Queen of the Castle

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Das Sonnenlicht malte bereits mit dicken Strahlen durch die dunkelroten Vorhänge, als Candela gequält die Augen öffnete.

Es war selten, dass sie so lange schlief, doch gerade hätte sie nichts lieber getan, als die Augen wieder zuzumachen und zurück in die Kissen zu sinken.

Schließlich raffte Candela sich doch dazu auf, die Füße über die Bettkante zu schwingen.

Wobei sich das nächste unüberwindbare Hindernis auftat.
Ein eiskalter Fußboden.
Der Herbst war zwar ihre Lieblingsjahreszeit, aber so weit musste sie nicht gehen. Auch diese Liebe hatte ihre Grenzen.

Nachdem sie doch ihre kuschelige Bettstatt verlassen und ein spätes Frühstück verschlungen hatte, war sie nun auf dem Weg zu Timea.

Die Einzigen, die ihr begegneten, waren vorbeihuschende Diener, die es besser wussten, als sie anzusprechen, wenn sie mit diesem Blick umherlief.
Treffen mit Timea machten Candela immer ein wenig ....... dünnhäutig.
Weswegen sie jede unnötige Begegnung mit ihrer Herrin vermied.

In der Sicherheit des momentan leeren Ganges verzog Candela das Gesicht.
Nicht wenig mehr als ein Sklave war sie - waren sie alle.

Doch jetzt waren solche Gedanken unnütz. Wenn sie schon mit dieser Einstellung hereinspazierte, würde es nur schwerer werden, ihr Temperament an der kurzen Leine zu halten.

Ihre Ladyschaft hatte nicht nach ihr rufen müssen.
Can war schon lange genug im Geschäft um nach einem erfolgreichen Mission hier so schnell wie möglich aufzukreuzen.
Und Timea vertraute darauf, dass sie das auch tat - wenn sie wusste was gut für sie war.

Nach einigen entlanggewanderten Fluren und Treppenfluchten bog Candela schlußendlich in den langen Gang ein, welcher die beiden Türme, die die Rückseite der Festung flankierten, verband.

Obwohl das ganze Gebäude so groß war, dass sie manche Teile nie betreten hatte, war ihr dieser Teil inzwischen vertraut.
Die Sonne war schon so hoch über den Horizont gestiegen, dass die zahlreichen Schrammen und Kratzer an den Wänden hervorgehoben wurden.
Der Farbfleck zu ihrer Linken trat in Cans Blickfeld - blutrot. Die Farbe mit der Timea die Tür ihres Arbeitszimmer hatte streichen lassen, war ein ständige Mahnung an das was passieren würde wenn sie je aus der Reihe tanzte - oder versuchte zu fliehen.

Candela hatte keine Lust gehabt bei ihrer Rückkehr noch nachzuschauen in welcher Farbe die Fahne derzeit wehte.

Wie zur Verhöhnung der königlichen Farben, war die Flagge, die stolz neben dem Hauptor im Wind flatterte, normalerweise schwarz.
Doch wenn einer der mehr-Sklave-als-sonst-was-Anwesenden die Flucht gewagt hatte, flatterte sie purpur.
Jeder Infector wusste dann, dass gerade einer der Ihren zu Freiwild erklärt worden war.
Bis jetzt hatte Can es noch nicht erlebt, dass es jemand geschafft hatte.
Obwohl nicht alle zurückkehrten.
Doch wenn die schwarze Flagge wieder gehisst wurde, wusste man Bescheid.

Candela hielt sich nicht damit auf zu klopfen. Ihr Kommen war wahrscheinlich von dem Moment an angekündigt worden, als sie ihr Zimmer verlassen hatte.
Was augenscheinlich auch der Grund war, warum Aron vor der Tür positioniert war und sie mit Augen, aus denen der Wunsch ihr die Kehle aufzuschlitzen sprach, musterte.
Can bedachte ihn mit einem Grinsen, dass andere Männer in die entgegengesetzte Richtung rennen ließ.
So selten, dass er die Wächterrolle übernahm. Vielleicht sollte sie sich geehrt fühlen, von ihm so bedrohlich wahrgenommen zu werden.

Eine wage Geste, die sie zum Niedersetzen aufforderte, war alles was Timea ihrer Erscheinung würdigte.

Die nächsten Minuten waren nur vom Ticken der hölzernen Standuhr in der Ecke erfüllt, während Candela dem altbekannten Drang widerstand auf dem roten Samtstuhl hin und her zu wetzen.
Das ganze Zimmer war in den verschiedensten Rottönen gehalten.

Es gab Tage an denen die Infector an diesem Raum nicht einmal vorbeigehen konnte.

Doch heute - ein Test.Das war es - ein Test, um zu sehen ob die Waffe noch geschliffen war.

Nachdem Can langsam begonnen hatte zu überlegen, welche Konsequenzen es haben würde, wenn sie jetzt einfach aufstand und ging, hob Timea doch den Kopf, ihr langes Haar schwang mit der Bewegung.

Ein Blick aus Eis gemacht fuhr über sie. Etwas in ihrem Inneren - ein Teil der immer noch voll von unbezähmbarem Feuer war - erhob sich brüllend. Sie fragte sich schon seit einer Weile, wie stark der Blick ihrer Meisterin wirklich war. Und wer von ihnen das Schlachtfeld leben verlassen würde. Sollte sie es je darauf ankommen lassen.

"Ich freue mich von deinem Erfolg zu hören, Moreia. Der Betrag wurde bereits deinem Konto zugetragen."

Candela nickte, nichts Geringeres hatte sie erwartet. Trotzdem würde sie morgen der Bank einen Besuch abstatten. Vertrauen war schön und gut, aber Kontrolle war ihr immer noch lieber.

Ein makellos gepflegter Finger fuhr über die lederne Auflage des Tisches. Gelassen. Selbstsicher.

Als wäre dies ein alltägliches Gespräch unter Freunden, nicht die Begegnung zweier Wesen, die nach dem Blut des jeweils anderen dürsteten.
Doch das war alles Teil des Spieles, das Candela schon fast die ganzen 16 Jahre ihrer Existenz spielte.

Sie nicht wissen zu lassen wo sie stand, was als nächstes passieren würde.

"Angesichts deiner hervorragendenden Leistungen in letzter Zeit, wäre eine kleine Ruhepause doch angebracht?"
Diese stahlblauen Augen fixierten sie erneut.
Eine Frage - und eine Herausforderung.

Sie schluckte, ihr Gesicht so vorsichtig ausdruckslos:"Die Arbeit macht mir nichts ."

Ein Lachen - so leise, so unheilverheißend - dass es Candela die Haare aufstellte.
"Nichts anderes habe ich von dir erwartet."

Timea lehnte sich zurück, ihr braunes Haar glänzte im Sonnenlicht, welches durch die deckenhohen Fenster hereinflutete.
Eigentlich war es ein schöner Tag. Vielleicht fand sie nachher noch Zeit, sich in den Hof zu stehlen und ein wenig zu trainieren.
"Nun denn, du kannst dich glücklich schätzen, ich kann dir bereits ein neues Angebot machen. Ich glaube, die Sache ist ganz nach deinem Geschmack", Timea hatte wieder ihren ruhigen, geschäftsmäßigen Ton angschlagen.

Die Infector verdrehte bei den Worten innerlich die Augen. Ein Angebot! Als ob es nicht heißen würde, friss oder stirb. Wortwörtlich!

Schneller als Candela reagieren konnte, hatte Timea einen Zeigefinger an ihrem Kinn. Mit einem sehr spitz gefeilten Nagel.
Sie begegnete ihrem Blick - ihre moosgrünen Augen genauso stählern wie die hellblauen ihr gegenüber.

"Nur damit wir uns auch wirklich verstehen,", der Nagel kratze über ihre Haut und Candela spürte die plötzliche Wärme, die sich dort ausbreitete." dies ist ein sehr bedeutsamer Auftrag und ich gebe ihn dir nur, weil du dich bis jetzt als würdig erwiesen hast. Wenn du allerdings versagtst"- der Nagel grub sich tiefer in ihre empfindliche Haut.

Between Death and FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt