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Irgendwann war Yoongi mit mir in seinen Armen auf Tae's Bett eingeschlafen. Gedankenverloren spielte ich mit den langen, schlanken Fingern seiner von Adern überzogenen Hand. Yoongi hatte schöne Hände und ich liebte sie, wie alles andere an ihm auch. Mit schmerzendem Herzen presste ich seine Hand an meine Brust. Vielleicht konnte er es fühlen, wie es sich vor Reue, Frustration und Schuld für ihn zusammenzog? Diese Gefühle zogen sich nicht nur durch mein Herz, sondern auch durch meine Gedanken.

Alles lag in der Vergangenheit und wir hatten nun eine Zukunft, um alles zwischen uns zum Guten zu bewegen, dennoch konnte ich nicht anders, als mir unzählige Fragen zu stellen mit "Was wäre, wenn...?". Der Konjunktiv ist manchmal eine blöde Sache.

Seufzend befreite ich mich aus seinen Armen und wanderte durch die schmalen Flure von Tae's Haus, bis ich die Stimmen meiner Freunde aus dem Wohnzimmer hören konnte.

"Sollen wir gehen?" Die Frage stieß auf Protest.

"Hey, das ist mein Haus!"

"Sie reden schon ziemlich lange..."

"Wer sagt, dass sie überhaupt reden?" Der zweideutige Unterton war nicht zu überhören

"Namjoon, du Perversling!", ermahnte ihn Jin. Ein dumpfer Schlag ertönte.

"Au!"

"Das hier ist ernst!"

"Versöhnungssex auch!"

"Ihr scheint ja Erfahrung damit zu haben...", murmelte Jungkook.

"Um Himmels Willen, hoffentlich nicht, das ist mein Zimmer!", erklang die panische Stimme Tae's.

"Hey...", erhob ich meine Stimme schwach und stand nun mitten im Zimmer.

"JIMIN!" Die Anderen sprangen auf. Ich betrachtete mit warmen Herzen ihre besorgten Gesichter, bis mein Blick auf Hoseok fiel.

"Du Arsch!" Wütend stapfte ich auf ihn zu und packte ihn am Kragen. "Was fällt dir ein ihn anzulügen und zu sagen wir hätten etwas miteinander gehabt?! Ich hab dich abgewiesen!"

"Was?" Verwirrt sah er auf mich hinab.

"Damals! Als du mir deine Gefühle gestanden hast..."

Erkennen breitete sich auf seinem schmalen Gesicht aus. "Das war vor Jahren, Jimin..." Mit dumpfer Trauer sah er mich an. "Ich war einfach nur eifersüchtig, weil ich wusste, dass du mich wegen ihm zurückweist. Wir waren beste Freunde, haben uns immer alles erzählt und doch mochtest du ihn. Wieso? Ich war immer für dich da, was hab ich falsch gemacht? Das hatte ich mich immer wieder gefragt." Er schüttelte den Kopf. "Aber das ist Vergangenheit."

"DU-!" Wütend ballte ich meine Hand zur Faust. Ich fühlte mich als würde mir der Dampf schon aus meinen Ohren steigen bei meiner überhitzten Wut. Vergangenheit? Für Yoongi war es nie Vergangenheit gewesen. Er hatte sich allein gefühlt, hatte niemanden, auf den er sich stützen konnte - weder Freunde noch Famile - und hatte es schlussendlich nicht in in dieser Einsamkeit mit diesen überwältigen Gefühlen aushalten, ohne etwas dagegen zu tun. Der Weg in den Abgrund schien doch so vielversprechend und erleichternd...

Und all das nur wegen Eifersucht? Weil Hoseok ihm das Glück nicht gönnen wollte?

Wegen einem riesigen Missverständnis?

Er hatte sich nichts dabei gedacht. Es war nicht böse gemeint. Es war ein beinahe genauso verzweifelter Weg wie der, den Yoongi gegangen war.

Wieso hatten wir nie geredet?

Erschüttert ließ ich seinen Kragen meinen Händen entgleiten und meinen Blick zu Boden wandern, dann raus in den Garten von Tae's Großmutter.

Aber wenn es nicht seine Schuld war, wessen war es dann?

Meine?

Tränen stiegen mir in die Augen. Ich war der Mittelpunkt, der Fokus dieser Eifersucht gewesen, war es dann also meine Schuld?

Aber ich war genauso unwissend gewesen wie die beiden anderen. Trotzdem fühlte es sich an, als würde ich unter der Last der Vergangenheit ersticken.

Ich hätte es einfach sagen sollen.

Als er mir etwas auf dem Klavier vorgespielt hatte.

Ich hatte mir so sehr gewünscht ihm meine Gefühle darzulegen.

Als wir miteinander geschlafen hatten.

Ich hatte mir so sehr gewünscht ihm zu sagen, dass ich ihn liebte.

Als mir eine Millionen Möglichkeiten zur Verfügung standen, aber ich keine einzige von ihnen ergriffen hatte.

"Jimin?", ertönte Hoseok's sanfte Stimme und ich wandte meine tränengefüllten Augen zu ihm. "Was ist los?"

Meine Unterlippe fing an zu zittern. Ich fühlte, wie die anderen näher kamen und plötzlich wurde ich in eine feste Umarmung geschlossen. Jin.

Und schon wieder heulte ich los.

War das eigentlich das Einzige, das ich tun konnte? Schluchzend und schniefend versuchte ich mich zusammenzureißen, was jedoch nur in noch lauterem Schluchzen ausartete, als ich merkte, dass ich es nicht schaffte.

Noch mehr Arme schlossen sich um mich und allmählich fühlte ich mich besser. Es war, als ob sie die zersplitterten Teile von mir zusammenhielten, bevor ich komplett auseinander brach. Yoongi hatte das auch gebraucht.

Langsam und mit vielen tröstenden Worten schaffte ich es wieder runterzukommen.

Wie hatte er es nur all die Jahre ausgehalten? Ich heulte ja schon allein bei dem Wissen los, dass es ihm schlecht gegangen war.

"Was ist los, Jimin?", klang Namjoon's ruhige Stimme nah an meinem Ohr. Jin schloss seine Arme fester um mich.

"E-es t-t-tut weh! Y-yoongi hat es so sehr weh getan! I-ist es meine Schuld? Hoeok's? Es war so ein großes Missverständnis, i-ich - wir-ir- konnten doch nicht wissen..."

"Hey...", sanfte Stimmen beruhigten mich wieder.

"Schuld. Was ist Schuld, Jimin?" Seine tiefe Stimme war sanft und beruhigend. „ Ist sie überhaupt etwas so schlimmes wie du es dir ausmalst? Es ist so ein großes Wort, das auf so vielen klitzekleinen Dingen basiert. Es ist nicht möglich, dass eine einzige Person dieses eine Wort auf sich nehmen kann. Du konntest es nicht wissen, du hast es nicht geplant, wir alle haben es nicht gewusst... Das Schicksal besteht aus so vielen Variablen, vielen, vielen kleinen Dingen, die alle bis ins Unendliche zurückzuführen sind. Es gibt immer mindestens einen Grund, der auf einen weiteren zurückzuführen ist. Aber es gibt keine Schuld. Verstehst du, was ich meine, Jimin?"

Vorsichtig nickte ich. Es war unmöglich etwas auf eine einzige Person zurückzuführen und so hatte entweder niemand von uns Schuld oder wir alle. Es gab Gründe für unsere Handlungen und Persönlichkeitszüge, aber keine Schuld. Sie existierte nicht.

Und diese Auffassung beruhigte mich, denn es ließ dieses ganze Dilemma nicht allein auf meinen Schultern ruhen.

„Es ist Vergangenheit, Jimin, und die können wir nicht ändern, aber wir können nun damit anfangen und es in der Zukunft fortsetzen. Sei für Yoongi da. Das ist alles, was es braucht."

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Ich schreib Freitag meine erste Vorabi-Klausur. ;-; Geschichte. Ich mach mir Sorgen. Aaaaaaah. Bis jetzt hab ich 11 Seiten und es werden noch mehr... Mach ich was falsch?;-; Oder hab ich zu wenig? Zu viel? Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!

Die Vorabi-Klausuren enden mit Mathe am 12.12.18, d.h. bis dahin könnten die Updates etwas unregelmäßig sein.

Jealousy | YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt