Es ist schon spät in der Nacht. Alle schlafen schon, aber ich sitze auf mein Bett und lese ein altes Kinderbuch von Emy. Es geht um kleine Frösche, für die der kleine Teich in dem sie leben langweilig wird und deshalb eine große Reise im Wald machen. An sich eine echt niedliche Geschichte für Kinder. Für Emy auch sicher eine schöne Erinnerung an ihre Familie. Wie sie wahrscheinlich mit ihrem Bruder im Bett sitzt und er ihr vorliest. Darauf muss ich einfach lächeln. Dieser geheime Gedanke, wie statt die wahnsinnige Mörderin, ein kleines Mädchen in ihrem Zimmer darauf wartet, dass ihr Bruder endlich kommt und ihr vorliest. Wenn Emy wüsste, was ich denke, würde sie mich zu Hackfleisch verarbeiten und dann mich den anderen servieren. Sie muss ja ihr Image als das emotionslose Mädchen beibehalten.
Mein Lächeln wird zu einem leisem Lachen. Ich lege mich auf mein Bauch und lese weiter. Seit wann interessiere ich mich für Kinderbücher? Aus meinem Gedankengang zerrt mich das leise Klopfen an meiner Tür zurück in die Realität. Mit einem leisen "Ja" gewähre ich Eintritt. Ich drehe mich zur Tür, um zu sehen wer so spät in mein Zimmer kommt. Zu meiner Überraschung steht Emy in der Tür. Ihr dunkelblaues Haar ist zerzaust und ihr schwarzes T-Shirt mit einem weißen Totenkopf klebt an ihr verschwitzten Körper.
"Was ist passiert?", frage ich.
"Ich hatte einen Albtraum", sagt sie kaum hörbar.
Langsam nähert sie sich meinem Bett und setzt sich an den Rand. Ihr Blick ist auf den Boden fixiert. Was macht man mit einem 17 jährigen Mädchen, das ein Albtraum hatte und man nicht einmal weiß wann sie Geburtstag hat? Ich setze mich neben sie und gucke sie an, in der Hoffnung sie sagt etwas. Als sie weiterhin schweigt, frage ich, ob sie bei mir schlafen will. Sie schüttelt darauf hektisch den Kopf.
"Ich wollte nur, dass du mir etwas erzählst. Du weißt, ich kann nur mit einer Geschichte wieder einschlafen."
"Und du weißt, ich bin kein guter Erzähler."
"Du hast doch da ein Buch, aus dem du vorlesen kannst."
Ich schaue zu meinem Kissen. Dort liegt noch aufgeschlagen das Kinderbuch von Emy. Zögerlich nehme ich es und blättere zur erste Seite. Ich gucke zu Emy, sie nickt nur und legt sich quer auf mein Bett. Ich fange an laut zu lesen, die anderen schlafen tief genug, damit sie es nicht hören.
Nach fünf Kapiteln ist mein Hals ganz trocken. Emys Atmung wurde auch ruhiger, und als ich sie anspreche, reagiert sie nicht. Sie ist eingeschlafen. Sie wäre wahrscheinlich nicht froh, wenn sie in meinem Bett aufwachen würde. Ich bringe sie in ihr Zimmer und lege sie in ihr Bett. Zurück, in mein Zimmer lese ich das Buch weiter.Lautes Gelächter ist von unten zu hören. Und dazu noch Emys wütende Schreie. Beim Frühstück war sie ganz verwundert, dass sie wieder in ihrem Bett aufgewacht ist. Sie verstand aber schnell, dass ich sie natürlich ins Bett brachte.
Jetzt nervt wahrscheinlich die gewohnte Bande sie. Jeff, Toby, Laughing Jack und Liu. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich ihnen klar machte, dass sie Emy in Ruhe lassen sollen, oder ich werfe sie schneller in den See als sie gucken können. Doch sie nehmen mich nicht ernst, sie sagen, ich bin wegen Emy weich geworden. Was ist aber daran schlimm, dass ich eine Person, die mir nahe steht, beschützen will? Ich denke nicht, dass ich, als Mörder, es trotzdem nicht verdiene eine Person bei mir zu haben, die ich beschützen kann, und um die ich mich kümmern kann.
Auf diese Gedanken lege ich mein DS weg und gehe runter. Ich erwarte, dass Jeff sich wieder ihr Handy schnappte, oder er lässt nicht zu, dass sie sich etwas zum trinken von der Küche holt. Es ist aber was ganz anderes. Jeff rennt mit Emys Maske durch das Wohnzimmer, während Emy verzweifelt versucht mit geschlossenen Augen rauszufinden, wo Jeff gerade ist. Dabei beschimpft sie alle, die sie sich nur anfassen. Ich seufze und gehe zu meinen grinsenden Kumpel.
"Jeff, gib ihr die Maske zurück. Das ist echt nicht cool."
"Och komm schon Benny, seit dieses depri Kind hier ist, verstehst du echt kein Spaß."
Jeff lacht nur schadenfroh und Emy schreit nur, sie sei kein depri Kind. Jeff lacht darauf nur noch lauter. Ich habe wirklich kein Bock auf dieses Irrenhaus hier. Jeff ist jetzt abgelehnt, also hole ich mir die Maske und gehe zu Emy. Ihr fließen schon Tränen das Gesicht runter. Nachdem sie ihr Versteck für ihr Gesicht anzog, packe ich ihr Arm und ziehe sie mit hoch. Jeff schreit uns noch hinterher noch sowas, wie "Spraßverderber" und schon ist meine Tür auch schon geschlossen, den Lärm von unten teilweise ausblendend.Meine Matratze sinkt etwas neben mir, also öffne ich verschlafen meine Augen. In der Dunkelheit meines Zimmers erkenne ich die blaue Seite von Emys Maske. Ich stütze mich auf mein Ellenbogen und frage sie, was sie hier mache.
"Ich hatte wieder einen Albtraum. Wegen Jeff. Er hat in meinem Traum meine Augen gesehen und hat mich ausgelacht. Danach wolltest du auch nicht mehr mit mir befreundet sein", erzählt sie mit verweinter Stimme.
"Du weißt doch, dass das niemals so passieren würde."
Emy nickt. Ich will sie umarmen, aber sie zieht sich von mir weg und setzt sich an Ende des Bettes.
"Erzählst du mir wieder etwas?"
"Nein."
"Wieso nicht?"
"Weil ich schlafen will."
Damit vergrabe ich mein Gesicht in meinem Kissen und versuche zu schlafen. Emy gibt aber natürlich nicht so leicht nach und nervt mich. Als ich keine Lust mehr auf ihr ständiges Gelaber habe, schlage ich mein Kissen in ihr Gesicht, worauf sie nach hinten fällt. Sie sagt nichts, und schon habe ich Angst, dass sie mich gleich verprügelt, als sie einfach anfängt zu lachen. Ich lache mit.
"Das habe ich verdient", sagt Emy.
"Ja, ja das hast du."
In einem unvorsichtigen Moment schlägt dann Emy das Kissen in mein Gesicht. Und so entsteht zwischen uns ein heftiges Kissenschlacht. Nach zehn Minuten liegen wir beide lachend und schwer atmend auf dem Bett. Da ich ja auch ein böses Wesen bin, fange ich an ihr Bauch zu kitzeln. Emy lacht nur noch lauter und zappelt mit ihren Beinen, versucht mich zu treten, vergeblich. Nach weiteren zwei Minuten liegt Emy nun ganz außer Atem auf mein Bett und lacht.
"Du bist gemein", bringt sie raus.
"Ich weiß. Und es fühlt sich gut an gemein zu sein", gebe ich als Antwort und grinse fies.
"Ich bin aber gemeiner als du."
"Träum weiter Kleine."
"Erstens, ich bin nicht klein und zweitens... ich bin so gemein, dass ich dein komplettes Bett einnehme."
Damit legt sie sich hin und breitet ihr Beine und Arme aus, so, dass ich kein Platz mehr habe.
"Das ist aber wirklich gemein", sage ich mit gespielter Traurigkeit, "Jetzt habe ich kein Platz mehr zum Schlafen."
"Ha, also habe ich gewonnen!"
"Ja, hast du."
Wir schauen uns an, ohne dass jemand etwas sagt. Dann bricht Emy die Stille.
"Wir benehmen uns, wie Kleinkinder, stimmt's?"
"Ja."
Meine liebe Freundin rollt zur Seite, so macht sie mir Platz, und deutet darauf, dass ich mich neben sie legen soll. Von der Seite gucke ich sie an.
"Heute schläfst du also bei mir?"
"Ganz genau, aber bitte, kuschele dich nicht an mich. Ich mag kein Kuscheln."
"Kuscheln ist aber was tolles."
"Aber nicht für mich. Ist jetzt auch egal. Gute Nacht Ben."
Das Mädchen neben mir rollt sich auf die andere Seite und zieht ihre Maske. Ich lächele.
"Gute Nacht Emy."Äh, hi!
Ich muss jetzt essen gehen. Interessiert euch auf jeden Fall. Da bin ich mir sicher.LG Emy
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Zerbrochene Seele || Creepypasta FF
Fanfiction»Sie ist wie ein zerbrochenes Glas. Du klebst es zwar vielleicht wieder zusammen und gehst damit vorsichtiger um, aber es wird nie wieder das gleiche Glas sein, es wird nie wieder sein Zweck richtig erfüllen. Am Anfang dachte ich, ich könne ihr helf...