XVI. Zweiter Fluchtversuch

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Defsoul brach bewusstlos zusammen, bevor er noch weiter überflüssige Heldentaten vollbringen konnte und wurde sofort wieder von dem dunklen Wolf eingesammelt, während ich noch gelähmt verharrte, Jacksons unnötig harten Griff an meinen Armen gar nicht bemerkte.

"Ich muss gehen.", schaffte ich es dann irgendwie heraus zu bringen und versuchte mich von dem Wolfsmann zu lösen, aber dessen Hände glitten bloß ungerührt hinab zu meinen Handgelenken, pressten diese in einem derart stählernen Griff zusammen, dass ich leise winselte, als er meine Knochen quetschte.

"Die Spielzeit ist vorbei, Jinyoung. Du kommst mit uns.", murmelte Jackson hart, ohne jede bisherige Leichtigkeit in seiner Stimme und ich biss mir auf die Lippe, dachte verzweifelt über Möglichkeiten nach von hier weg zu kommen, obwohl ich selbst so sehr aus dem Konzept war.

Jackson begann mich mit ihnen zu zerren und gleich einer willenlosen Puppe stolperte ich neben ihm her, wusste nicht, wohin mit mir, nur dass der Kapitän es gesehen hatte, bescheid wusste und das noch zu einem nicht zu unterschätzenden Problem werden würde.

Nervös warf ich einen Blick in die Richtung des Wolfes, der seinen Kapitän wieder im Maul trug, bemerkte, wie wir eine Spur seines Blutes hinter uns her zogen und unruhig sah ich wieder nach vorne, dachte hektisch darüber nach, ob ich es wohl schaffen würde schnell genug zurück zum Portal zu rennen, wenn ich nur Jackson entwischte.

Ich bezweifelte es.

Mein Kopf begann zu schmerzen, als ich zu hart darüber nachdachte, was die Zukunft wohl für mich bereit hielt und für einen Moment spielte ich sogar mit dem Gedanken mich am Meer zu bedienen und die ganze Truppe einfach zu ertränken, aber meine Furcht selbst von den Wellen dieser Macht verschlungen zu werden, ließ mich ein weiteres Mal zögern.

Er reichte Jackson, um mich grob von meinen Beinen zu holen und über seine Schulter zu werfen, in einem endlosen Selbstbewusstsein durch den leichengesäumten Vorhof der Marinebasis zu marschieren, und das nackt.

Ihr Schiff lag in aller Geselligkeit am Hafen an, ungerührt von seinem Status und dem Ort, an dem es sich momentan befand.

Ich sah schon von weitem Youngjae angespannt im Krähennest stehen, die Flügel-Arme lose an seinen Seiten und seine Falkenaugen aufmerksam zwischen uns und der Basis hin und her zuckend, er schien zu prüfen, dass wir auch nicht von hinten angegriffen wurden.

Wir erreichten die Nora allerdings ohne weitere Zwischenfälle und Mark erwartete und bereits mit zwei Stoffbündeln in seinen Händen, sah ebenfalls positiv überrascht aus, mich hier zu sehen.

Ich behielt meinen Kopf nervös gesenkt, hoffte, dass niemand dem Captain und mir zu genau ins Gesicht starren würde.

"Okay, Jungs! Legt ab, wir verschwinden von hier!", bellte Daehyun in Yongguks Namen Befehle über das Deck und ich wurde zusammen mit Defsoul an Jongsuk abgegeben, folgte dem dann auch fügsam, um nicht gerade jetzt, wo jede Antwort in mein Gesicht geschrieben war, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.

Jackson folgte uns kurz später wieder eingekleidet in braune Hosen und ein weißes Hemd, lehnte ernst an der Tür, während Jongsuk zusammen mit Woobin Defsoul auf seinem Bett ausbreitete, ich miserabel auf dem Schreibtischstuhl hockte.

"Du wusstest davon?", fragte Jackson grob von der Tür aus und ich wusste nicht, an wen von uns es gerichtet war, aber ich spürte seinen brennenden Blick schier ein Loch in meine Brust bohren, weswegen ich vorsichtig antwortete.

"Ja... Seit er mich damals aufgesucht hat. Es hat keinerlei Bedeutung.", sagte ich fest und traf dann Jacksons Blick direkt, sah ihn fragend eine Braue heben. Woobins schlüpfte leise aus dem Raum.

"Was meinst du? Ganz offensichtlich spielt es eine sehr wichtige Rolle."

Störrisch verschränkte ich die Arme vor der Brust.

"Ich glaube nicht an Schicksal oder was auch immer. Niemand hat das Recht mir vorzuschreiben mit wem oder wo ich zu leben habe.", stieß ich grob hervor und warf einen erzürnten Blick auf Defsouls Körper, der reglos auf dem Bett ausgestreckt war. Jongsuk hatte ihm die blutige Weste vom Oberkörper geschnitten und saß nun an seiner Seite, versorgte emsig die Wunden auf seinem Oberkörper, die entschieden zu viele waren. Und er lebte dennoch.

"Denkst du das wirklich? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass euer Treffen nicht geplant war?"

Mein Blick ging wieder zu Jackson, dessen Gesicht bitter ernst und unlesbar war, seine Arme nun ebenfalls defensiv vor seiner Brust verschränkt.

"Wenn du darauf hin weist, dass das alles zurecht gelegt war und meine Eltern deshalb sterben mussten, damit dieser Idiot hier-" Meine hitzige Anschuldigung wurde von Jongsuk unterbrochen, der mich grob vom Stuhl hoch und zum Bett zerrte, mich achtlos neben Defsoul hinab stieß.

"Wenn du schon hier bist, dann hilf wenigstens. Es ist vollkommen egal wer hier an was glaubt.", murrte der Mann ungeduldig, versuchte sich meine Hand zu schnappen.

Ich entzog mich ihm und rollte vom Bett, brachte Abstand zwischen mich und die anderen, schmeckte Blut auf meinen Lippen, von wo mein Kratzer noch immer blutete.

"Keine Chance. Lasst ihn zum Teufel fahren, ich bin nicht hier, um euch den Diener zu machen!" Mit diesen Worten warf ich mich herum, auf den Spiegel über dem Schreibtisch zu, um mich hindurch zu schmeißen, nach Hause zurück zu kehren.

Jackson wurde grob beiseite gestoßen, als er mir in den Weg trat und der Stuhl krachte achtlos auf den Boden, als ich einen Satz darüber machte, im Spiegel das Bild meines heimeligen Hauses aufleuchtete, den Blick von meinem eigenen Spiegel aus zeigte.

Ich hatte schon eine Hand danach ausgestreckt, berührte beinahe die glatte Fläche des Portals, da krachte mit einem Mal etwas und der Spiegel zersplitterte in zahllose, glitzernde Teile.

Erstarrt verharrte ich, zog meine Hand nicht zurück, selbst als das Glas sie schnitt, beachtete den Schmerz nicht.

Jongsuk schmiss an meiner Seite einen Dolch auf den Boden und griff mich dann am Hals wie ein lästiges Tier, seine Hand vom Ellbogen abwärts zu einer grässlichen Klaue transformiert und hielt mich mit der unmissverständlichen Warnung, dass er mein Genick brechen würde, wenn ich mich falsch bewegte.

Ich rang panisch um Luft, kratzte an seinem Arm.

Seine Augen waren nachtschwarz, hatten keinen weißen Teil mehr und waren wie schwarze Löcher, die mich zu verschlingen drohten.

"Du wirst uns helfen, oder du bist der erste, den ich ins Meer werfe.", knurrte er mich in einer Stimme, die tiefer und grollender war, als die seiner menschlichen Tarnung an, mir standen alle Haare zu Berge.

"Benimm dich, dann machen wir keine große Sache daraus. Und sorgen dafür, dass deine Leichtsinnigkeit hierher zurück zu kehren, nachdem du so viel Schaden angerichtet hast, nicht zu sehr bestraft wird.", hängte Jackson etwas diplomatischer an, aber welche Wahl blieb mir schon?

Jongsuk warf mich ein zweites Mal neben Defsoul auf das große Bett und hustend kroch ich schwach etwas von dem großen Körper des Piraten weg, kam allerdings wieder nicht weit, als Jongsuk meine blutige Hand packte und sie an die seines Kapitäns presste, sofort ein Band um unsere Finger schlang, eines seiner Art, das mich verbrannte, wenn ich Widerstand zeigte.

"Bleib einfach brav hier liegen und rühr dich nicht.", murrte er mich danach ungeduldig an und marschierte dann brüsk aus dem Raum, hatte wohl noch andere Verletzte.

Stöhnend ließ ich mich zurück fallen und legte den freien Arm über meine Augen, musste mich kurz sammeln.

Jackson trat an unsere Seite und zog meine Tasche, die ich vollkommen vergessen hatte, von meiner Schulter, nahm sie wortlos mit sich hinaus und ließ die Tür hinter sich zu fallen.

Ich fluchte leise in mich hinein.

Die SeehexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt