Endgültig verloren

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Kriss:
„Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst", sage ich, als America stumm bleibt. „Nein, das ist es nicht. Ich habe nur gedacht, dass Maxon es dir erzählt hat." „Nein, hat er nicht. Er hat nie auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verloren oder über dich." „Oh." Das scheint sie überrascht zu haben. „Warum willst du das wissen?" Weil ich, wissen will, was Officer Leger mir nicht beantworten konnte. Was geschah, nach dem Maxon ihn weggeschickt hat. Doch das kann ich ihr natürlich nicht sagen. „Weil ich es einfach noch mal aus deinem Mund hören muss." „Noch mal? Ich dachte, ihr habt nie darüber gesprochen." Mist. Ich beiße mir auf die Lippe und ärgere ich mich über meine Formulierung. „Nein, haben wir auch nicht. Ich meinte damit, dass...ich...äh." Ich knete nervös ihre Hände. „Ich wäre dir einfach dankbar, wenn du es tun würdest, wenn du denn bereit bist, darüber zu reden?" „Aber was soll dir das bringen?" Ich lache bei dieser Frage kurz auf. Es ist die Gleiche, die auch Officer Leger gestellt hat. Und so antworte ich auch dasselbe. „Ich würde dir gerne meine Gründe sagen, aber im Moment kann ich es noch nicht." America schaut mich skeptisch an, scheint einen inneren Kampf zuführen. Doch dann gibt sie sich einen Ruck und erzählt mir, was ich noch wissen muss.
„Also war Maxon wirklich so blind vor Wut, dass er dich nur deswegen fortgeschickt hat. Nicht weil er dich nicht geliebt hat oder mich mehr geliebt hat." Ich fasse es nicht, wie Maxon so impulsiv sein konnte. „Nein Kriss, das darfst du so nicht sehen. Er liebte uns beide." „Nein, hat er nicht und wird er auch nie." „Da irrst du dich. Erinnere dich doch mal an eueren Kuss während der Selection", fährt America fort. „Woher weißt...?" „Ich war dabei. Ich saß in einer Ecke am Fenster. Ihr hatte mich nicht gesehen. Glaub mir, er liebt dich und nicht mich. Und sein Vater bevorzugt dich auch tausendmal mehr als mich." Sicher, Maxon hatte mich geküsst, aber das war aus Zuneigung und nicht aus Liebe. Das hätte es vielleicht werden können, wenn er nicht schon America verfallen wäre. Er hatte sein Gegenstück schon längst gefunden, es nur noch nicht gewusst. Obwohl ich es nicht will, versetzt mir diese Tatsache ein Stich in der Brust. Habe ich ihn doch geliebt und tue es immer noch. Dieser Grund allein macht es von Nöten, dass etwas geändert werden muss. America sieht mich auffordern an, doch ich nicke bloß und versinke weiter in meinen Gedanken. Jetzt habe ich die vollständige Wahrheit. Maxon hat aus reiner Wut mich erwählt und nicht America. Er wird sie für immer lieben. Jetzt bleibt mir keine andere Wahl, als zu handeln, um das Richtige zu tun.
„Alles in Ordnung?", fragt mich America, als ich nichts mehr sage. „Jaja, mir ist gerade nur eingefallen, dass ich mich vor dem Abendessen noch mal mit Königin Amberly treffen wollte", lüge ich. „Ach so, du kannst ruhig gehen. Wir sehen uns dann beim Abendessen." America wirft mir ein Lächeln zu, doch ich weiß, dass sie mir meine Lüge nicht glaubt. „Bis nachher!", rufe ich ihr noch zu und eile dann durch den Palastgarten. Ich laufe hoch in den vierten Stock und bleibe vor der Türe zu Maxons Zimmer stehen. Ich hadere noch einen Moment, doch dann klopfe ich gegen die Türe und warte darauf, dass Maxon „Herein!" ruft. Ich öffne sie und betrete sein Zimmer.
„Du brauchst doch nicht anzuklopfen, meine Liebe", sagt Maxon, steht von seinem Bett auf und legt seine Hände um meine Taille. „Warum hast du mich damals erwählt?", platzt es sofort aus mir raus. „Was?", Maxon sieht mich verwirrt an. „Warum hast du mich damals erwählt?", frage ich erneut. „Warum willst du das wissen?", fragt er mich. Ich will die Wahrheit aus deinem Mund hören, dass du mich nur genommen hat, weil du wütend auf America warst. „Ich...ich weiß auch nicht. Einfach nur so", sage ich, weil mir im Moment nichts Besseres einfällt. „Weil ich dich liebe natürlich", antwortet Maxon ohne zu zögern und ohne Zärtlichkeit in seiner Stimme. Es klingt wie eine Phrase. „Und nicht, weil du wütend auf America warst?" „Was? Nein! Wie kommst du denn darauf?", fragt Maxon entsetzt. „Ach, ich weiß auch nicht... Du hast America doch auch damals mit dem Wachmann erwischt. Du warst ziemlich sauer." „Ja, ich weiß. Aber du kannst mir glauben, dass ich dich nicht deswegen auserwählt habe. Ich liebe dich. Wie kommst du bloß... Warte. Hat America dir das gerade erzählt?" Wut blitzt in seinen Augen auf. „Nein" Nein hat sie nicht. Glaub mir." Zur Beruhigung lege ich ihm eine Hand auf die Brust. „Ich schätze, das war vielleicht eine kleine Panik vor der Hochzeit." „Das ist ganz normal. Jetzt dauert es ja auch nicht mehr lange." Maxon lächelt mich an und sieht sichtlich beruhigt aus. Ich fasse es nicht, dass er mir eiskalt ins Gesicht lügt.

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