Nach einer gefühlten Ewigkeit hält der Bus endlich an meiner Haltestelle. Gangnam-Gu Office.
Ich steige aus und orientiere mich erstmal. Nach ein paar verzweifelten Minuten ziehe ich mein Handy zur Rate und finde heraus, dass ich jetzt geradeaus gehen muss.
Ich laufe los, die leichte Brise weht mir um die Ohren. Obwohl die Temperaturen relativ mild sind, zittere ich. Vielleicht ist es ja, weil ich gleich wieder in den Dorm muss? Angst vor der Reaktion der Jungs habe? Ich laufe an mehreren leuchtenden Schildern vorbei, die mir schmerzvoll ins Auge stechen, darunter mehreren 7 Eleven Filialen.
10 Minuten später öffne ich die Tür zum Dorm der Jungs. Ich spähe zuerst nur durch die Tür, dann trete ich auch ein.
"Habt ihr gehört? Das war die Tür!", ertönt Hyunjins Stimme. Ein Poltern ist in der ganzen Wohnung zu hören, Sekunden später rast The Flash schon auf mich zu und schließt mich in seine Arme.
"Ich habe mir solche Sorgen gemacht!", meckert er gegen meine Schulter und löst dann verlegen die Umarmung. "Ja, also... hehe..."
"Haruka!"
Ich hebe den Blick. Chan steht im Flur und mustert mich mit einem besorgten Blick. "Wo warst du?", fragt er.
"Bin aus versehen nach Songpa gefahren...", gestehe ich und beiße verlegen auf meine Lippe. "Tut mir leid, wenn... ihr euch Sorgen gemacht habt. Es war albern und kindisch von mir, einfach ab-"
"Schwachsinn. Manchmal treibt Felix einen eben zur Weißglut." Er winkt ab, dann hebt er wieder den Blick und grinst mich an, wie ein kleiner Junge, der gerade das Barbieschloss seiner Schwester mit einer Arschbombe zerstört hat. "Aber... was sich liebt, das neckt sich."
"YAH, DU BIST UNMÖGLICH!" Ich renne zu ihm und schlage auf seine Brust. "Arsch."
Chan bricht in Gelächter aus, Changbin und Woojin neben ihm Grinsen nur. Nun kommt auch endlich der Rest dazu. Felix hat den Blick gesenkt. Auch, wenn ich ein wenig sauer auf ihn bin, kann ich nicht bestreiten, wie heiß er aussieht.
"Ich habe was vorbereitet!", meldet sich nun der Maknae zu Wort und kämpft sich seinen Weg durch die anderen Jungs zu mir. "Felix und du machen das, um... die positive Energie zu stärken", fängt er an. "Ihr macht zusammen Pizza! Ich gebe dir das Rezept aber nur auf deutsch, Haruka, dann musst du es für Felix übersetzen." Er sieht mich strahlend an, glücklich darüber, dass ihm sowas tolles eingefallen ist.
"Jeongin, du klingst wie ein Therapeut", sage ich und schmunzle.
"Aber da haben wir doch alle was von. Wir haben was zu essen und du rennst nicht mitten in der Nacht weg, nach-" Er sieht die anderen fragend an. "Wohin?"
"Songpa", beantwortet Chan.
"Nach Songpa." Er macht eine kurze Pause. "Songpa??"
"Lange Geschichte." Ich lache und nehme ihm das Blatt Papier ab, dass er in der Hand trägt. Ich überfliege das Rezept kurz. Es ist für einen fettarmen Pizzateig. Ich beschließe, dies nicht weiter anzusprechen und sehe Felix fragend an. Dieser hebt auch endlich den Blick und sieht mich eher selbstgefällig an. Er beißt sich auf die Lippe und mustert mich aus halb geschlossenen Augen. Mir springt wieder das Bild von ihm ohne Shirt in den Kopf.
"Felix, du siehst total affig aus", sage ich tonlos. Noch während die Jungs ihn auslachen, tapse ich in die Küche und lege das Papier vor mich auf den Herd.
"Danke für die Bloßstellung", murrt der Blonde mit seiner tiefen Stimme, als er dann auch endlich in die Küche kommt.
"Ich übersetze auf englisch", murmle ich, ohne auf seinen Kommentar anzuspringen.
"Mhm", murmelt er. Es nervt mich, dass Felix jetzt so drauf ist. Er war vorher so nett und gleichzeitig auch heiß. Irgendwas muss passiert sein.
"Hol eine Schüssel", beginne ich dann und seufze leise. Auch dieses ständige hin- und her wechseln zwischen den Sprachen nervt mich. Schon krass, wie eine kleine Sache deine Laune komplett drehen kann.
"Wir brauchen 400 Gramm Dinkelmehl", sage ich.
"Jeongin hat schon alles besorgt", klärt mich Felix kurz und knapp auf. Im nächsten Moment höre ich, wie er die Verpackung des Mehls aufreißt und aus einer der Schubladen eine Schüssel zieht.
"Warum sprichst du fließend Englisch? Hast du in Amerika gelebt?" Warum fragt er das jetzt auf einmal? Versucht er jetzt, nett zu sein? Hat er ein schlechtes Gewissen?
"Nein", antworte ich. "Ich bin auch nicht zweisprachig aufgewachsen. Ich habe mir alles selbst beigebracht. Ein Akzent war bei mir früher nur minimal vorhanden, heute gar nicht mehr."
"Ah." Stille. Ich höre nur, wie Felix eine Waage herauskramt, das Mehl abwiegt und in die Schüssel kippt. Ich drehe mich zu ihm und sehe ihn kurz an. Der Blonde steht allerdings mit dem Rücken zu mir.
"Ein Esslöffel Olivenöl." Schweigend befolgt Felix meine Anweisung.
"War es eigentlich... schwer... Koreanisch zu lernen?", frage ich dann zögerlich. Ich bin mir nicht sicher, ob er mit mir reden will.
Felix schmunzelt und streicht sich die blonden Haare aus dem Gesicht. Sie fallen ihm immer wieder vor die Augen. "Ich bin teilweise Koreaner, schon, aber... Ich bin auch nicht zweisprachig aufgewachsen. Ich habe es mir selbst beigebracht."
Ich nicke. "Eine Tüte Trockenhefe."
Felix blickt sich suchend um, greift nach der Tüte und kippt ihren Inhalt in die bereits gut gefüllte Schüssel.
"Ich bekomme jetzt 10 Dollar von Chan", bemerkt er grinsend und sieht mich endlich an. Seine Augen funkeln und bringen mich ebenfalls zum Lächeln.
"Warum?"
"In der Tüte, die jetzt in unserem Zimmer steht, ist Schokolade. Chan war der Meinung, dass nicht jedes Mädchen Schokolade mag. Ich war aber der Überzeugung, dass du ein Schokoladenmensch bist. Also haben wir gewettet."
Unser Zimmer.
Warum klang das so schön?
Ich schüttle lachend den Kopf. "Ihr seid doch echt Idioten."
Felix schmunzelt. "Was jetzt?"
"Eine Prise Zucker und eine Prise Salz", lese ich ab. Felix nickt und befolgt auch diese Anweisung.
"Und jetzt einen halben Kaffeebecher Milch."
Der Blonde sieht mich stutzig an. "In Gramm?"
"135."
Wieder ein Nicken, dann führt er die Anweisung aus.
"Und 135 Gramm.... Bier?"
"Huh?" Felix sieht auf mein Papier. Doch da steht tatsächlich »Bier«.
"Na dann..." Er nimmt ein Bier aus dem Kühlschrank und öffnet es mit einem lauten Plop!.
"YAH!", schreit jemand aus dem Wohnzimmer. "Du weißt, wie sehr ich das hasse!"
Felix kichert. "Changbin erschreckt sich immer, wenn hier ein Bier geöffnet wird."
"Wer ist denn hier Biertrinker?"
"Chan." Felix zuckt mit den Schultern. Hite steht auf der länglichen braunen Flasche. Noch nie zuvor habe ich von so einem Bier gehört.
DU LIEST GERADE
Dance With Me » Stray Kids
FanfictionHaruka ist ein ganz normales Mädchen. Jedenfalls bis zu ihrem sechzehnten Lebensjahr. Ihre Eltern lassen sich scheiden und Zuhause fliegen ordentlich die Fetzen. Sie wird zu ihrem Onkel geschickt, zu einem Mann, den sie noch nie in ihrem Leben geseh...