32. Tom

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Emy PoV

Es regnet und der nasse Asphalt wird nur von dem gelblichen Lichter der Straßenlaternen beleuchtet. Die Kapuze meines Pullis ist tief in mein maskiertes Gesicht gezogen. Ich weiß eigentlich gar nicht, wieso ich sie jetzt trage. Ich habe nicht vor zu morden. Ich glaube, es ist einfach wegen der Routine. Ab und zu hebe ich meinen Kopf, um die Straße und Hausnummer zu kontrollieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit hat meine Suche in den Nebenstraßen ein Ende. Ich stehe vor der Wohnung, in der, wenn meine Recherchen Recht haben, Tom zurzeit wohnt. Ich schlucke schwer und trete an die Haustür und betrachte die Namen. Tatsächlich finde ich seinen Namen. Tief hole ich Luft. Er wohnt auf dem zweiten Stockwerk, das heißt, ich muss mich nicht so sehr anstrengen zu ihm zu kommen. Und dass er mich bemerkt, ist auch kein Problem, da wir morgens zwei Uhr haben. Da schläft jeder normaler Mensch. Ich gehe zur Rückseite des Hauses und betrachte die Fenster. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich es schaffe tatsächlich in Toms Zimmer zu klettern? Keine Zeit darüber nachzudenken, ich muss einfach mein Glück versuchen. Vorsichtig stelle mich auf das äußere Fensterbank eines Fensters am Erdgeschoss und strecke mich nach das nächste. Etwas schwer ziehe ich mich hoch, doch dank der Jahre im Wald schaffe ich es. Denselben Vorgang wiederhole ich nun und schon befinde ich mich auf das zweite Stockwerk. Ich schaue durch das Fenster und erkenne ein Wohnzimmer. Es ist nicht besonders groß, aber für eine Person reicht es aus. An der rechten Wand steht der Fernseher, daneben noch Regale. An der Wand gegenüber des Fensters stehen auch Regale, ein Schrank und ein Tisch, wahrscheinlich zum Arbeiten oder Essen. An der rechten Wand ist dann noch ein Sofa und die Tür. Ja, das ist ein für Tom typische Einrichtung. Das nächste Problem ist, wie bekomme ich das Fenster auf. Ich kann die Scheibe natürlich nicht einschlagen, das wäre zu auffällig. Ich nehme meinen Dolch aus der Scheide und klemme ihn zwischen das Fenster und den Fensterrahmen und versuche sie auseinander zu drücken. Zu meinem Glück ist dieses Fenster ziemlich alt, also ist meine Arbeit nicht allzu schwer. Es öffnet sich nach Innen. Ich springe ins Zimmer und schließe das Fenster. Bevor ich mich auf die Suche nach Toms Zimmer mache, betrachte ich diesen Raum genauer. Er ist ziemlich ordentlich und sauber gehalten. Ohne lange nachzudenken, trete auf den Flur und es dauert nicht lange, bis ich das Schlafzimmer finde. Das ist ja auch nur eine Wohnung, sie ist nicht besonders groß und es gibt nicht viele Zimmer. Vorsichtig öffne ich die Tür und direkt erblicke ich ein Bett. Dort liegt eine Person. Logischerweise ist sie Tom. Ich schließe die Tür wieder und vorsichtig tapse ich zum Bett. Ich bücke mich und gucke in Toms Gesicht. Ich kann es einfach nicht glauben, nach fünf und halb Jahren sehe ich ihn wieder. Er sieht viel älter, Erwachsener aus. Das ist aber klar, er ist ja auch schon 21 Jahre alt. Ich sehe auch älter aus. Ich lächele unter meiner Maske und strecke meine Hand aus, um eine braune Strähne aus seinem Gesicht zu wischen, als seine Hand plötzlich mein Handgelenk umfasst und seine Augen öffnen sich. Zu meinem Erschrecken strahlt aus diesen Augen Wut und Angst. Ich schlucke schwer und frage:

»Wieso bist du aufgewacht?«

Sein Blick wird hasserfüllter, was ich zuerst nicht verstehe, dann fällt mir ein, dass ich immer noch meine Maske trage, daher erkennt mich nicht.

»Ich war die ganze Zeit wach und habe auch gehört, wie Sie rein gekommen sind. Was wollen Sie?«, zischt Tom gefährlich, aber ich weiche nicht zurück.

Er setzt sich auf und hält immer noch mein Handgelenk fest. Mit der anderen Hand tastet er nach seinem Handy auf dem Nachttisch. Ich werde leicht panisch. Ich muss schnell klar machen, dass ich seine Schwester bin, sonst ruft er noch die Polizei und dann bin ich erledigt. Mit einem Ruck ziehe ich meine Maske aus. Toms Augen weiten sich vor Schock und Überraschung. Seine freie Hand wandert vom Tisch zu meinem Gesicht und streicht über es. Dann nimmt er eine Strähne in seine Hand. Er betrachtet sie ganz genau, dann richtet sich sein Blick wieder auf mein Gesicht. Ihm kommen die Tränen, das sehe ich, trotzdem lächelt er und flüstert:

Zerbrochene Seele || Creepypasta FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt