kein neues Kapitel kam... Hab irgendwie nicht dran gedacht 😅 Aber hier ist es dann jetzt endlich 😁
LG, FUlia

#####################

Doch je näher der Tag rückte, desto aufgeregter wurden wir.

„Hast du mal ne Kippe?", fragte ich meinen Bruder, während ich nervös an meinen Fingernägeln kaute. Ich hatte seit Stunden nicht geraucht, weil ich einfach keine Zigaretten mehr hatte. Und lange würde ich das nicht mehr aushalten.

„Ich hatte gehofft, du hast noch welche", erwiderte mein Bruder und sah mich verzweifelt an.

Der große Tag war gekommen. Eine Woche war seit meinem Überfall in der Hofeinfahrt vergangen und Till und ich saßen in seinem Wagen vor unserem Haus.

Den Aktenkoffer hatte ich auf meinem Schoß abgelegt. Als ich vorhin im Keller einen Blick hineingeworfen hatte, war das ganze Geld noch dagewesen. Ich hatte erleichtert aufgeatmet, denn ich hatte immer noch Angst, es könnte einfach so verschwinden.

Karl hatten wir gesagt, dass ich nochmal zum Arzt fahren würde. Es war später Nachmittag und Till und ich würden wahrscheinlich länger wegbleiben, was die Lüge dann irgendwie aufgedeckt hätte, doch Karl meinte sofort, er müsse sowieso gleich weg, da er sich mit seiner Freundin trifft.

Das passte gut. Falls das Treffen mit dem oder den Drogentypen nicht so verlaufen würde, wie wir es uns erhofft hatten und wir vielleicht wieder ein paar Schläge einstecken mussten, würde Karl wenigstens nicht sehen, in welchem Zustand wir nach Hause kamen.

Ich hoffte natürlich, alles würde gut gehen, aber solchen Leuten traute ich alles zu. Die hatten bestimmt ihren Spaß daran, anderen Angst einzujagen und sie grundlos zu verletzen. Ich hatte ja auch schon ein bisschen Erfahrung darin sammeln dürfen.

Jetzt saßen Till und ich also in seinem Auto und waren startklar.

Wir hatten uns für seinen Wagen entschieden, da dieser, im Gegensatz zu meinem, noch Sprit im Tank hatte.

Mir fehlte aber einfach das Geld, um das zu ändern, denn im Moment hatte ich außer ein paar Münzen im Portemonnaie gar nicht mehr. Wirklich überhaupt nichts. Keinen einzigen Cent.

Genauso wie mein Bruder.

Und das war auch der Grund, warum wir jetzt zitternd dasaßen und ohne Kippen auskommen mussten.

„Was machen wir denn nun?", fragte ich meinen Bruder. Er hatte den Motor noch nicht gestartet und warf stattdessen einen Blick auf die digitale Uhrenanzeige am Armaturenbrett. „Es ist nicht mal sechs Uhr."

‚Gut. Und jetzt hör genau hin. Eine. Million. Euro. In bar. Eine Woche. Selbe Uhrzeit. Talsperre Einsiedel. Und besser, unser kleines Gespräch bleibt unter uns.'

Wie oft war mir dieser Satz in den letzten Tagen durch meinen Kopf geschwirrt. „Selbe Uhrzeit". Ich konnte mich zwar nicht an jedes Detail erinnern, aber als unsere Pizza geliefert wurde, war es vielleicht so um die sieben Uhr. Das heißt, als ich den Müll wegbrachte, war es frühestens acht.

Natürlich wäre es schlau gewesen, nach der Uhrzeit zu schauen, als ich zurück in die Wohnung gegangen bin, aber diese ganzen Worte waren erst nach und nach zu mir durchgesickert. Vielmehr hatte blanke Panik mein Gehirn vernebelt.

Sogar der Ort fiel mir zunächst nicht mehr ein. Als Till mich nach unserem Gespräch gefragt hatte, wo die Geldübergabe denn stattfinden sollte, musste ich lange überlegen.

„Hmmm, irgendeine Talsperre...", sagte ich und dachte: Scheiße, wenn mir der richtige Name nicht mehr einfällt, bin ich tot!

Tills Augen weiteten sich schreckerfüllt. „Was? Du hast es dir nicht gemerkt?"

Sicherlich wusste er, dass er der nächste sein würde, wenn ich erst mal tot war.

„Verdammt! Als ob du dir jedes Wort merken könntest, wenn dir jemand ein Messer an die Kehle hält!" Ich musste aufpassen, meine Stimme unter Kontrolle zu behalten, denn ich spürte, dass ich am liebsten schreien wollte.

Till schien sich darüber keine Gedanken zu machen. Er brüllte seine Gefühle frei heraus: „Sowas vergisst man doch nicht! Felix, das ist lebenswichtig! Jetzt denk nach, verdammt nochmal!"

Ich weiß, es war die Angst, nicht die Wut, die seiner Stimme diesen Ausdruck verlieh.

„Talsperre..." Ich dachte angestrengt nach, doch je mehr ich mich bemühte, desto weniger wollte es klappen.

„Euba? War es die Talsperre Euba?" Till sah mich durchdringend an. Wenigstens schrie er jetzt nicht mehr.

„Keine Ahnung, ich weiß es nicht." Ich hatte mir meine Hände links und rechts gegen den Kopf gepresst.

„Stausee Rabenstein? War es der vielleicht?", hakte mein Bruder weiter nach.

„Nein, das hätte ich mir bestimmt gemerkt."

„Mann, Felix, du hast es dir eben nicht gemerkt!"

Ich fand es ja genauso schlimm, wie er. Am liebsten hätte ich geheult.

„War es die Talsperre Einsiedel? Verdammt, so viele Möglichkeiten gibt es doch nun auch wieder nicht!"

Er hatte recht, es gab nicht viele Möglichkeiten. Trotzdem war ich mir immer noch nicht sicher.

„Kann sein", antwortete ich deshalb.

„Ja oder nein?"

Ich rief mir den Abend zurück ins Gedächtnis. So schwer es mir auch fiel. Ich wollte nicht an dieses extreme Gefühl zurückdenken, diese Angst und Panik, die ich verspürt hatte. Aber ich musste.

Das kalte Metall an meinem Hals. Der feste Griff um meinen Arm und der stechende Schmerz in meiner Schulter. Die kühle Stimme, die dicht neben meinem Ohr sprach: „Eine. Million. Euro. In bar. Eine Woche. Selbe Uhrzeit.... Talsperre Einsiedel."

„Ja, die war es!", rief ich plötzlich, was meinen Bruder kurz zusammenzucken ließ. „Talsperre Einsiedel."

Natürlich war ich froh, dass es mir wieder eingefallen ist, doch Freude darüber verspürte ich keine.

Vielmehr musste ich an den düsteren Wald und das tiefe, kalte Wasser des Sees denken. Ob irgendwo zwischen den Bäumen verscharrt oder im Wasser ertränkt: Meine Leiche würde man nicht so schnell finden.

Und genau da mussten wir jetzt hin.

Das geht vorbei - Doch was ist, wenn nicht? (Eine Kraftklub-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt