Maxon:
Die Verlobungsfeier ist zu Ende und Kriss und ich haben alle Gäste persönlich verabschiedet. Kriss begleitet nun ihre Eltern zu ihren Gemächern, bevor wir ihnen gleich gemeinsam den Palast zeigen werden. Ich bin auf dem Weg in mein Zimmer, um schnell meine Kamera zu holen, wie Kriss mich gebeten hat, als meine Mutter mich aufhält.
„Maxon würdest du kurz mit mir kommen?" „Aber natürlich! " „Kriss' Familie ist ziemlich durch den Wind", stellt meine Mutter fest. „Ja allerdings. Man könnte meinen, dass sie die Hoffnung, dass Kriss gewinnt, aufgegeben haben und es jetzt nicht glauben können, das Kriss gewonnen hat", antworte ich. „Vielleicht haben Sie ja aber genau das gedacht." Meine Mutter sieht mich ruhig an. „Ich verstehe nicht", sage ich verwirrt. „Maxon! Es sah den Rest der Selection die ganze Zeit über so aus, als ob America gewinnen wird. Dann war sie auch noch die Favoritin des Volkes geworden, was dies noch bestärkte! Am Ende dachten wirklich alle, dass du America heiraten wirst. Da ist es kein Wunder, dass die Familie die Hoffnung aufgegeben hat! Und als dann America nicht gewonnen hat, sondern Kriss, war das für die Familie ein Schock. Es war wahrscheinlich für die Nation ein Schock. Sie haben damit nicht mehr gerechnet und sind jetzt dementsprechend aufgeregt und geschockt", erklärt mir meine Mutter, was auch Sinn ergibt. Die ganze Zeit über sah es so aus, als ob America gewinnt, und eigentlich sollte sie ja auch gewinnen. Ich wollte, dass sie gewinnt. Bis gestern Abend...
„Maxon? " Meine Mutter berührt mich am Arm. „Wie bitte? Oh. Entschuldigung ich war in Gedanken", entschuldige ich mich schnell. „Maxon, wieso hast du deine Meinung geändert? Ich weiß, dass du America heiraten wolltest." „Woher weißt du das? ", frage ich verwundert. „Du hast America immer mit einem Blick angesehen, wie du keins der anderen Mädchen angesehen hast, außerdem habe ich dich mit Americas Vater im Garten gesehen. Du hast sonst mit keinem Elternteil der anderen Erwählten alleine geredet, also war mir klar, dass du ihn um Erlaubnis fragst America heiraten zu dürfen. Und das, obwohl du ihn darum nicht hättest fragen müssen. Er war sich schließlich bewusst, dass America gewinnen könnte, aber trotzdem hast du ihn gefragt, weil du seinen Respekt wolltest, und America hätte auch um jeden Preis die Zustimmung ihres Vaters gewollt. Du wusstest, dass America es glücklich machen würde. Was ich nicht verstehe, wenn du ihren Vater schon um Erlaubnis gefragt hast, warum hast du dann Kriss gewählt? Und jetzt sag nicht, dass du sie mehr magst als America! Ich sehe dir an das du America liebst und nicht Kriss, schließlich bin ich deine Mutter!", stellt sie sofort klar und so fällt mir diese Möglichkeit weg und da ich ansonsten nicht weiß, was ich sagen soll, schweige ich, was nur umso mehr zeigt das sie recht hat. „Maxon was ist passiert? Man ändert doch nicht seine Meinung von heute auf morgen! Und erst recht nicht so eine gravierende."
Ich überlege kurz, ob ich ihr die Wahrheit sagen soll, und beschließe dann, es zu tun. Sie wird es sowieso irgendwann erfahren.
„America hatte vor der Selection einen festen Freund, der sie dann aber hat sitzen lassen. Und im Palast gab es einen Wachmann, mit dem sie sich gut verstanden hatte, und ich hatte schon die ganze Zeit über, seit ich ihn zum ersten Mal in der Nähe von America gesehen habe, das Gefühl, dass da etwas zwischen den beiden etwas ist, doch ich wollte es nicht wahrhaben und habe es ignoriert. Gestern Abend bin ich dann zu America gegangen und habe ihr meine Entscheidung verkündet. Dann bin ich Kriss holen gegangen, um ihr bei America zu sagen, dass ich America heiraten werde und als ich dann zurück zu Americas Zimmer mit Kriss gegangen bin, stand America mit dem Soldaten auf den Flur und sie lag in seinen Armen! Das hat mich so wütend gemacht, dass ich das nicht eher erkannt habe! Ich-" „Maxon hat America dir schon mal gesagt, dass sie dich liebt?", unterbricht sie mich. Warum will sie das denn jetzt wissen? Das hat doch gar nichts damit zu tun, doch ich antworte ihr. „Ja, aber-"„Nein kein aber. Als America das zu dir gesagt hat, hat es doch gezeigt, dass sie dich will und nicht ihren ehemaligen Freund oder den Soldaten, was auch immer er ist." „Aber sie waren so vertraut...", entgegne ich verzweifelt. „Hast du schon mal daran gedacht, America zu fragen, was das zu bedeuten hatte? " „Nein, aber das ist doch klar! Sie mag ihn lieber und will nur im Palast bleiben, um bei ihm sein zu können!" Die Situation wird immer merkwürdiger. „Maxon! Sie wollte sich vielleicht nur von ihm verabschieden, wenn sie sich schon aus Carolina kannten. Sie hat ihm wahrscheinlich gesagt, dass sie dich heiraten würde und ihn dann zum Abschied umarmt! Was hätte es außerdem für einen Sinn, zuzustimmen, dich zu heiraten, wenn sie eine Zukunft mit dem Wachmann haben wollen würde?" „Oh." Ich beiße mir auf die Unterlippe. Der Gedanke war mir noch nicht gekommen.
Das ist mir alles auf einmal viel zu viel. Langsam verblasst meine Wut und die Erkenntnis trifft mich mit einem Schlag ins Gesicht. Oh Gott. Ich habe gerade den schlimmsten Fehler meines Lebens gemacht. Warum habe ich America nicht zugehört, als sie mit mir reden wollte? Oder sogar dem Wachmann, der es ständig versucht hatte. Ich bin so dämlich! Warum musste ich so stur sein? Und jetzt ist alles zu spät. Sie ist fort. Ich habe sie für immer verloren. Tränen bahnen sich an. Ich bin gleichzeitig wütend auf mich selbst und verzweifelt, dass die gemeinsame Zukunft mit America gestorben ist. Wegen mir. Weil ich ihr nicht zugehört habe und dann bin ich auch noch kalt und distanziert zu ihr gewesen.
„Ich muss noch mal mit America reden! Ich muss die Entscheidung rückgängig machen!" „Es tut mir leid Maxon, aber das wird nicht mehr gehen. Alle wissen bereits Bescheid, der Bericht lief live im Fernsehen. Du kannst nichts mehr daran ändern, ohne einen riesen Skandal auszulösen. Du musst jetzt mit deinem Fehler lebend", sagt sie und sieht mich mitleidig an. Sie streicht mir über die Wange. „Es tut mir so leid. Warum bist du damit nicht zu mir gekommen?" Ich zucke bloß mit den Schultern. Weiß ich es doch selber nicht. „Vergiss nicht, dass du nie alleine bist. Ich bin immer für dich da. Zusammen schaffen wir das schon." Ich will mit niemanden mehr reden, also nicke ich nur und lasse meine Mutter im Flur stehen.
Ich gehe wie in Trance auf mein Zimmer. Ich habe längst vergessen, was ich hier wollte. Meine Gedanken kreisen nur noch um America und um das Leben, was wir hätten haben können. Gibt es nicht doch noch einen Weg zurück? Was sie wohl gerade macht? Ob sie an mich denkt? Würde sie mir verzeihen? Was ist, wenn Mutter falschliegt? Würde sie- „Maxon? " Ich zucke zusammen, erkenne dann aber, dass es Kriss ist, die vor mir steht und ich bekomme sofort ein schlechtes Gewissen. „Warum bist du denn noch hier? Wir wollten uns doch an den Treppen treffen." „Verzeih mir, meine Mutter hatte noch kurz etwas mit mir zusprechen." „Ich hoffe, es war nicht ernstes." Besorgt schaut sie mich an. „Nein, alles in Ordnung." Ich setze ein gezwungenes Lächeln auf. Kriss mustert mich skeptisch. „Bist du dir wirklich sicher?" „Ja, meine Liebe. Alles ist gut. Komm, lassen wir deine Eltern nicht länger warten." Ich schnappe mir die Kamera, ergreife Kriss' Hand und führe sie zurück zu ihren Eltern.
„Darf ich fragen, was deine Mutter dir gesagt hat?" Wir haben über America geredet, was für ein Idiot ich bin und welch großen Fehler ich gemacht habe. Ich habe überlegt, wie ich die Entscheidung wieder rückgängig machen kann, würde ich am liebsten sagen. Doch ich tue es nicht. Kriss ist so glücklich, das wir heiraten und dieses Glück will ich ihr nicht nehmen. Das will ich ihr nicht antun. Ich kann die Entscheidung nicht mehr ändern und zumindest einer von uns soll glücklich sein. Also lüge ich.
