Space Between

3 1 0
                                    

Nur wenig konnte Azar von der Person ausmachen, die da zu ihnen hereingekommen war. Flammendrotes Haar, das selbst im trüben Licht beinahe leuchtete. Und klein war sie - ein Kind?

Wirklich - wer sich da zögerlich näherte war ein Bub, mit Haaren wie ein Lagerfeuer, der schniefend die Rotznase hochzog.

Aller Mühsal zum Trotz zwang Azar ein Lächeln auf sein Gesicht. Nicht das der Junge auch nur irgendwie verängstigt wirkte. Im Gegenteil - er fuhr sich mit dem Ärmel über die Nase und fragte neugierig: "Kommt ihr von weit her?"

Zu Azars Überraschung antwortete Candela: "Von weiter als du dir vorstellen kannst Kind."

"Ich bin kein Kind -" verärgtert schob der Junge die Unterlippe vor - " ich werde diesen Clan einmal anführen, mein Papa zeigt mir wie."

"Und wie heißt du?" "Onin", grinste der Kleine stolz. "Und ihr?" "Ich heiße Azar und das ist Candela." "Und woher kommt ihr jetzt? Und warum mag euch mein Papa nicht?"

Unwilkürlich musste Azar grinsen, Onin war offensichtlich eine Klasse für sich. "Wir kommen aus Nazar und warum - " "Ohh -" Onin machte einen unsicheren Schritt zurück.

"Menschen aus Nazar darf man nicht trauen, sie können einem mit Blicken wehtun. " Gleich darauf fand Onin aber zu seiner Selbstsicherheit zurück. " Könnt ihr das auch? Ihr tut mir doch nicht weh - das wäre nicht nett."

"Nur Candela besitzt diesen magischen Blick, meine Talente liegen woanders. Aber nein, wir werden dir nicht wehtun."

"Wer hat dir denn gesagt, dass man Menschen aus Nazar nicht trauen darf?", meldete sich Candela zu Wort.

"Mein Papa. Aber -"  nachdenklich zog Onin die kleine Stirn in Falten "- die sind nicht richtig böse. Die sind wie falsch erzogen - das macht ihr König. Der ist nämlich wirklich böse."

                                                                                                      ~~

Ein Gewirr aus lauten Stimmen weckte Candela am Morgen. Sie strampelte die steif gefrorenen Felle von sich. Onin hatte eine ganze Wagenladung davon gestern für sie mitgebracht. Sein kleiner Körper lag zusammengerollt in einer Ecke auf einem Haufen Pelz. Er hatte darauf gepocht, bei ihnen Wache zu halten.

"Du großer - du unvernünftiger - du hirnrissiger Idiot" - eine grollende Wut vereinahmte die weibliche Stimme. Verschlafen spitze Candela die Ohren. Kannte sie diese Stimme nicht ?

Hinter ihr schnarchte Azar vernehmlich.

Mit einem Ruck flog die Tür auf. Candela kniff die Augen zusammen. Gleißendes Morgenlicht strahlte herein.

Hinter ihr schnarchte Azar seelenruhig.

"Hallelujah, schau - sie leben noch. Aber wahrscheinlich haben sie das nicht dir zu verdanken."

"Ich rettete sie vor dem Sturm. Ich gab ihnen Unterkunft, du Wurm."

"Ich wette da haben eure Ratten bessere Unterkünfte."

Jemma - es war Jemmas Stimme. Aber warum war sie hier? Und wo ist hier?

Azar befand sich immer noch in stetem Schlummer. Candela zog vorsichtig ein Augenlid eine Haaresbreite nach oben.

In der Türöffnung - eingerahmt vom Schein der Sonne - der von Unmengen an Schnee reflektiert wurde, stand Jemma. Die Hände anklagend in die Hüften gestemmt, bedachte sie wechselweise den Hünen von gestern Nacht und Candela und Azar mit mürrischer Miene.

Als sie sah, dass Can nicht nur am Leben, sondern auch bei Bewusstsein war, schenkte sie ihr ein kurzes Lächeln.

"Bind sie auf der Stelle los!" Und mit dieser Anweisung machte sie auf der Stelle kehrt und stapfte von dannen.

                                                                                                                     ~~

Der Nebel der Verwirrung lüftete sich erst allmählich, als Candela bei einer heißen Tasse Tee vor einem prasselnden Feuer saß. Trotz der Sonne, die hoch am Himmel stand, war es bitterkalt und Candela hatte die Kleidung zum Wechseln, die Jemma mitgebracht hatte, dankbar angenommen.

Ein Teil ihres Herzens noch freigelegt und schmerzend, wegen der Dinge, die sie Azar gebeichtet hatte, nahm sie einen großen Schluck Tee. Das Gespräch hatte sie wahrlich durcheinandergebracht.

Im Raum zwischen den Schatten der Vergangenheit und dem Aufgang einer ungewissen Zukunft drehte sie sich blind im Kreis. Die Geister und Dämonen rasselten mit ihren Ketten und zogen kreischend Krallen über die Wände ihrer Gefängnisse.

Gnädigerweise zog mit jedem Tropfen Tee, den sie inhalierte, ein Gähnen unter den Biestern auf. So lange bis ihr Fokus sich voll und ganz auf die Unterhaltung legte.

"Du wirst das nicht gerne hören. Und es wird dich stören." Corran (auf diesen Namen hörte offensichtlich der Berg von Mann, vor dem eine Bande Wilder kuschte wie Schoßhündchen) legte einen verstörend düsteren Ausdruck an den Tag.

"Der König von Nazar starb vor wenigen Tagen. Man hörte wenige Klagen, doch die Nachricht verbreitete sich schnell. Die Leute sind in Sorge. Sein Sohn, sein Nachfolger, du kennst die Gerüchte, sie sind voller Morde."

Jemma rechnete sich hoch an, dass sie keinen Verzeiflungsschrei losließ. Vielleicht - vielleicht stieg ein ganz kleines bisschen Dampf aus ihren Ohren. Zumindest fühlte sie sich so. Nach all den Jahren, all den Opfern, hatte sie endlich genug Leute und Mittel um eine ernstzunehmende Bedrohung darzustellen - und da starb der alte Tyrann einfach. Manche Leute hatten echt keinen Anstand.

"Soweit ich weiß kommt der Sohnemann ganz nach seinem Vater - seine Laune soll unberechenbar sein. Und für einen Thronfolger war er immer äußerst öffentlichkeitsscheu. Wie siehst du das Azar?"

Azar nahm sich Zeit zu Überlegen, bevor er Jemma antwortete: "Ja, ich denke er hat nie wirklich mit dem Adel assoziert. Von seiner Schwester sehr behütet, das war immer mein Eindruck. Prinzessin Aislin tanzt auf jeder Party, als würde ihr morgen der Himmel auf den Kopf fallen."

Jemma kratze an ihrer linken Augenbraue. "Stimmt - dadurch hat sie die Öffentlichkeit erfolgreich davon abgelenkt, dass ihr Bruder so gut wie nie auf der Bildfläche erscheint." Sie blickte in die Runde. "Was für Pläne mag dieses Mädchen haben? Wir müssen sie auch im Auge behalten."

Eine kurze Pause folgte.

"Nun denn -" Jemma erhob sich - "alles wie geplant - allerdings machen wir jetzt einen anderen König Feuer unter dem Hintern."

Sie schlug die Hände zusammen. "Wir reiten nach Azurit. Corran, du und alle Männer, die dir folgen wollen begleiten uns."

Eine buschige Augenbraue zuckte zwei Millimeter nach oben. " Mit allem Verlaub, aber es werden sich nicht nur Männer anschließen wollen, wie ich glaub."

Das befriedigte Grinsen, das sich auf Jemmas Gesicht ausbreitete, war Antwort genug. " Gut - sehr gut. Wir holen uns unsere Haupstadt wieder - und dann senden wir dem neuen König eine Nachricht - wir fordern verdammt nochmal unser Land zurück."

"Darauf trinke ich." Azar hob mit sinisterer Geste seinen Teebecher.

------------------------------------------------

Hey

Mich gibts auch noch (große Überraschung?Irgendjemand?) :) Ich hoffe ihr hattet viel Spaß beim Lesen und naja,

bis zum nächsten Mal - have nice day!

(Der Name Aislin kommt übrigens aus dem Keltischen und wird ASH-linn ausgesprochen - zumindest laut dem Internet)

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 16, 2020 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Between Death and FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt