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Den weiteren Abend verbrachten wir in meinem und Ashton Hotel, redeten und wechselten uns an der Playstation ab. Mitten in der Nacht erst stapften sie tot müde in ihr Zimmer, Ashton blieb weitere Minuten auf dem Boden sitzen, den Kopf auf der Bettkante gen Decke schauend. »Na du Fifa-Gott, keine Kraft mehr?«, neckte ich ihn, während ich mich Oberkörper frei auf mein Bett schmiss. Die Matratze knirschte unter mir, sank etwas weg, was Ash nur belustigend beäugte. »Und du zu schwer für die Matratze, Amor? Soviel zum Thema "Don't move, honey"«, zitierte er den Text aus einem unserer Lieder, worauf hin ich lachen musste. Sein Glucksen verdrängte das freche Grinsen, was mich an das von Renya erinnerte. Sie konnte es besser. Sie konnte es um tausende Male besser.
Er seufzte tief, dann stand er auf, was so wirkte, als hätte er schwere Gewichte auf den Schultern. Die extreme Müdigkeit war also auch an ihm nicht vorbei gegangen. Aber der Tag wollte noch nicht Ende, selbst, als mein lockige Freund neben mir regelmäßig seinen Brustkorb hob und senkte. Ich öffnete erneut die Augen, mitten in der Dunkelheit lag ich also, ein großer Mann mit schulterlangen Haaren, um sich herum absolute Ruhe. Mir fiel beim Nachdenken dieser Szene das Wort einsam ein, allein. Vielleicht war mir dort schon bewusst, dass man mit einem Handy das Alleinsein gut ignorieren konnte, weshalb das helle Display sich wenige Sekunden später in meinen Augen widerspiegelte. Meine Kollegen und Freunde hier würden schon schlafen, meine Familie in Sydney anzuschreiben kam mir komisch vor, also las ich mir aus meiner Kontakliste einige Namen durch, in der Hoffnung, sie würden online sein. Renya war offline, ihre Schwester hingegen lag wahrscheinlich genauso hoffnungslos wach im Bett wie ich. Mir kam der Gedanke, sie könnte auch an diesen Tag denke, wie ich es die ganze Zeit tat, als plötzlich aus dem „Online" ein „Schreibt" wurde.
»Auch noch wach, Luke?«, flüsterte ich die Nachricht vor mich hin, Ashton drehte sich im Schlaf einmal um sich selbst. Ich schrieb ihr, dass ich an heute dachte, wie schön das war, worauf sie dies erwiderte, mit dem Anhängsel, sie würde diese Seltenheit öfter mit mir machen wollen.
»Gehst du nicht oft raus?«
»Wenn, dann nur mit meiner Schwester«
Ich stellte mir ihr leicht trauriges Lächeln auf den schmälernen Lippen vor, ihr dünner Körper aud einem weißen Bett. Danach kam mir das Bild von dem Geschwisterpaar, eingehakt, in den Sinn, wie sie die Straßen abliefen.
»Morgen gehe ich mit den Jungs zu einem Interview, vielleicht habe ich übermorgen Zeit.«
Ich legte das Handy weg und schloss die Augen. So bekam ich auch nicht mehr mit, wie das Handy erneut vibrierte und eine weitere Nachricht anzeigte.

Eilig und auf den letzten Drücker klingelte wir an der Tür, mit sage uns schreibe zwölf Minuten Verspätung. Mein Brustkorb fühlte sich eingedrückt an, immer wenn ich versuchte, regelmäßig zu atmen. Michael und Ashton ging es nicht anders, nur unserem Profisportler Cal schien es nichts auszumachen, so zu rennen. Der Tag hatte schon so schlecht für mich begonnen, früh wurde ich von einem halb nackten Ash geweckt, der in Eile sein Hemd zugeknöpft hatte, um mir hektisch in einzelnen Wortfetzen mitzuteilen, dass der Termin eine halbe Stunde entfernt lag, viel früher, als eigentlich angenommen. Mein Frühstück fühlte sich wie Zement in meinem Bauch an, selbst während des Gesprächs mit einer YouTuberin wurde es nicht besser. Zurück auf der Straße vergaß ich, die Kapuze aufzuziehen, was jedoch nur mit fatalen acht Fans endete, die uns insgesamt eine viertel Stunde raubten. Der Wind war stark und riss an unserer Kleidung und unseren Haaren, ganz zu schweigen von den Kapuzen, die immer wieder in unsere Nacken flogen. Ich raffte mich dennoch auf, nicht die ganze Zeit die Ohren der Jungs vollzuheulen, selbst, wenn ich das gerne getan hätte. Michael und Ashton fingen irgendwann an, unsinnige Instagram-storys zu machen, in denen sie wie in einem Quiz -natürlich ganz professionell- Fragen stellten, meistens über Shippings untereinander. Während wir eine Straße voller leerstehenden Läden entlang liefen, kam der Lockenkopf auf unseren Zusammengeschmolzenen Namen zurück, worauf ich eine angebliche Affaire mit Calum erfand. Der warf sich auf mich und gab mir einen Schmatzer auf die Wange, gefasele von seiner Liebe mit gegenüber sprudelten aus seinem Mund. Ich lachte in die Kamera und musste vor lachen stehen bleiben, als ich den gespielt traurigen Gesichtsausdruck von dem Kameramann sah. Michael schüttelte melodramatisch den Kopf, als sei er enttäuscht von dem schwarzhaarigen Halb-Neuseeländer.

Am Abend flaute der Wind ab, welcher von Osten über die Huserdcher und Gasse sich einen Weg zu uns bahnte, als wir auf das am Hotel angrenzende Fußballfeld liefen, einen Ball unter dem linken Arm, sodass die Trainingsjacken, die wir mitgenommen hatten, nun am Rand des Feldes herumlagen. Ein breites Lächeln zierte Calums Gesicht, sein Ausdruck ließ nur ansatzweise darauf schließen, wie glücklich er war, mit uns nicht vor der Konsole Fußball zu spielen. Sein rotes Tricko und die kurze, schwarze Hose warf schon in den ersten paar Sekunden falten, als er den Ball mit dem rechten Fuß in die Luft kickte, wieder auffing und dies so oft wiederholte, bis Michael ungeduldig den Ball zu Ash hinüberkickte. Sein dünner Körper in dem blauen Tricko flitze neben dem in gelb gekleideten Ashton her und nachdem Calum und ich uns gegenseitig einen Blick zugeworfen hatten, war auch schon klar, wer in welchem Team war. Gänzlich ungünstig war es, dass wir alle unterschiedliche Farben trugen, anstatt die Teams in geicher Farbe zu wählen. Mit meinem blauen Shirt hätte es besser mit Mikey zusammengepasst, aber das ignorierte ich einfach, da es sowieso egal war. Mit einem Profi an der Seite konnte ich mich sowieso schlecht beschweren. Schon in Höchstform aufgelaufen nahm Cal den Ball in seinen Besitz und beförderte in zu mir. Meine Beine setzten sich in Bewegung, es viel mir schwer, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern, da Mikey aktiv versuchte, den Ball an den linkslaufenden Ashton zu befördern, der gleichzeitig so gut es ging mein Teamkollegen zu decken versuchte. Unbeirrt trat dieser aber ein Stück zurück, was ich als meine Gelegenheit sah und die Kugel zu ihm schoss. Sauber nah Calum ihn an, hastete zum Tor und erzielte einen Treffer. Johlend kam er auf mich zu und klatschte ein. Dieses Glück in seinen Augen machte auch mich gut gestimmt, selbst wenn der Tag nicht so einen guten Verlauf angnommen hatte, wie er es hätte sein sollen.

Psycho ~Luke HemmingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt