XXI. Machtmissbrauch

164 11 0
                                    


Ich war fleißig gewesen.

Nachdem Jongup (ja, auch der Gumiho hatte einen Namen) und Youngjae gemeinsam aufgebrochen waren, um ihre schrecklichen Pläne auszuhecken, hatte ich vorerst das Schiff unschädlich gemacht, das Ruder vom untersten Punkt des Kiels abgelöst und das Steuerrad ins Meer geworfen, beides solange dort in Quarantäne gesetzt, bis alles geklärt war.

Je mehr Zeit ich im Wasser verbrachte, desto mehr fühlte es sich heimatlich für mich an, viel natürlicher als das gewohnte Land unter meinen Füßen. Auch die Meeresbewohner fanden langsam Interesse an mir und umschwärmten mich mit neugierigen Blicken, wagten sich noch nicht zu nahe heran.

Mein Plan war einfach.

Ich würde mir Jackson und Woobin, die beiden Wölfe, unterwerfen und durch sie Defsouls Katzen ausschalten. Youngjae und Bambam würden den Rest der Crew ablenken und sollte einer von ihnen überleben, dann würde ich ihn gegen Jongsuk in den Kampf schicken, durfte die Macht des Dämons nicht unterschätzen.

Natürlich musste Yongguks Crew unangerührt bleiben, weswegen Youngjae schon angekündigt hatte sie rechtzeitig vorzuwarnen, sollte es so weit sein.

Das ließ noch Mark und Yugyeom offen, ich entschied mich allerdings die beiden zu missachten und letztendlich von der Seeschlange in einen gnädigen Tod reissen zu lassen.

Meine Wahl Defsoul zu töten würde sich vermutlich als die beste herausstellen, das Meer war überzeugt davon.

Und ich vertraute ihm.

Sobald ich dann auch wusste, was es mit Defsoul auf sich hatte, war es fast lächerlich, dass ich zuvor noch nicht auf die Idee gekommen war.

Es erklärte nicht nur seine Immunität mir gegenüber, sondern außerdem auch, warum sich mächtige Wesen um ihn scharten und sich ihm sogar gegen ihren eigenen Willen und mehr aus Instinkt unterwarfen.

Was man sich dabei gedacht hatte ihn an mich zu fesseln, das musste ich als einziges noch herausfinden. Das, und wo genau meine Seeschlange sich aufhielt, aber das Meer unterstützte mich, hatte bereits Boten nach ihr ausgesandt.

Unsere erste Attacke fand noch am gleichen Abend statt.

Woobin und Jackson waren meinem Gesang verfallen wie jeder andere - und das, obwohl ich für Jackson über Hundewelpen singen musste - und ein blutiges Gefecht fand an diesem Abend an Deck statt.

Ich lauschte dem scharfen Fauchen und zornigen Knurren beider Parteien einer Weile lang und bewachte dabei das Schiff, stellte klar, dass niemand dem zu nahe kam und Defsoul keinen Schimmer hatte, was soeben vorgefallen war.

Letzten Endes war es dann allerdings Youngjae, der den letzten Streich vollführte.

Nora, Kunta und Odd hatten einen grässlichen Kampf gegen die beiden stärkenmäßig überlegenen Werwölfe ausgefochten, letzten Endes allerdings keine Chance gegen die beiden bei Vollmond gehabt.

Youngjae war es, der Nora den Stoß ins Herz versetzte, als sie trotz allem tapfer gekämpft und Jacksons Einzelteile quer über das Deck verteilt hatte.

Ich zuckte nicht mit der Wimper, als ich das blutbefleckte und stinkende Deck betrat, hatte dem endlich ein Ende gemacht und nickte kühl Youngjae zu, der mit glänzenden Augen neben mir stand und den Sieg genoss.

Im Vorbeigehen fand ich Woobin, der schwer atmend und stellenweise ebenfalls zerfleischt an der Reling lehnte, sich kaum halten konnte. Langsam trat ich zu ihm hinüber und traf den gebrochenen Blick seines verbliebenen Auges, legte sanft eine Hand auf seine Brust.

"Gute Nacht.", murmelte ich ihm dankbar zu und stieß ihn dann rückwärts ins Wasser, spürte auch sein Leben kurz später erlischen.

"Was jetzt?", fragte Youngjae mich ruhig, sobald wir allein auf dem Schlachtfeld standen und ich warf einen knappen Blick auf den bleichen Mond, der die grässliche Szene in ein milchiges Licht tauchte.

"Wir warten. Ich will mit ihm reden, bevor ich ihn töte."

Damit sprang auch ich wieder ins Wasser hinab und schwamm los, um die Seeschlange zu treffen, sie um ihr Gift zu bitten.

Lange flösselte ich nur durch das trübe und dunkle Wasser, bemerkte sie nur anhand ihrer gewaltigen Größe, dann tauchte auch schon ein gigantischer Kopf vor mir auf, stierte mich aus lidlosen, grünen Augen an.

Ich lächelte ihr charmant zu.

-

Nicht viel später kam ich mit einer Phiole Gift wieder auf dem Schiff an und befahl dem Vogel Youngjae Defsoul zum Strand zu bringen, Bambam sollte den Rest der Crew ablenken.

Wie auch immer hatte Youngjae Defsoul sogar überredet seinen Schatten zurück zu lassen, weswegen der Kapitän nun geschwächt und absolut machtlos mit Youngjae am Strand auftauchte, sich hatte täuschen lassen, dachte, dass Youngjae wieder frei von meinem FLuch wäre.

Oder aber er wusste, dass ich dahinter steckte und dachte, dass er mir immernoch überlegen wäre.

Er war jedenfalls allein mit Youngjae, als ich die beiden am Strand empfing, die Hände tief in meinen Hosentaschen und der Wind liebevoll in meinem Haar.

Defsoul starrte mich erst überrascht an, dann entspannte er sich schnell wieder und lächelte mir vertraulich zu.

"Ich dachte nicht, dass du ein weiteres Mal zurückkehren würdest... Du steckst voller Gegensätze." Er wirkte entspannt, untermalte dies weiter, indem er Youngjae lässig einen Arm um die Hüfte legte, den willigen Hybriden an seine Seite zog.

"Soll nicht wieder vorkommen.", grinste ich nur zurück. "Nicht mehr lange, dann hast du deinen Jungen wieder und ich lasse euch in Ruhe."

Ich nickte Youngjae ernst zu und er löste sich aus Defsouls Arm, trat zu mir hinüber und positionierte sich an meiner Seite, richtete mit leeren Augen einen Dolch auf die eigene Kehle.

Defsouls Augen wurden weit, als er meine neue Strategie begriff ihn fügig zu machen und es war so zufriedenstellend ihn so zu sehen, den exakten Moment in seinem Gesicht zu lesen, an dem er feststellte, dass nein, ich wollte ihn nicht länger als Marionette, ich wollte, dass er mir bei Bewusstsein diente.

Ein grausames Grinsen, das im Mondlicht wie eine gruselige Grimasse wirken musste, verzog meine Lippen und ich hob das Kinn etwas, starrte auf Defsoul hinab.

"Auf die Knie. Eine falsche Regung und er ist tot.", verlangte ich grob und Defsoul zögerte nicht, kam schwerfällig auf dem Sand auf, um halb in Zorn, halb flehend zu mir aufzusehen.

"Du gehst zu weit.", knurrte er mir bedrohlich zu, noch während ich dem Jungen deutete zu bleiben und auf den geschlagenen Captain zu ging.

"Nein. Du bist nur zu weich für einen Piraten. Du hättest mich töten sollen, als du die Chance dazu hattest.", berichtigte ich ihn kalt, während ich das kalte Metall einer verhexten Fessel um seine Hände legte, endlich jede weitere Kraft blockierte, die noch auf ihn wirkte.

"Wer konnte schon wissen, dass die kleine Hexe einen solchen Narren an mir frisst, hm?", spottete er dennoch, seine Augen verschlossen und ich konnte es nicht bedauern, sah die Schwäche in den Momenten, in denen er mich behutsam behandelt hatte, statt mich auf einem Level mit ihm zu sehen.

Hätte er uns gleichberechtigt, hätte ich ihn womöglich sogar um des Wettkampfes Willen am Leben gelassen. Aber so wie es war, stellte er bloß ein Hindernis dar.

"Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen.", schloss ich die Diskussion also und fasste ihn am Ellenbogen, um ihn auf die Füße zu ziehen, amüsiert zu beobachten, wie meine Magie auf ihn übergriff und ihn zum erzittern brachte.

Er schaffte es dennoch zu einem Lächeln.

"Schwarz hat dir immerhin schon immer gut gestanden."

Ich hatte gewonnen.

********

Wir haben noch etwa drei Kapitel und solltet ihr noch keine Seite haben, dann wird es jetzt Zeit sich zu entscheiden




Die SeehexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt