Prolog

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Nico pov.

Das Trampeln meiner Schritte, die mich forttrugen, hallte von den Wänden der engen Gassen zurück. Meine Schuhe flogen geradezu über den Asphalt. Das Gefühl war herrlich, ich sah die Häuser an mir vorbeiflitzen und fühlte mich unbesiegbar. Lediglich das zunehmende Stechen in meiner Brust erinnerte mich daran, dass ich es nicht war. Dieses Stechen und das Geräusch der Schuhe meiner Verfolger, die nur knapp hinter mir waren, hielten mich davon ab, anzuhalten. Ich wusste, dass wenn ich dies tun würde, meine letzte Stunde geschlagen hätte. Sie würden mich kriegen, und mein Leben wäre endgültig vorbei.

Es war nicht die Polizei, die hinter mir her war. Nein, das hätte mich seltsamerweise sogar gefreut. Hätte mich die Polizei verfolgt, wäre es mir ein Leichtes gewesen, sie abzuschütteln, und selbst wenn sie mich erwischt hätten, wäre ich mit ein paar Jahren im Gefängnis davongekommen. Vorausgesetzt, sie hätten Beweise gegen mich in der Hand, wovon ich jedoch nicht ausging.

Meine Verfolger waren grausamer als die schlimmsten Polizisten. Es war ihnen egal, was oder ob ich überhaupt etwas verbrochen hatte. Das Einzige, was bei ihnen zählte, war Geld und ihr eigenes Leben. Das Einzige, was ihnen dabei im Weg stand, war ich. Man kann nicht gerade sagen, dass sie bei der Beseitigung ihrer Probleme besonders subtil vorgingen; schließlich kannte man sie in der ganzen Stadt. Aber das war für sie nicht weiter schlimm; sie glichen dies einfach mit ihrem Einfluss aus. Niemand wagte es auch nur, daran zu denken, sich ihnen in den Weg zu stellen. Niemand zeigte sie an, niemand verhaftete sie, niemand war bereit, sie zu verurteilen. Jeder kannte ihre Gesichter und wusste, dass man besser verschwinden sollte, wenn sie auftauchten.

Zum Glück kannte ich ihre Gesichter auch und war so frühzeitig gewarnt gewesen. Ich konnte die Flucht ergreifen, bedauerlicherweise entdeckten sie mich aber dennoch und nahmen die Verfolgung auf. Mir war in keinster Weise klar, was ich verbrochen hatte. Immer hatte ich das verlangte Schutzgeld gezahlt und mich nie in ihre Angelegenheiten eingemischt. Aber allein schon das Auftauchen der Vier hatte mir klargemacht, dass ich vermutlich den nächsten Tag nicht mehr erleben würde.

Deshalb gab ich nun alles, um schneller zu werden. Meine Brust zersprang beinahe und meine Beine wurden schwächer. Ich fürchtete schon um mein Ende, als ich ein ablegendes Passagierschiff entdeckte. Das war meine Rettung. Ich spürte es ganz instinktiv, dass ich, wenn ich auf diesem Boot wäre, in Sicherheit sein würde. Ich trieb mich selbst an, setzte zum Sprung an und ließ den Steg hinter mir. Ich sah mich schon in Sicherheit, als ich bemerkte, dass ich mich in der Distanz verschätzt hatte. Ich war nur noch dazu in der Lage, nach der Reling zu greifen, um nicht ins Wasser zu stürzen.

Ich hing an der Reling wie ein vergessener Fisch an einer Angel und atmete erleichtert auf. Ich hatte es geschafft. Die vier Männer standen am Steg und schauten bitterböse zu mir hinüber, während ich mich langsam hochhievte und erschöpft auf dem Deck liegen blieb. Lange hielt das aber nicht an. Nur kurz darauf krümmte ich mich zusammen und begann wieder zu husten. Ich hatte das oft in letzter Zeit und es wurde immer schlimmer. Das Rennen hatte mir nicht gutgetan. Meine Lunge fühlte sich an, als würde sie platzen, und ich bekam nur schwer Luft. Mühsam rappelte ich mich auf, lehnte mich an die Reling und sah zu meiner Heimatstadt hinüber. Venedig, die Stadt der Magie und der Träume. So sagte man zumindest. Ich hatte in meinen 18 Jahren bisher weder Magie gesehen, noch hatte sich einer meiner Träume erfüllt. Aber ich mochte diese Stadt dennoch. Die vielen Kanäle, Gondeln, Brücken und alten Gebäude vermittelten mir einfach ein Gefühl von Heimat.

Ich schaute noch eine Weile aufs Wasser hinaus und überlegte, wo ich nun wohl hingehen sollte. In meinen alten Unterschlupf konnte ich wohl kaum mehr zurückkehren. Bestimmt würden die Vier dort auf mich warten, und ich hatte keine Lust, ihnen in die Arme zu laufen. Ich überlegte gerade, ob ich es mir einfach in einer mir bekannten ausrangierten Gondel für die Nacht bequem machen sollte, als mich wieder ein Hustenanfall schüttelte. Schnell hielt ich mir die Hand vor den Mund, um die anderen Passagiere nicht unnötig auf mich aufmerksam zu machen. Als ich die Hand wieder von meinem Mund nahm, erstarrte ich. Blut, da war Blut an meiner Hand, und das nicht gerade wenig. Mir war klar, dass, wenn es so weiterging, ich vermutlich nicht einmal von den Vier getötet werden müsste, um kein Problem mehr zu sein.

Dabei hatte ich schon so viel versucht. Ich hatte mir ein Halstuch, Tee und etwas Hustensaft aus einer Apotheke geklaut, aber es half nicht. Im Gegenteil, der Husten wurde immer schlimmer, aber was sollte ich schon dagegen machen?

Eine gute Viertelstunde später legte das Boot an, und ich zog mir meine Kapuze tief ins Gesicht, um in der Menge nicht so leicht auszumachen zu sein. So sollten die Vier Mühe haben, mich zu finden. Mir war klar, dass ich ein Nachtlager finden und wieder zu Kräften kommen musste. Deshalb betrat ich einen kleinen Laden in der Nähe der Anlegestelle und tat, als würde ich mir einige Hefte ansehen. Als der Verkäufer dann einen Moment nicht aufpasste, griff ich neben das Regal, nahm das Erstbeste, das mir in die Finger kam, und packte es unter meinen Pullover. Danach las ich noch einige Minuten und verschwand dann lautlos aus dem Laden. Mittlerweile war Stehlen nicht mehr schwer für mich; schließlich tat ich das seit zwölf Jahren und wurde nur selten erwischt. Immerhin etwas konnte ich gut.

Auf der Suche nach einem etwas wärmeren Schlafplatz wanderte ich durch die Gassen und nahm dabei die Zwieback-Packung unter meinem Pullover hervor. Hungrig machte ich mich über das Essen her und war enttäuscht, als der Zwieback nur kurze Zeit später schon vernichtet war. Erst zu spät fiel mir auf, dass ich zu schnell gegessen hatte und gab auch sogleich schon den hart erkämpften Zwieback wieder. Ich wischte meinen Mund ab und machte mich wieder auf den Weg. Vielleicht würde ich ja eine gute Übernachtungsmöglichkeit finden. Tatsächlich entdeckte ich nur kurze Zeit darauf eine alte Bootsgarage in einem Seitenkanal. Bei näherer Betrachtung entdeckte ich eine ungenutzt aussehende Gondel, und für mich stand fest, dass ich diese Nacht hier verbringen würde. Ich knackte das Schloss am Bootshaus und schloss die Tür wieder hinter mir. Hier im Bootshaus war es viel wärmer als draußen im Freien, und ich war froh, mich nicht für meine bekannte Gondel entschieden zu haben. Ich kletterte also in die neue Gondel, kuschelte mich so gut wie möglich in meinen Pullover und schloss meine erschöpften Augen

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Der Anfang ist geschafft :)

Gestohlenes Herz: In den Fängen der MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt