33. Eine wilde Fahrt

50 4 2
                                    

Hallo 😁
Auf Wunsch einer lieben Leserin lad ich noch ein paar Kapitel hoch, die ich mal vorgeschrieben hatte.
Liebe Grüße, FUlia

=========================

Mit einem gewaltigen Sprung stürzte sich mein Bruder von der Treppe auf Brock, der gerade meinem Blick folgen und sich umdrehen wollte, es jedoch nicht mehr schaffte, da er im nächsten Augenblick von hinten überwältigt wurde.

Till klammerte sich an Brocks Rücken und riss diesen zu Boden, wo er mit einem dumpfen Aufprall aufschlug.

„Till!", schrie ich, „Hör auf damit! Lass das! Es ist alles in Ordnung!"

Aber mein Bruder schenkte mir keine Beachtung. Er saß auf dem Rücken des Security-Mannes und presste ihn mit seinem ganzen Körpergewicht und seinen Händen zu Boden, während er nach etwas suchte, was er ihm über den Schädel ziehen konnte.

Brock wehrte sich mit Leibeskräften. Er war stark und hatte sich schon im nächsten Moment befreit.

„Felix, jetzt hilf mir doch mal!", brüllte Till. Er streckte die Hand nach meiner Wasserflasche aus, doch ich stand bloß wie versteinert da.

„Till, es ist alles gut. Hört auf, bitte!"

Brock hatte sich nun auf meinen Bruder gestürzt und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht.

„Scheiße, lasst das!"

Als Till der erste Tropen Blut aus der Nase rann, wurde mir das ganze Schauspiel zu viel. Ich war mit einem Satz bei den beiden und versuchte, sie voneinander loszubekommen.

„Jetzt haltet doch bitte mal inne, damit wir alles klären können", schrie ich verzweifelt, während mein Bruder gerade sein Knie hob.

„Nein, Till!" Ich schüttelte warnend den Kopf, doch mein Bruder war so in seiner Kampfeswut versunken, dass er mich gar nicht wahrnahm und dem Mann sein Knie zwischen die Beine rammte.

Dessen Gesicht lief im nächsten Augenblick so rot an, dass ich von purer Panik ergriffen wurde. Brock sah ja so schon nicht gerade freundlich aus, aber wenn Blicke töten könnten, dann...

Ich warf mich dazwischen, ehe er meinen Bruder packen konnte.

In diesem Moment passierte noch etwas: Der Bus fuhr an.

Überrascht von der plötzlichen Bewegung stolperten wir alle einen Schritt zur Seite und klammerten uns an der Küchenzeile fest. Till fiel zu Boden und nutzte die Gelegenheit, um Brock die Beine unter dem Körper wegzuziehen.

Jetzt rangen sie zusammen auf dem Boden, während ich wieder hilflos danebenstand.

„Hört auf! Bitte!" Ich trat beiden in die Seite, damit sie endlich auf mich aufmerksam werden würden, doch das provozierte sie nur noch mehr.

Jedoch scherte sich irgendwie niemand darum, warum unser Nightliner plötzlich selbstständig geworden war. Sogar mir war das im Augenblick so ziemlich egal.

Ich wollte nur, dass die zwei sich endlich aufraffen und reden statt kämpfen würden. Es ist doch alles so gut gelaufen...

Kurzentschlossen öffnete ich meine Wasserflasche und goss den zweien das Wasser über die Gesichter.

Sie prusteten kurz und kniffen die Augen zusammen, was ich dazu nutzte, meinen Bruder am Arm zu packen und von dem Security-Mann herunter zu zerren.

Doch statt mir zu danken, sprang dieser nun auf und krallte sich mit einer Hand meinen Kragen. Dann presste er mich an die Wand, genau wir vor wenigen Tagen schon.

Till war noch dabei, sich das Wasser aus den Augen zu reiben, doch als er zu uns hochblickte, war auch er zwei Sekunden später wieder auf den Beinen und stieß Brock von mir weg.

Der Bus schlingerte um eine Kurve.

Wieder ruderten wir wild mit den Armen um das Gleichgewicht zu halten.

„Till, hör endlich auf!", brüllte ich meinen Bruder erneut an.

„Ihr zwei!" Brock hatte die Augen zu Schlitzen verengt und zeigte nun nacheinander mit dem Finger auf uns. „Das werdet ihr noch bereuen!" Er blickte mich lange an. „Und ich dachte gerade, wir hätten die Sache ein für allemal geklärt."

„Es tut mir leid!", verteidigte ich mich. „Das dachte ich auch! Es ist alles geklärt! Vergessen wir die Sache einfach! Meinem Bruder tut das auch alles schrecklich leid, nicht wahr Till?"

Mein Bruder sah uns nur kühl an. „Was soll mir leidtun? Dass ich dich vor diesem Wichser retten wollte?"

„Das ist doch alles nur ein großes Missverständnis!", sagte ich laut und zwang mich zu einem Lachen, das eher wie ein zittriger Schluckauf klang.

„Jetzt kann ich euch auch nicht mehr vertrauen." Brocks Blick brannte sich in meinen.

Der Bus hielt mit quietschenden Reifen und wir prallten alle gegeneinander und dann gegen die Wand.

Als ich mich umdrehte, sah ich nun auch endlich, wer den Bus in Bewegung gebracht hatte. Der unheimliche Busfahrer. Wer auch sonst...

Ich weiß nur nicht, ob er schon bei unsere Ankunft auf dem Fahrersitz saß und wir ihn nicht bemerkt hatten, oder ob er erst mit Brock zusammen reingekommen war. Aber das spielte jetzt auch keine besonders große Rolle mehr...

„Endstation", sagte er. In seiner Stimme klang keinerlei Emotion mit und ich bekam eine schreckliche Gänsehaut bei diesem einen Wort.

Ich blickte aus der Frontscheibe hinaus und sah vor uns den dunklen Nachthimmel, wolkenverhangen und düster, und darunter Wasser.

Wir mussten uns irgendwo am Hafen befinden.

„Scheiße", flüsterte ich. Zu der Gänsehaut gesellte sich nun auch noch kalter Schweiß, welcher sich in meinem Nacken sammelte.

„Wie lange man wohl braucht, um zu merken, dass ihr beiden weg seid?", fragte der Busfahrer grinsend. Sogar sein Grinsen war gefühlsarm.

„Und wie lange die Polizei wohl braucht, um eure Leichen im Fluss zu finden?", ergänzte Brock.

„Scheiße", sagte nun auch Till. Mit einem Sprung war er bei der Tür und trat mit aller Kraft dagegen. „Lasst uns bitte einfach gehen!", flehte er.

„Oder was denkt ihr, wenn..." Der Busfahrer unterbrach sich in seinem eigenen Satz und sah uns herausfordernd an. Er zog seine Redepause genüsslich in die Länge, um uns wahnsinnig zu machen.

„Was denkt ihr, werden die Leute denken, wenn plötzlich die ganze Band verschwindet? Ich meine, Auto- und Busunfälle passieren ja hin und wieder. Fünf Leichen auf der Autobahn oder unter der Brücke... Nichts Besonderes eigentlich, oder? Passiert schon mal, nicht wahr? Wenn der Busfahrer abgelenkt ist, beispielsweise, oder wenn irgendwas am Fahrzeug defekt ist. Sowas kann auch nachts passieren. Im Schlaf."

Das geht vorbei - Doch was ist, wenn nicht? (Eine Kraftklub-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt