Kapitel 5 : Das Konzert

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Fynn

Er war schon den ganzen Tag unruhig gewesen. Heute würden sie in einer großen Halle spielen, wo sonst nur berühmtere Sänger als sie auftraten. Daher waren ihre Erwartungen an sich selbst noch einmal erhöht. Jeder Fehler würde bemängelt werden, nichts würde vor ihrer Kritik halten können. Wie ein Bekloppter hatte Fynn die Choreographie und den Text geübt, während seine Missstimmung neue Zustände erreichte. Etwas klang falsch, doch er kam nicht drauf, was es war.

War es seine Stimme? Hatte er sich erkältet?

Gerade durchlief er noch einmal schnell die Choreographie, als die Tür zum Tanzstudio aufging und David eintrat. Ohne sich stören zu lassen blieb Fynn bei der Sache, tief konzentriert, alles ausblendend. Am Ende angelangt atmete er schwer, bemerkte, dass David da war. „Ich musste es ein letztes Mal durchgehen."

David nickte ernst, setzte sich auf den Boden. „Das verstehe ich. Aber du solltest jetzt ruhen. Du darfst dir beim Konzert gleich keine Schwäche erlauben."

„Bist du gekommen, um mir Vorwürfe zu machen? Du als der Jüngste?", fuhr Fynn ihn an. Er wusste nicht, woher seine Frustration kam.

Abwehrend hob David die Hände. „Alles, was ich sehe, ist deine momentane Abwesenheit. Keiner weiß, was mit dir los ist, und wir machen uns alle Sorgen."

Grummelnd ging Fynn zu seinem Handtuch, hob es auf, strich sich damit über das Gesicht. „Kümmert euch um euren Kram."

„Hör zu, Fynn...", fing David an.

Fynn unterbrach ihn herrisch: „Ich brauche Zeit alleine, verstanden? Das ist alles."

„In Ordnung, in Ordnung." Ohne etwas hinzuzufügen stand David auf und floh quasi aus dem Raum. Selten hatte er Fynn in einer solch schlechten Verfassung gesehen und es erschreckte ihn. Der Stress stieg für alle weiter an, aber bei Fynn war er viel deutlicher zu spüren.

Fynn schmiss das Handtuch in eine Ecke, verfluchte diesen Scheißtag und betete mit Inbrunst, dass gleich alles ins Lot kommen würde und das Konzert so fantastisch wie alle anderen zuvor wurde.


Océane

Wir waren extra von Lüttich nach London gereist, um das Konzert gucken zu gehen. Die Reise war relativ ruhig verlaufen und jetzt im Hotel angekommen bereiteten wir uns für das Konzert vor. Wir nahmen eine Dusche und flochten uns gegenseitig die Haare, damit sie uns nicht ins Gesicht hingen.

Anschließend stopften wir alles, was wir brauchten, in unsere kleinen Taschen, suchten die Fahrpläne der Metro und Bus aus und machten uns auf den Weg. Auf dem ganzen Weg schnatterten wir, trafen auf andere Fans und begannen Gespräche mit ihnen. Es war erfreulich Menschen zu begegnen, die die gleiche Passion hatten. Sofort fühlten wir uns aufgehoben und wie lange Bekannte.

Nachdem unsere Tickets kontrolliert worden waren, suchten wir direkt unsere Sitzplätze. Nach einer Stunde aufgeregten Wartens begann auch schon das Konzert. Die Stimmung war unbeschreiblich, jeder rastete aus, schrie die Namen der Mitglieder. Diese begrüßten uns mit einem „Guten Abend, London!", woraufhin das Fangeschrei nicht mehr aufzuhalten war. Ohne große Einleitung begannen sie ihr neuestes Lied zu spielen, und ich war Feuer und Flamme. Von meinem Sitzplatz hatte ich eine sehr gute Sicht auf die Bühne und bekam Herzrasen, als ich so Fynn wieder vor mir sah. Bis dahin hatte ich nicht wirklich glauben können, ihm begegnet zu sein, nun wurde ich eines Besseren belehrt und das Gefühl war unglaublich. Meine Hände waren schwitzig, meine Kehle ganz trocken. Er sah umwerfend aus, mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, aber selbst von Weitem konnte ich seine Augenringe und den harten Zug um seinen Mund sehen. Kurz schweifte sein Blick über meine Sitzabteilung und es war, als sähe er mir ins Herz. Entgegen jeder Hoffnung blieben seine Augen aber nicht auf mir liegen, und ich musste über mich selbst lachen.

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