Kapitel 23: Zuflucht

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Océane


Es war bereits spät, als wir ins Hotel zurückkehrten. Mittlerweile hatte Fynn mir geschrieben, dass ihnen etwas dazwischengekommen war und wir uns nicht voneinander verabschieden würden können. Yumi wusste Bescheid, dass wir abreisen würden, und hatte es nicht schlecht aufgenommen. Sie schien sogar etwas erleichtert darüber zu sein und ich konnte mir die Erkenntnis nicht verkneifen, dass sie wahrscheinlich die Probleme mit Espen so schnell wie möglich regeln wollte. Immer noch sträubte sie sich, mir zu erzählen, worum es bei ihren Differenzen ging.

Als wir landeten, war der ganze Disput aus Yumi herausgebrochen. Es hatte sich herausgestellt, dass Espen eifersüchtig war, weil Yumi so viel Zeit mit FL verbrachte und dauernd über Alexander redete. Aufmerksam hörte ich zu und kommentierte meine Sichtweise. Schließlich kamen wir überein, dass das Beste war, die Sache so schnell wie möglich mit Espen zu besprechen und ihn davon zu überzeugen, dass sie an ihm hing. Dieser erwartete uns am Flughafen und ohne viel Federlesens sprang ihm Yumi in die Arme. Er grinste sie an und küsste ihr ganzes Gesicht ab, was sie zum Lachen brachte. Dann verfinsterte sich Espens Blick und er sah mich tadelnd an. „Wehe, du entführst sie mir noch einmal", grollte er. „Sie kann nicht auf Abruf immer auf deine Liebesgeschichten achtgeben."

Yumi erwiderte nichts und schaute mich schuldbewusst an, aber ich zuckte die Schultern und bedeutete ihr, dass es in Ordnung war, schließlich hatte er recht.

Nachdem Espen mich bei mir abgeladen hatte, ging ich in meine Wohnung. Unbehagen meldete sich mit einem unangenehmen Ziehen in meinem Bauch, daher ging ich zum Fenster und spähte hinaus. Plötzlich wurde das Gefühl übermächtig, und ich bemerkte eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Eine dunkel gekleidete Person mit Kapuze ging mit energischem Schritt von dannen. Ich schalt mich für mein Misstrauen einen Dummkopf, aber das seltsame Gefühl von Verwundbarkeit blieb. Da ich Yumi in ihrem Gespräch mit Espen nicht stören wollte, beließ ich es dabei und rief sie nicht an.

Je länger ich zurück war, desto mehr hielt sich das Gefühl, verfolgt zu werden. Eines Abends bemerkte ich, dass in meinem Badezimmer meine Zahnbürste fehlte. Daraufhin zog ich für ein paar Tage zu Yumi, aber beide konnten wir uns das nicht erklären. Irgendwann, nachdem die Schlösser ausgetauscht wurden, kehrte ich zurück, doch es war mir unangenehm in meinem Bett zu schlafen. Ich träumte schlecht und war immer auf der Hut. Dass jemand sich Zugang zu meiner Wohnung verschafft hatte, war ein brutales Eindringen in meine Privatsphäre und zerbröselte mein Sicherheitsgefühl zu nichts.

Bald schon erwähnte Yumi Sebastien und meinte, dass das alles doch ein arger Zufall sei und er von Grund auf ziemlich gestört.

„Pass auf dich auf, ja?", bat sie mich eindringlich und klammerte sich an meinen Arm. „Das Ganze hier stinkt übelst. Lass ihn nicht zu nah an dich heran."

„Das mach ich nicht", versicherte ich ihr, „Ich ignoriere ihn einfach und mach weiter, dann hört er schon auf. Bisher hat er es immer geschafft, mein Leben durcheinanderzuwirbeln, weil ich ihn gelassen habe, aber das wird nie mehr der Fall sein."

Yumi fügte hinzu: „Und auch deine Mutter, bitte. Sie hat in deinem neuen Leben nichts mehr verloren. Und wenn ihre Lebenssituation rauskommt, ist es auch mit Fynn gelaufen."

Scharf sah ich sie an und schnappte: „Mit Fynn läuft nichts mehr. Das hat sich bereits vorher komplett erledigt."

„Sicher? Weil deine sehnsüchtigen und wehleidigen Blicke sind kaum zu übersehen. Und by the way: Das sieht Alexander genauso."

„Ach, du verbrüderst dich mit dem Feind?", spöttelte ich. „Schreibst du Espen etwa ab?"

Als ich ihrer verletzten Miene gewahr wurde, schlug ich beschämt die Augen nieder. „Tut mir leid, das war nicht angebracht. Manchmal sollte ich wirklich meinen Mund halten."

Sie seufzte und klopfte mir auf die Schulter. „Siehst du, das meine ich. Du bist einfach total reizbar und nicht ausgelastet, seitdem wir zurück sind. Ich persönlich würde dies ja als Liebeskummer bezeichnen."

„Das ist kein Liebeskummer. Ich bedauere nur die verpatzte Gelegenheit, mit einer faszinierenden Person nicht ins Bett gegangen zu sein", erwiderte ich stur, obschon ich wusste, dass meine Lüge ihr nicht genügen würde.

Ohne auf meinen Einwand einzugehen, grinste sie mich verschmitzt an. „Außerdem geht es Fynn ähnlich."

Hellhörig geworden schwieg ich erst, bis ich dann neugierig und mit warmem Herzen herausplatzte: „Hat dir Alexander das erzählt?"

Mitleidig betrachtete sie mich. „Die Einladung zur Gala-Feier besteht noch, falls du doch hingehen willst."

Do you trust me?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt