Kapitel 36

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Auch auf dem Flughafen wird nicht mehr gesprochen als nötig. Sicher, ich bin glücklich, über den Fakt, bei Felix und den anderen sein zu können, doch kreisen meine Gedanken nun größtenteils um meinen Dad.

Mein Onkel spricht nicht viel, da er bereits an einem Statement für die Presse arbeitet. Er hat sein iPad in der Hand und hackt gefühlt darauf ein, manchmal unterbricht er kurz, um seine geschriebenen Worte noch einmal zu lesen, runzelt die Stirn und schreibt dann weiter.

Im Auto hatte er mir noch erklärt, dass sie zuhause bei mir waren (Er wusste sogar, dass der Ersatzschlüssel unter dem blauen Blumentopf rechts neben der Haustür lag. "Da lag er schon immer, schon bei dem ersten Haus deiner Eltern.") und einige Sachen in meinen Koffer, der nur halb ausgepackt war, gestopft hatten. 

Und nun sitze ich hier, spiele mit dem Anhänger meines Rucksackes, der eine Plüschkatze darstellen soll, schaue auf die Flugzeuge hinter der Glasscheibe vor mir und weiß nicht, ob ich in Tränen ausbrechen, oder einen Freudensprung machen soll.

Schließlich folgt der letzte Aufruf für unseren Flug, wieder geht es nach Dubai, zu einem entsprechenden Anschlussflug. Gerade, als mein Onkel sein iPad in der Tasche verstaut hat, schallt mein Name durch das ganze Terminal.

Ich drehe mich um, zur Quelle des Geräusches hinter mir. Es ist mein Dad, der angelaufen kommt, des schwarze Jackett im Wind wehend wie ein Superheldencape. Ich atme erleichtert auf und laufe ihm entgegen, als wir uns in der Mitte treffen, schlinge ich sofort fest die Arme um ihn.

"Du bist doch noch gekommen...", schniefe ich in sein weißes Hemd hinein, während er mit seiner riesigen Hand beruhigend über meinen Hinterkopf streicht.

"Wie könnte ich auch nicht, Prinzessin." Mein Vater schiebt mich ein paar Zentimeter von sich und sieht mich mit seinem liebenden Blick an. Ich höre hinter mir meinen Onkel näherkommen und schließlich hinter uns treten. Ein paar Sekunden lang sehen sich er und mein Dad nur an.

"Es tut mir-"

"Nein", unterbricht mein Vater die versuchte Entschuldigung. Kurz sieht er zu mir, dann wieder zu seinem Bruder. "Ich weiß, wie sehr sie darunter gelitten hat. Es wird ihr besser gehen in Korea, bei ihrem Felix."

"I-Ihrem- Haruka, hast du mir etwas zu erzählen?" Skeptisch hebt mein Onkel die Augenbraue. Auf seiner Stirn entstehen dabei die gleichen, ebenmäßigen Falten wie bei meinem Dad.

"Das ist ein Gespräch für einen über zehnstündigen Flug...", murmle ich verlegen und bin ziemlich erleichtert, als Jinyoung es dann auch nicht weiter erwähnt.

"Was ist mit dir...?", fragt mein Onkel dann und sieht meinen Vater sorgenvoll an. "Bleibst du hier?"

"Ich erkämpfe mir das Sorgerecht,, das verspreche ich euch."

Jinyoung lächelt matt, untermalt mit einem Hauch von Müdigkeit.

"Und dann bleiben wir in Korea. Haruka, wir können gerne mal schauen, ob wir deine Freunde und die Familie hier mal besuchen fliegen können, wenn ich einen dementsprechenden Beruf finde. Möchtest du das denn?"

Einen Moment lasse ich mir den Gedanken durch den Kopf gehen und wäge die Pros und Contras ab. Doch muss ich nur einmal in die Augen meines Onkels schauen, um zu wissen, dass meine Familie und mein Glück, nicht hier in Deutschland liegen.

Ich sehe wieder zu meinem Vater und nicke. "Ich möchte es, Appa."

Beide anwesenden Männer lächeln und mein Vater scheint zufrieden.

"Es tut mir leid, Haruka", sagt er dann noch. "Dass du das alles ertragen musstest. Wir sehen uns bald wieder, meine kleine Prinzessin, das verspreche ich dir." Ein letztes Mal küsst er meine Stirn. Seine Lippen fühlen sich weich an. Ob sich meine genauso anfühlen und Felix davon immer spricht?

"Und Jinyoung..." Mein Vater hebt den Blick und sieht meinen Onkel an. "Danke. Für das alles, ich weiß, wie-"

Dieses Mal ist mein Vater es, der unterbrochen wird, doch nicht dadurch, dass ihm ins Wort gefallen wird, sondern durch eine innige, brüderliche Umarmung.

Dance With Me » Stray KidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt