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Gemeinsam verlassen wir meine Wohnung und gehen in Richtung Dachterrasse, von der ich bis dahin gar nicht wusste, dass es sie gibt. Auf dem Weg dorthin schließen sich uns immer mehr Leute an. Irgendjemand drückt mir noch ein zartes Sonnenschirmchen in die Hand. Auf dem Dach, das größer ist als mein vorheriger Garten, befinden sich mehrere Hangars und ein Helipad, auf dem bereits ein Helikopter steht. Bez kommt auf mich zu und löst Thekla ab, die bis dahin meine Hand gehalten hat, da ich auf dem Kies sonst hingefallen wäre. „Du siehst übrigens toll aus", flüstert er mir ins Ohr. Ich lächle ihn an. „Kommst du heute auch mit?" Er nickt. „Ich fliege dich hin." Als wir den wartenden Helikopter erreichen, hebt er mich einfach auf den Sitz und reicht mir ein schwarzes Headset und ein Klemmbrett. „Das sind die Leute, die du heute kennen lernst. Am besten, du lernst die Liste auswendig." Er schließt die Tür und kommt um den Helikopter herum. Jemand schließt auch auf seiner Seite die Tür, woraufhin er beginnt, irgendwelche Hebel und Knöpfe zu drücken, bis die Rotorblätter sich lautstark in Bewegung setzen. Der Helikopter hebt ab und ich schaue ein letztes Mal auf das Dach zurück. Alle Leute stehen dort und winken mir zu. Ich winke zurück und beginne, das Klemmbrett zu studieren. Die meisten Leute sind reiche Snobs, die von Beruf Sohn sind. Innerhalb kürzester Zeit präge ich mir ihre Namen und Lebensläufe ein. Nur ein Mann auf der Liste erregt meine Aufmerksamkeit. Mr. Dinare, der Diamanthändler, grinst mich von einem kleinen Foto aus schleimig an. „Bez, wir haben ein Problem", sage ich in das Mikrofon. „Dem hier", ich tippe auf das Bild, „habe ich für über hundert Millionen Dollar Waffen verkauft. Ich glaube nicht, dass er mein Gesicht vergessen hat." Bez flucht leise. „Ruf Jaxx an", befiehlt er mir und deutet auf ein Telefon, das an der Seitenwand angebracht ist. Jaxx geht schon nach dem ersten Klingeln ran. „Was gibt's? Seid ihr zu spät?" „Nein, glaube ich nicht. Aber unter deinen geschätzten Gästen befindet sich Mr. Dinare. Dem habe ich Waffen verkauft." Auch Jaxx flucht leise vor sich hin. „Wir können das jetzt nicht abbrechen!" Er scheint mehr mit sich selbst zu sprechen als mit mir. Dann scheint er einen Beschluss gefasst zu haben. „Ich mochte diesen Typen damals schon nicht. Fliegt noch ein paar Platzrunden und ich beseitige in der Zeit das Problem." Er legt auf und ich sage Bez, dass er weiterfliegen soll. „No Problemo." Der Helikopter neigt sich stark zur Seite und ich werde in meine Gurte gedrückt. Vor Freude quieke ich wie ein kleines Kind auf und zappele herum. Bez grinst. Und fliegt erneut eine so steile Kurve. So geht das die ganze Zeit weiter, bis irgendwann eine kahle Betonfläche mit einem großen Helipad in Sicht kommt. Sofort bringt er den Helikopter in eine normale Position. „Du darfst nicht aussteigen, solange Jaxx dich nicht abholt. Sonst wirst zu weggeweht." Ich nicke. „Kommst du mit?" Bez verneint. „Ich bringe dich nur hin, danach habe ich ein Meeting mit dem Chef einer Scheinfirma." „Noch einen letzten Tipp?" Ich schaue ihn hoffnungsvoll an. Der Helikopter setzt vorsichtig auf dem Boden auf. „Sei jemand anderes", sagt er ernst. Wir sprechen kein Wort mehr miteinander. Ich schaue mich um. Wir sind auf dem Dach eines Hauses gelandet. In einiger Entfernung steht erwartungsvoll ein Pulk aus Leuten und schaut gespannt zu mir hinüber. Jaxx kommt auf den Helikopter zugelaufen und öffnet die Tür auf meiner Seite. Bevor ich mich lächerlich machen kann, indem ich auf den Boden falle, hebt er mich heraus und stellt mich sicher auf den Boden. „Hallo, Victory. Du siehst wunderschön aus. Küss mich." Unsere Lippen treffen sich und er grinst. „Komm, ich stelle dich meinen Freunden vor." Er zieht mich vom Helikopter weg, nicht ohne Bez vorher noch einmal zugewunken zu haben. Wir gehen auf die Versammlung zu. „Ladies und Gentlemen, darf ich Ihnen nun meine Verlobte, Miss Lady Black, vorstellen?" Er schaut mich stolz an. Ich blicke in die Runde und schaue in zwölf nette Gesichter. Einen nach dem anderen begrüße ich mit besten Manieren. Ohne direkt hinzuschauen fällt mir auf, wie einige der Frauen mir neidische Blicke zuwerfen. Ich spanne mein Sonnenschirmchen auf. Ein Butler kommt heran. „Darf ich die Herrschaften nun zu Ihrem Platz begleiten?" Er führt uns zu einem großen, edlen Aufzug, der uns in einen Raum bringt, der mit vier Tischen bestückt ist, die so weit wie möglich voneinander entfernt stehen. Einer davon ist ganz in weiß geschmückt. Wir gehen darauf zu. Die einzelnen Plätze sind mit Namenskärtchen versehen. Ich sitze direkt neben Jaxx und einer älteren Dame, die sich Portia de Loy nennt. Jaxx schiebt den Stuhl zurück, sodass ich mich darauf setzten kann. Er geht um mich herum und lässt sich neben mir auf seinem Stuhl nieder. Miss de Loy quetscht sich auf meiner anderen Seite hinter den Tisch. Jaxx nimmt meine Hand in seine, als sich alle gesetzt haben. „Es freut mich, dass ihr alle zusammen gekommen seid, um euch meiner Verlobten anzunehmen." Ich lächle ihn an. „Ich habe mit Kate lange darüber gesprochen und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir in Italien heiraten wollen." Er nickt, als die anderen freudig klatschen. Als Ruhe eingekehrt ist, fährt er fort. „Des Weiteren würden ich mich sehr freuen, wenn ihr uns bei diesem Schritt begleiten würdet." Die Menge klatscht noch lauter. Portia de Loy lehnt sich zu mir hinüber und nimmt mich in den Arm. „Meine Liebe, es freut mich überaus, dass Richard eine so wunderhübsche und nette Frau gefunden hat, die ihm vielleicht endlich einmal Manieren beibringen wird." Sie lächelt ihn tadelnd an. „Vielen Dank, Miss de Loy." „Ach nenn mich doch Portia, meine Liebe." Ich nicke. „Weißt du, wer die anderen sind?" „Ja, Richard hat sie mir alle beschrieben. Nach seinen Erzählungen habe ich es immer bedauert, vorher nie dabei gewesen zu sein, wenn sie sich getroffen haben." Portia lächelt mich an. Mir gegenüber nimmt die jüngste der Frauen Platz. Von den Fotos weiß ich, dass sie Rosie Huffner heißt und sie eine richtige Zicke ist. Außerdem hasst sie mich wahrscheinlich, weil sie Jaxx heiraten wollte. Sie schaut mich ausdruckslos an und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Probeweise lächle ich ihr zu, doch sie reagiert nicht. Portia bemerkt, dass wir uns anschauen. „Vergiss sie, sie ist die griesgrämigste junge Frau, die ich kenne", flüstert Portia mir zu. Eigentlich dürfte ich gar nicht wissen, dass sie in Jaxx verliebt war, deshalb frage Ich: „Habe ich irgendetwas gemacht, dass sie mich jetzt schon verabscheut?" Portia legt sich die edle Serviette über den Schoß. „Nein, nein, Kindchen. Sie war früher auf Richard aus, aber er wollte sie nicht haben. Sie hat sich damals ziemlich blamiert und hasst inzwischen jeden, der Richard zu nahe kommt." Ich nicke und lege einen bestürzten Gesichtsausdruck auf.


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