„Ach, Vater kam eben zu ihr und hat sie gebeten, mir zusagen, dass ich die nächste Haushaltssitzung planen soll, da ihm etwas Wichtiges dazwischen gekommen ist. Und da diese schon in drei Tagen ist, habe ich im Kopf schon mal schnell das Gröbste überschlagen. " „Das klingt aber ziemlich langweilige. Außerdem solltest du so etwas eigentlich nicht an dem Tag unsere Verlobungsfeier machen müssen!" Das Wort unsere betont sie dabei besonders, was bei mir ein noch schlechteres Gewissen verursacht, als ich es sowie so schon habe. Ich versuche mich damit zu trösten, dass Mutter auch falschliegen könnte. Nur so schaffe ich es, meine Gedanken von America lösen zu können.
An der Treppen angekommen, wartet Kriss Familie schon auf uns. „Da seid ihr ja! Können wir jetzt mit der Führung durch den Palast anfangen? Ich bin ja schon so aufgeregt!", fragt Kriss' Mutter. „Selbstverständlich. Ich entschuldige mich für die Verspätung." „Aber das macht doch nichts! Sie müssen auch nicht immer so höflich sein! ", sagt Kriss' Mutter. „Oh, dass gehört zum Protokoll." „Aber Sie müssen doch bei uns nicht mehr auf das Protokoll achten, schließlich sind wir doch jetzt bald eine Familie! Nennen Sie mich doch gerne beim Vornamen." „Lass ihn Mum! Das Protokoll ist wirklich sehr streng", entgegnet Kriss jetzt. „Kann die Führung jetzt beginnen?" „Aber klar doch, wir freuen uns schon die ganze Zeit über darauf! Ich kann es kaum erwarten", sagt Kriss' Vater und wir starten mit der Führung durch den Palast.
Wir laufen durch den ganzen Palast, von einem Raum in den anderen und mir ist dabei todlangweilig und ich sage immer so was wie: „Das ist der Saloon, wo wir das Frühstück einnehmen" oder „Hier befinden wir uns im Ballsaal". Trotzdem versuche ich geduldig zu sein und beantworte alle fragen. Wir gehen in alle Räume, außer in den Damensalon, da man ohne die Erlaubnis der Königin als Mann nicht rein darf und das vierte Stockwerk lassen wir aus, da dort nur die Königsfamilie zutritt hat. Als die Führung endlich vorbei ist, neigt sich der Tag allmählich seinem Ende und ich bin unendlich froh, da ich nur noch alleine in meinem Zimmer sein will. Wir begleiten Kriss' Familie noch zu ihren Gemächern. „Ein wirklich atemberaubender Palast!", schwärmt die Mutter von Kriss. „Über all diese Verzierungen und kostbaren Gegenstände. Und der Garten erst! Ein absoluter Traum. Hier kann man sich ja nur wohlfühlen." „Ich hätte nicht gedacht, dass er so groß ist. Hier kann man sich gut verlaufen." „Die Befürchtung hatte ich zu Beginn auch, aber man findet sich überraschend schnell zurecht." Kriss hakt sich bei ihrem Vater unter. „Da bin ich mir noch nicht so sicher", und lacht tief. „Keine Sorge Dad. Man trifft immer wieder auf Angestellte, die können einem spätestens helfen den Weg zu finden." An den Gemächern angekommen, verabschieden wir uns von einander und Kriss' Eltern bedanken sich noch einmal für Führung.
Dann geleite ich Kriss zu ihrem Zimmer. Wir laufen schweigend den Flur entlang, bis Kriss diese angenehme Stille bricht. „Irgendwie ist es komisch nur noch das einzige Mädchen zu sein, das in diesem Flügel des Palastes wohnt, jetzt wo die anderen drei Mädchen weg sind", sagt Kriss. „War das aber nicht das Ziel jedes Mädchen, das hier war? Endlich alleine in diesem Flügel zu sein und somit die Gewinnerin der Selection?", frage ich. „Ja ich weiß, trotzdem ist es komisch so ganz alleine hier zu sein. So einsam und verlassen", erwidert Kriss. „Mach dir keinen Kopf darum. Nicht mehr lange und du wirst in die Gemächer der Prinzessin umziehen, direkt neben meinen Gemächern." Kriss fängt an zu strahlen. „Darauf freue ich mich schon! " „Zuerst musst du aber noch entscheiden, wie die Gemächer eingerichtet werden sollen, bevor du einziehen kannst." „Damit beschäftige ich mich, wenn wir die Hochzeit geplant haben. Schließlich ist die Hochzeitsplanung jetzt erst mal wichtiger! Es soll eine perfekte Hochzeit werden, an die man sich noch lange Erinnern soll und wenn man sich daran zurückerinnert, sollen die Leute sagen, dass es die schönste Hochzeit gewesen ist, auf der sie je gewesen sind!", sagt Kriss mit einem Funkeln in ihren Augen. Man kann ihr die Vorfreude ansehen. „Das wird sie ganz bestimmt", sage ich und schenke Kriss ein sanftes Lächeln. „Wir sehen uns beim Abendessen", verabschiedet sich Kriss, als wir vor ihrem Zimmer stehen. „Ja bis nachher." Zum Abschied gebe ich einen Kuss auf die Wange. Sie verschwindet in ihrem Zimmer und ich gehe weiter und komme an Americas ehemaligem Zimmer vorbei und bleibe stehen.
Die Tür ist geschlossen, doch ich öffne sie und trete ein. Alles sieht so, als ob nie jemand in dem Zimmer gewohnt hätte. Ihre persönlichen Gegenstände hatte sie mitgenommen und die Sachen, die sie vom Palast zu Verfügung gestellt bekommen hat, wurden von ihren Zofen wieder weggeräumt. Ich gehe Richtung Balkontür und öffne sie. Es stehen immer noch der kleine Tisch und die zwei Stühle auf dem Balkon, wo sie immer Karten mit ihren Zofen gespielt hat. Ich setzte mich auf den Stuhl links von mir und lasse meinen Blick durch den Garten schweifen und bleibe am Springbrunnen hängen.
Man kann nur ein kleines Stück von der Steinbank sehen, an der ich America zum ersten Mal getroffen haben. Als sie eine Panikattacke hatte und in den Garten wollte. Das war ein schönes erstes Treffen gewesen. Generell hatten wir viele gemeinsame Momente im Garten, nicht alle waren schön, wie an dem Tag, wo sie mich zwischen die Beine mit ihrem Knie getreten hat. Trotzdem erinnere ich mich gerne an diesen Moment zurück, auch an die Schmerzhaften. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ich rufe weitere Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit hervor. Unser erster Kuss, der etwas missglückt ist, kommt mir in den Sinn und ich muss noch mehr grinsen. So sitze ich da. Starre in den Garten und erinnere mich an eine Zeit zurück, die ich alleine zum Ende gebracht habe. Als diese Erinnerungen allmählich schmerzhaft werden, beschließe ich in mein Zimmer zu gehen und stehe auf. Ich schließe die Balkontüre wieder und gehe Richtung Tür. Da bleibt mein Blick an einem Glas auf dem Nachttisch hängen.
Ich zögere und gehe dann doch darauf zu und nehme es in die Hand. Es liegt immer noch ein einzelner Penny auf dem Boden des Glases, ich frage mich immer noch, warum sie ein fast leeres Glas mit in den Palast genommen hat und es jetzt sogar noch dagelassen hat, aber ich habe sie nie gefragt. Umso stärker möchte ich es jetzt wissen, da das Glas und der Penny und ein paar Fotos oben in meinem Zimmer das Einzige sind, was mir von ihr geblieben ist. Ich stecke den Penny ein und stelle das Glas zurück auf den Nachttisch und gehe aus ihrem Zimmer. Ich schließe die Türe. Lasse unsere gemeinsamen Momente in diesem Zimmer zurück. Alleine laufe ich die Flure lang. An der Treppe zum vierten Stockwerk werde ich von einer Palastwache mit schwarzen Haaren und grünen Augen aufgehalten.
„Entschuldigen Sie Prinz Maxon, aber ich soll Ihnen das hier von Lady- ich meine Miss Singer geben. " Er hält mir etwas flaches Rechteckiges entgegen und ich nehme es, ohne nach zu sehen, was es ist. Hauptsache es ist von America. „Danke", sage ich und eile die Treppe hoch in mein Zimmer. Ich schließe die Tür hinter mir und setzte mich auf mein Bett. Ich sehe mir den Gegenstand genauer an, den ich vom Wachmann bekommen habe und erkenne, dass er gar nicht von America ist, naja nicht wirklich. Es ist der Bilderrahmen mit dem Foto von dem gelben Haus darin, welches ich gekauft und America geschenkt habe, damit ihre Familie bei ihr in der Nähe wohnen kann, wenn sie bei mir im Palast wohnen würde. Ich betrachte es noch eine Zeit lang und beschließe das Foto aus dem Rahmen zu nehmen und an die Wand mit den Fotos zuhängen. Ich öffne den Rahmen und ein kleiner Zettel kommt zum Vorschein. Ich lege das Foto und den Rahmen auf das Bett und falte den Zettel auseinander.
DU LIEST GERADE
Eine andere Entscheidung
FanfictionJeder erinnert sich noch an dem Moment, in dem Maxon ganz Illeà mitteilen wollte, dass Lady Kriss die Siegerin der Selection ist. Doch was wäre wenn der Rebellenangriff nie stattgefunden hätte und Maxon so nie seine Entscheidung geändert hätte? Er h...