14. Nicht allein

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Hi Leute,
Wünsch euch ein schönes Wochenende!!
LG, FUlia

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Wir fuhren zu Till nach Hause, wo wir was aßen und er mir das versprochene Handy aushändigte.

Es war, wie schon befürchtet, eines dieser uralten Steinzeit-Handys. Ohne Touchscreen, sondern mit Tasten und zwei mal drei Zentimeter Display.

Aber das war mir im Moment scheißegal. Ich war einfach nur froh, wieder erreichbar zu sein.

„Ich fahr dich noch nach Hause", meinte Till am Abend.

„Ach, schon okay. Ich kann auch ein Taxi rufen", winkte ich ab.

„Nee, passt schon. Ist echt kein Problem für mich", erwiderte er und nahm schon den Autoschlüssel vom Haken neben der Tür.

„Wirklich, ich fahr mit dem Taxi", sagte ich noch einmal, doch Till blieb hart.

„Ich fahr dich! Mach ich doch gerne."

Er knipste das Flurlicht aus und schloss die Wohnungstür ab, bevor wir nach draußen traten.

In der Eingangstür blieb er kurz stehen und blickte sich nach links und rechts um.

Auch ich ließ meinen Blick einmal über die Straße schweifen.

Ich litt sowieso schon den ganzen Tag unter Verfolgungswahn und war mir deshalb nicht sicher, ob ich jemanden sah, oder nicht.

Till jedenfalls schien niemanden entdecken zu können und lief dann schnurstracks auf sein Auto zu, welches auf dem Parkstreifen neben dem Haus stand.

Ich folgte ihm, so schnell ich konnte, den Aktenkoffer mit beiden Händen umklammert. Ich hatte ihn den gesamten Tag über kaum aus dem Blick gelassen, außer zum pinkeln, da hatte Till den Part übernommen.

Während der Fahrt spürte ich das schwere Gewicht auf meinem Schoß. Ich hoffte, Karl würde uns beim reinkommen nicht sehen und neugierige Fragen stellen. Aber falls er den Koffer entdeckte, würde mir sicher wieder eine gute Lüge einfallen.

Wir hatten jedoch Glück. Als ich die Wohnungstür aufschloss, war von meinem Mitbewohner erst mal nichts zu sehen oder hören. Till lief hinter mir in den Flur, er hatte darauf bestanden, mich noch bis nach oben zu begleiten.

„Karl?", rief ich vorsichtshalber und machte mich auf den Weg in mein Zimmer, wo ich das Geld übergangsweise verstecken wollte.

„Bin im Bad!", erklang seine Stimme hinter der Badezimmertür.

Okay, alles klar. Ich schaute mich in meinem Zimmer um, auf der Suche nach einer geeigneten Verstaumöglichkeit für den großen Aktenkoffer.

Unter der Matratze? Nein, das war zu klischeehaft. Im Kleiderschrank? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Kumpel grundlos meine Kleidung durchwühlen würde. Aber was, wenn innerhalb der nächsten Tage hier eingebrochen werden würde? Wo würde ein Dieb niemals suchen?

In unserer Wohnung gab es, seit wir hier wohnen, zwar noch nie einen Einbruch, aber man wusste ja nie. Meistens passierte sowas, wenn man sich sicher fühlte.

Leider wollte mir auf die Schnelle kein wirklich gutes Versteck einfallen, deshalb entschied ich mich für die Sockenschublade in meinem Kleiderschrank. Ich nahm alle Socken und Unterhosen heraus, steckte den Koffer hinein, der gerade so eben darin Platz fand, und stopfte danach alle Kleidungsstücke wieder hinein. Die Socken- und Unterhosenschublade war in Filmen zwar auch ein beliebtes Versteck für wertvolle Dinge, aber falls mir noch was Besseres einfiel, konnte ich den Ort immer noch ändern.

Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, hatte es sich mein Bruder bereits auf dem Sofa bequem gemacht und lag mit einer Kippe im Mund, die Beine auf dem Tisch ausgestreckt, da.

Ich hatte angenommen, dass er mich nur bis in die Wohnung bringen wollte, doch nun sah es so aus, als würde er erst mal noch ein bisschen bleiben.

In diesem Moment kam auch Karl aus dem Badezimmer und begrüßte uns. Till warf mir einen fragenden Blick zu, wahrscheinlich wegen des Koffers, und ich nickte zur Bestätigung.

„Wow, wie siehst du denn aus?", fragte er dann, während er unseren Freund musterte.

Dieser hatte sich sichtlich in Schale geworfen: Gepflegte Haare, schickes Hemd und eine Parfumwolke, die uns alle umhüllte. Das konnte nur eins bedeuten:

„Ich gehe aus", erklärte er grinsend. „Wisst ihr noch, das Mädel von letzter Nacht? Wir haben ein Date."

Das war zwar nichts wirklich Besonderes, trotzdem freuten wir uns für ihn. Ich hatte eher damit gerechnet, dass es sich nur um einen One-Night-Stand gehandelt hatte, doch anscheinend war da doch mehr, als ich dachte.

„Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme. Oder ob." Er zwinkerte uns zu und ging dann in den Flur, um seine Jacke zu holen. „Bis dann, Jungs!", rief er und kurze Zeit später hörten wir die Tür ins Schloss fallen.

„Ja, was machen wir zwei Hübschen denn dann?", fragte ich meinen Bruder und setzte mich zu ihm. Er zündete sich bereits seine nächste Zigarette an und gab mir ebenfalls eine.

„Willst du noch weg?", fragte er mich, was eher lustlos als begeistert klang.

Ich hatte auch nicht wirklich Bock, noch was zu machen. Schließlich stand eine Million in bar ein Zimmer weiter und ich wollte das Geld ungern alleine lassen. Ich war wirklich paranoid.

„Nee", antwortete ich deshalb. Ich holte uns Bier aus der Küche und wir saßen den restlichen Abend zusammen und tranken. Wir redeten auch viel, aber nicht über die ernsten Themen, eher belangloses Zeugs, welches immer sinnloser wurde, je später es wurde.

Irgendwann war ich müde und k.o., der Alkohol war leer und ich war zu faul, um nach unten in den Keller zu laufen und Nachschub zu holen. Till wusste, es war an der Zeit zu gehen.

„Ähm, ich sollte mich dann mal auf den Weg machen", sagte er und drückte seine Kippe im Aschenbecher vor uns aus.

„Joa... wenn du meinst." Ich musterte ihn kurz und meinte dann: „Ich glaube, es ist keine gute Idee, jetzt Auto zu fahren." Keine Ahnung, wie viel er getrunken hatte, aber ich wollte nicht, dass er womöglich einen Unfall baute.

„Soll ich... mir ein Taxi rufen?" Er zog zögernd sein Handy aus der Hosentasche.

„Ach... Willst du das Geld nicht lieber sparen?"

„Ein bisschen was hab ich noch in der Tasche", erklärte Till, „aber wenn es dir nichts ausmacht..."

„Bleib ruhig, ist kein Problem", sagte ich schnell.

Mein Bruder sah mich dankbar an und ich spürte, dass er irgendwie nicht nach Hause wollte. Vielleicht hatte er Angst vor dem Moment, in dem er in der Dunkelheit vom Auto zu seinem Haus laufen musste. Oder er wollte einfach nicht alleine in seiner Wohnung sein. Vielleicht wollte er auch mich nicht alleine lassen.

Ich war ihm jedenfalls dankbar dafür, dass er blieb.

Keiner von uns wollte es in diesem Moment laut aussprechen, aber wir fühlten die Gedanken des jeweils anderen. Wir wollten beide nicht alleine sein.

Das geht vorbei - Doch was ist, wenn nicht? (Eine Kraftklub-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt