19. In Sicherheit

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Hi Leute,
Sorry, dass es so lange gedauert hat... Hier kommt nun endlich das nächste Kapitel :)
Und, jemand morgen bei KK dabei??
LG, FUlia

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„Den hab ich in dem Auto gefunden!", rief der Mann uns von unten zu. Till regte sich kaum. Und ich betete, dass das auch so blieb, denn ich hatte in diesem Moment wirklich riesengroße Angst, dass er wieder irgendeine Dummheit anstellten würde.

Jetzt mach bloß keinen Scheiß, keine dämliche Befreiungsaktion!, schickte ich ihm in Gedanken zu. Vielleicht würde er diese Nachricht irgendwie erhalten, denn sehen konnte er mich sicherlich kaum.

Jetzt drehten sich die Köpfe der beiden Männer auf der Mauer mir zu.

„Gehört der zu dir?", fragte einer. Ich bemerkte einen drohenden Unterton in seiner Stimme. „Hatte ich nicht gesagt, du solltest alleine kommen?"

Ich weiß nicht, ob das wirklich eine Frage war, vermutlich eher nicht. Trotzdem konnte ich mich daran nicht mehr erinnern. Nur, dass ich nicht zur Polizei gehen sollte, aber mit solcher Klugscheißerei konnte ich jetzt wohl kaum bei ihm punkten.

Mit ängstlichem Blick schaute ich wieder zu meinem Bruder hinunter und dann auf die beiden Männer vor mir. Ich bekam keinen Ton mehr heraus.

„Ich frag nochmal: Gehört der da unten zu dir?", wiederholte der eine und klang dabei noch gefährlicher als beim ersten Mal.

„Bitte tut ihm nichts", war das einzige, was ich sagen konnte. Auch wenn das nicht direkt eine Antwort auf die Frage war.

„Wer ist das?" Falls es sich bei den Männern um dieselben handelte, welche auch den Brief in Tills Briefkasten eingeworfen hatten, müssten sie ihn doch eigentlich kennen. Also entweder waren viel mehr Leute an der Sache beteiligt, als ich angenommen hatte, und sie handelten gerade nur wieder im Auftrag von jemandem, oder es war einfach nur zu dunkel. Selbst ich hätte meinen Bruder wahrscheinlich nicht erkannt, hätte ich nicht gewusst, dass er es war.

„Das ist mein Bruder", erklärte ich, nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen hatte. „Er hat einen Drohbrief bekommen. Er weiß von allem. Er steckt mit drin." Nach einer kurzen Pause fügte ich erneut hinzu: „Bitte tut ihm nichts."

Die zwei Männer warfen sich einen Blick zu, woraufhin der eine von ihnen kurz nickte.

„Was soll ich mit ihm machen?", ertönte es in diesem Moment aus Richtung Auto.

„Ist okay, lass ihn gehen", antwortete der mit der Pistole.

Erleichtert atmete ich auf, als ich sah, wie der Mann erst die Waffe senkte und dann meinen Bruder losließ. Ein großer Stein fiel mir vom Herzen.

Till verschwand so schnell es ging im Auto und verriegelte, so vermutete ich es zumindest, sofort alle Türen von innen.

Als ich meinen Blick wieder hob, merkte ich, dass die zwei Typen mich anstarrten.

„Und jetzt zu dir", sagte der mit dem Koffer. „Ich hoffe für dich, dein Bruder ist der einzige, der Bescheid weiß. Der nächste kommt nämlich nicht so leicht davon!"

Stumm nickte ich. Es reichte! Ich wollte nur noch runter ins Auto.

Einige Sekunden lang sagte keiner was, dann erhob der andere Mann seine Stimme: „Ja gut, dann noch einen schönen Abend."

Er sagte das mit einer Stimme, die viel zu fröhlich für diese Situation klang. Es war einfach absurd.

Ich konnte ihre Gesichter immer noch nicht erkennen, doch bestimmt zeichnete sich ein hämisches Grinsen auf ihnen ab.

Mit einem letzten kurzen Blick auf die Gestalten drehte ich mich um, und lief den Weg über die Mauer zurück zum Abhang. Ich rechnete noch damit, von hinten gepackt und über das Geländer ins Wasser geworfen zu werden, doch nichts dergleichen geschah.

Als ich an der Wiese angekommen war, beschleunigte ich meine Schritte und eilte die Schräge hinunter bis zum Auto. Der Kerl, der eben noch die Pistole an Tills Kopf gehalten hatte, war nicht mehr zu sehen.

Das war's. Wir hatten es tatsächlich überstanden.

Wir waren endlich frei!

Eine Woche war seitdem vergangen und noch immer musste ich andauernd an das Erlebte zurückdenken.

Es war noch viel geschehen in dieser Nacht.

Keuchend war ich am Auto meines Bruders angekommen, der eilig die Zentralverriegelung aufschloss und mich so hineinließ.

„Geht's dir gut?", war das erste, was er zu mir sagte, noch bevor ich ihm die gleiche Frage stellen konnte.

Noch während ich mit einer Hand die Tür hinter mir zu zog, drehte ich mit der anderen den Schlüssel um und startete den Motor. Dann nickte ich.

„Ich denke schon. Und dir?"

Ich schaltete das Abblendlicht ein. Dabei warf ich meinem Bruder einen Seitenblick zu. Soweit ich es erkennen konnte war er ziemlich blass unter der leichten Schweißschicht, die auf seinem Gesicht lag. Wahrscheinlich sah ich genauso scheiße aus.

Er nickte stumm. „Ja, glaub' schon."

Die Gefühle in mir waren in diesem Moment komplett durcheinander gewürfelt. Der Schock vom Anblick der Pistole an Tills Schläfe saß noch immer tief in meiner Brust. Andererseits war ich erleichtert, dass es uns soweit gut ging und endlich alles vorbei war. Dass unser normales Leben weiter gehen konnte, wie gewohnt. Und doch würden wir nicht mehr ganz dieselben sein.

Ich tastete nach dem schmalen Schnitt an meinem Hals. Die Wunde war verheilt, doch wenn man genau hinsah, konnte man die Linie noch erkennen.

Wir schwiegen beide. Meine Gedanken waren einfach zu verworren, als dass ich sie hätte aussprechen können. Till erging es da scheinbar ähnlich.

Wir waren in Sicherheit. Trotzdem war es jetzt an der Zeit, endlich von diesem düsteren Ort zu verschwinden.

Ich trat aufs Gaspedal und wendete auf dem schmalen Weg, den wir gekommen waren. Doch statt von der Stelle zu kommen, ließ sich das Auto kaum lenken und ruckelte ungleichmäßig herum.

„Scheiße, was ist jetzt schon wieder los?", fragte ich meinen Bruder, der natürlich genauso wenig Ahnung hatte wie ich.

Mein erster Gedanke war, dass der Sprit alle war. „Ich dachte, du hättest noch Benzin im Tank", sagte ich und mein Bruder entgegnete: „Ja, ich hab erst vor einigen Tagen voll getankt."

Dann drang ein schleifendes Geräusch von außen zu uns herein und meine nächste Vermutung bestätigte sich spätestens da.

„Ich glaube, wir haben einen Platten."

Das geht vorbei - Doch was ist, wenn nicht? (Eine Kraftklub-Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt