VI. Katzen

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Ich hatte mich dafür entschieden zumindest vorläufig zu bleiben. Keineswegs, um Defsoul zu helfen, sondern um meine eigenen Ziele zu verfolgen. Nun hatte ich immerhin die perfekte Situation vor mir. Ich hatte eine Crew, eine Windhexe und einen Zielort und je nachdem, was es dort gab, konnte ich mir entweder einen Schatz unter den Nagel reißen, oder zumindest diesen überbewerteten Fluch ablegen.

Aber ich musste heimlich sein, ihnen die Illusion geben, dass ich ihnen helfen wollte und dass ich ihnen vertraute. Nicht, dass ich es mitunter plante sie alle zu ertränken.

Weil es einige Wesenheiten an Bord gab, die meine Lügen womöglich durchschauen könnten, war also das erste, was ich tat, heimlich meinen Duft zu verdecken, auf dass keiner der Hunde oder Katzen oder so hier wusste, woran es mir lag. Meine Gedanken waren ohnehin blockiert, also lag es nun nurnoch daran überzeugend zu spielen.

Später am Abend fand ich mich also inkognito mit Teilen der Crew am Esstisch ein, Mark hatte gekocht und servierte uns nun ein gesundes Mahl mit Gemüse, Fleisch und Kartoffeln.

"Schlagt ordentlich zu. Das Zeug ist von den Mistkerlen von Jinyoungs Insel.", hatte der Koch uns wölfisch grinsend angewiesen und ich hatte nur emotionslos meine Gabel in ein Stück Fleisch gespiesst, bereute nichts.

Ich saß während unsers Mahls zwischen Bambam und einem Daehyun, die mir beide sehr laut und wichtig alle möglichen unnötigen Infos über das Leben auf einem Schiff lieferten. Ich erfuhr immerhin, dass Daehyun einer der scheinbar seltenen Menschen hier war.

Aber auch aus ihm war nichts über unseren eigenartigen Kapitän heraus zu bekommen, es war beinahe wie als sei seine Herkunft ein Rästel, obwohl sie ja offensichtlich mit meiner verbunden war.

Jedenfalls war von ihnen nicht viel zu erfahren und ich erwiderte ihr Misstrauen voller Unmut, nahm es mir allerdings vor nachts den Mond oder die Katzen zu befragen. Vielleicht auch das Holz, wenn es sein musste.

Das war das Problem mit Schiffen. Sie gehorchten nur dem, dem sie derzeit gehörten. Die Nora war eine treue Seele.

Es war schwer Anhaltspunkte zu finden, aber ich würde nicht nachgeben und unerbittlich weitergraben, bis ich ihn in meiner Hand hielt, ihn zu meiner Marionette machen konnte.

Die Nacht kam und das Schiff wurde unruhig.

Es war kein Vollmond, also waren unsere lokalen Furries ruhig, aber Bambam hatte mich ausdrücklich darauf hingewiesen entweder in Defsouls Quartieren, oder in dem Ess- und Schlafbereich der Crew zu bleiben. Ich sollte unter gar keinen Umständen nachts auf das Deck hinaus wandern, außer vielleicht eine Seeschlange versuchte gerade uns zu verspeisen.

Natürlich musste ich das unter die Lupe nehmen.

Ich war vorerst in Defsouls Kajüte geblieben, er war es immerhin, den ich mir schnappen musste und die ersten Stunden der Nacht waren auch ziemlich ruhig. Ich lehnte nur unaufmerksam an der Wand neben den Türen, die zum Deck hinaus führten und nickte immer mal wieder schläfrig weg.

Defsoul selbst war bisher noch nicht hier aufgetaucht.

Es war vermutlich gegen zwei Uhr in der Nacht, als ich dann draußen ein eigenartiges Schimmern bemerkte, ein geisterhaftes, hellgrünes Licht, das wirr über das Deck schwebte. Nachdem ich sicher war, dass ich nicht träumte, hätte ich die Erscheinung spontan mit einem Irrlicht verwechselt, aber es bewegte sich zu schnell, zu elegant, um ein solches zu sein.

Ich beobachtete die eigenartige Lichtquelle eine Weile lang mit brennenden Augen durch das Glas in der Tür, versuchte eine Form in der Dunkelheit auszumachen, aber es war bloß ein einzelner, verwirrender Punkt, der so leuchtete.

Meine Neugier war noch nicht gestillt, weswegen ich schließlich vorsichtig die Tür zum Deck öffnete, lautlos auf das wie ausgestorbene Schiff hinaus trat.

Dennoch wurde ich sofort bemerkt.

Ich erstarrte in der Bewegung, meine Hand noch auf dem kalten Türknauf der nun geschlossenen Tür in meinem Rücken, starrte reglos den hellgrün leuchtenden Fleck an, der direkt zurück zu starren schien.

Es war etwas beunruhigend, aber ich schaffte es ruhig zu bleiben und schon bald wandte der Fleck sich auch wieder desinteressiert ab.

Ich verweilte noch kurz nervös in meiner Position, dann setzte ich mich mit einem wild klopfenden Herzen in Bewegung, setzte behutsam einen Fuß vor den anderen.

Die Nacht war verdächtig still um mich herum, betäubte mich mit ihrer dicken Schwärze, die sich um das Schiff wand wie dunkle Materie und keinen Laut hinaus oder hinein ließ.

Ich sah keine Sterne, hörte keine Wellen, spürte nicht einmal die Kälte der Nacht, etwas stimmte hier gewaltig nicht.

Dennoch zog ich mich nicht zurück, sondern schritt zielstrebig voran, auf den kleinen, hellgrünen Punkt zu, der sich mehr und mehr als mehrere Punkte entpuppte, je näher ich ihm kam.

In der Tat waren es vier tiefer gelegene Punkte, einer, der etwas aktiver darüber umherflog und dann noch zwei kleinere, die näher beisammen waren, etwa auf gleicher Höhe gegenüber des Einzelnen lagen.

Es verwunderte mich etwas, ich begriff weder, was daran so gefährlich sein sollte, noch was genau es darstellte, aber das hier waren immerhin Seefahrer, die fürchteten sich sogar vor Frauen.

Ich bezog in einem sicheren Abstand der glühenden Punkte, die momentan still standen, meinen Posten und erzeugte ein gedimmtes, kleines Licht in meiner eigenen Handfläche, es war unauffällig und gerade hell genug, um damit etwas in die Dunkelheit zu sehen.

Mein Herz erstarrte mir allerdings panisch in der Brust, als ich das Licht vorsichtig auf die eigenartige Gestalt richtete, denn da war eine riesige Pfote, mindestens so groß wie die Hand eines ausgewachsenen Mannes und mit messerscharfen, glänzenden Krallen.

Das Fell am Rücken der Pfote war nachtschwarz und mit angehaltenem Atem ließ ich das Licht weiter hinauf gleiten, das grüne Leuchten verschwand und machte mehr und mehr Fell Platz, kraftvollen Muskeln unter samtigem Schwarz und ich wusste immerhin woran ich war, als ich einen langen, schwarzen Schwanz bemerkte, der gelassen durch die Luft hinter dem Geschöpf glitt, das weit größer war, als es anfangs vorgegeben hatte.

Ich wartete mit faszinierten Augen, bis es mir den Kopf zuwandte und ich sicher gehen konnte, was genau es war, aber die Reaktion des Geschöpfes war nicht vorhersehbar.

Es fauchte, als es plötzlich zu mir herum peitschte und da waren zwei Reihen tödlich glänzender Zähne, Schnurrhaare und hellgrün reflektierende Augen, dann riss es mich von den Füßen und ich spürte scharfe Krallen über meine Brust reissen, dann schlug ich mir irgendwo den Kopf an und versank in einer gnädigen Dunkelheit.

Die SeehexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt